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Drei Frauen im R4

Drei Frauen im R4

Titel: Drei Frauen im R4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Weiner
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es stolz überlebt und sich nicht unterdrücken lassen. »Schade«, träumte ich mich leise in die vergangenen Bilder hinein. Niemand würde uns hier filzen, weil sich niemand für unsere Bratheringe in der Dose interessierte. Eine öde Grenze, nicht mal wirklich erkennen konnte man, ob man noch in Deutschland oder bereits im Urlaub war. Natürlich wäre auch heute eine Zollkontrolle aufregend gewesen. Ich ging davon aus, dass man uns in diesem R4 nicht über die Grenze gelassen hätte, auch wenn das Auto ein gebürtiger Franzose war. Drei Frauen in Latzhosen, Renate fuhr selbstverständlich barfuß, ich trug ungebrochen meine Gesundheitslatschen, und Nele hatte für die Fahrt die Espandrillos angezogen.
    »Darf man heute zu Espandrillos eigentlich noch Jesuslatschen sagen?«, fragte ich nach vorn. Ich war froh, dass ich bald ein wenig Freigang bekommen würde, aber es dauerte, bis Renate am alten Kloster von Weißenburg eine Parklücke fand, die groß genug für die schwerfällige Lenkung war.
    »Ich finde, wir sollten die Kasse knapp halten, weil das zu den Regeln gehört«, meinte Nele und zückte die Niveadose. »Wenn wir reisen wie 1982, dann sollten wir so wenig Geld wie möglich ausgeben, weil wir nämlich keins haben. Also Wasser aus dem Hahn und keinen teuren Sprudel. Zuerst brauchen wir unsere Vorräte auf. Kaffee, Eis und Kuchen gibt es nur gelegentlich und nur nach Absprache. Renate macht den Joghurt, ich die Fladen, und du«, sie sah mich etwas ratlos an, »behältst alles im Blick.«
    »Wir finden schon noch was für Trudi«, stichelte Renate los. »Zelt auskehren, Geschirr spülen, es gibt viel, womit man sich beim Campen nützlich machen kann.«
    Demonstrativ legte ich siebzig Euro in die Dose. Sollten die mal sehen, was ich zu bieten hatte!
    »Fünfzig Euro«, wies Nele mich zurecht und gab mir den Zwanzigeuroschein zurück.
    »Lass sie doch, unsere Madame Großkotz«, brummte Renate und legte ihren Anteil in die Dose.
    Ich sagte nichts, weil ich wusste, dass Madame Großkotz es ihr irgendwann heimzahlen würde. In Gedanken zog ich schon mal das Band aus der Kassette von ihrem Lieblingssänger Paolo Conte. Ehe wir den R4 endlich verlassen durften, fertigte Nele noch einen Kassenzettel an, auf dem wir alle Ausgaben notierten.
    Aber ich kannte Nele und Renate nur zu gut, um zu wissen, dass es nur einen kleinen Schubs brauchte, um sie aufmüpfig zu machen. Nicht jedes Spiel muss zu Ende gespielt werden, nicht jede Idee ist bis zum Ende gut.
    »Wisst ihr was«, sagte ich also und streckte mich, kaum dass ich aus dem Wagen gekrochen war. »Eure Töchter sind ja nicht hier, und wir können doch machen, was wir wollen. Lasst uns diese Reise genießen. Wir müssen es Anna und Sarah ja nicht sagen. Was meint ihr?«
    Vorsichtig sah ich von einer zur anderen. »Ja, wir haben Ravioli dabei, aber das bedeutet doch noch lange nicht, dass wir die auch essen müssen.« Ich setzte ein breites Grinsen auf und fühlte mich, als wollte ich Renate und Nele zum Schuleschwänzen überreden.
    »Ich will die aber essen!«, erklärte Nele so entschieden, dass die kleine Hexe an ihrem Ohrring tanzte.
    »Ich auch!«, pflichtete Renate ihr motzig bei.
    »Was du immer hast«, wunderte sich Nele.
    »Und meint ihr nicht, wir könnten uns wenigstens ab und zu ein wenig Luxus gönnen?«, versuchte ich es noch einmal.
    »Das hier ist Luxus«, erklärte mir Renate, und Nele legte den Arm um mich, damit ich mich etwas besser fühlte.
    Wir schlenderten los in Richtung Weißenburger Innenstadt. Renate natürlich ohne Schuhe, dafür mit Glockenkettchen am Fußgelenk. Wir boten einen großartigen Anblick in diesem Aufzug und mit den Federn im Haar. Früher trugen wir eingefärbte Taubenfedern, bis uns jemand sagte, dass die voller Flöhe waren. Später nahmen wir Kunstfedern, und was ich jetzt im Haar hatte, wollte ich gar nicht wissen. Langsam trottete ich den beiden hinterher. Ich brauchte keine Fünfsternesuite, aber ich wollte mich nicht die ganze Zeit von Dosenfraß ernähren, und mir graute vor den Wochen im Schlafsack.
    Ob ich die Frage nach dem ADAC noch mal aufbringen sollte, jetzt, wo wir uns noch im Zwischenland bewegten? Auf der Höhe von Baden-Baden würden wir die Grenze wieder überqueren, und dann konnten wir ohne großen Zeitverlust einen ADAC -Auslandsschutzbrief abschließen. Das Gekeuche deutete doch schon an, dass Fuchur ernsthaft grippegefährdet war. Hatte denn nur ich das wahrgenommen?
    »Also, wenn ihr wollt«, Nele

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