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Drei Frauen im R4

Drei Frauen im R4

Titel: Drei Frauen im R4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Weiner
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zu spät, das hatte ich an meinem VW schmerzvoll erfahren müssen, der nach nur einem Jahr müde und ohne Öl auf einem Wingertberg stehen geblieben war. Bei Fuchur leuchtete nichts auf, zumindest konnte ich es nicht sehen, ohne Lesebrille wie jetzt schon dreimal nicht.
    »Tja«, murmelte Marco desillusioniert. Immerhin, er war gleich nach draußen gesprungen und warf aus sicherer Entfernung einen Blick auf Fuchurs dampfenden Deckel.
    »Nicht anfassen!«, rief Renate vom Lenkrad aus. »Das Auto muss jetzt erst mal ein paar Stunden stehen!«
    »Ein paar Stunden? Was soll das denn heißen?« Marco sah aus, als wäre er im Dschungelcamp gelandet. »Holt mich hier raus!«, schrie er ohne Worte.
    »Na denn«, ich legte meinen Kopfhörer ordentlich zur Seite, weil er nämlich noch einen dünnen Bügel hatte, und wenn man sich auf den setzt, dann ist es vorbei mit Stratmann, Frauenarzt und allem anderen, was das Leben im Camp erleichtert.
    Etwas schwerfällig kroch ich aus dem Wagen, weil ich trotz Pumpernickel noch immer nichts abgenommen hatte. Marco wagte sich, obwohl Renate das nicht wollte, näher an die Motorhaube heran.
    »Ich nehm mal den alten Lappen hier«, erklärte er und riss eines von Neles Lieblingsshirts entzwei, um sich die Hände damit zu verbinden. Ihr »Spinnst du?« ging im Tohuwabohu der Situation gänzlich unter. Aus Erfahrung wusste ich, dass Renate Angst vor dem Qualm hatte, weil ihr nämlich schon mal ein Motor um die Ohren geflogen war. Damals sind wir endlos lange gelaufen, bis wir wieder in der WG waren, wo Martin sich anbot, die alte Kiste abzuschleppen. Was zwecklos war, weil auch das alte Auto damals mit seiner Fahrerin gebrochen hatte. Marco hatte offenbar diese Erfahrung noch nicht genießen dürfen. Mit dem Rest von Männlichkeit, der sich unter einem Blumenkranz hält, öffnete er mit einem Ruck die Haube, und nun qualmte es noch mehr, weil der Motor Luft bekam, und das ist ja besonders ungünstig, wenn ein Kabel brennt. »Vorsicht!«, rief Renate. Sie legte sich flach auf die Wiese und verschränkte die Hände schützend über ihrem Kopf. Ihre Panik übertrug sich, der Göttin sei Dank, nicht auf Marco, und auch Fuchur schien sich wieder zu beruhigen. Als der Rauch sich endlich verzogen hatte und der Motor nicht explodierte, betrachtete Marco ratlos das Desaster in Fuchurs Eingeweiden.
    »Das ist ja ein echter Motor«, erkannte er blitzgescheit. Ja, ein Motor! Ein echter Motor! Mit Kabeln, Schnüren, Wasserbehältern und Metalldeckeln, auf die Ölkännchen gezeichnet waren. Gedankenverloren kratzte er sich am Kopf.
    »Hm«, machte er leise. »So etwas kenne ich gar nicht.« Sicher hatte auch Papi ein Auto, aber da sah es unter dem Deckel anders aus. Und wenn es überhaupt mal stehen blieb und nicht mehr durch die Gegend schnurrte, dann brachte man es in die Werkstatt, wo es von einem Blaukittel an den Diagnosecomputer angeschlossen wurde. Das, was sich vor Marco hier entblößte, war ihm völlig fremd.
    »Da ist der Motor!«, erklärte ich. Völlig futuristisch.
    »Ich blick bei den Kabeln nicht durch!«, gab er fast verzweifelt zu. Zum ersten Mal schien er ganz er selbst zu sein und nicht so entsetzlich aufgeblasen.
    Schweigend zeichnete ich die Buchstaben ADAC in den Schmutz auf der Autoscheibe.
    »Mein Vater sagt immer, dass die meisten Verbände mafiös sind«, kommentierte Marco meine Pantomime. »Und der hat mit denen viel zu tun, er ist Rechtsanwalt.«
    »Und wie alt ist der Herr Papa?«, streute ich ein wenig Gift, damit Renate klarwurde, wen genau sie sich da geangelt hatte. Zugegebenermaßen war das kein Busenfreundinnendienst, und auf der negativen Karmaseite hatte ich sicher einen fetten Strich erhalten. Aber irgendwie muss man sich doch vergnügen, wenn es grad nicht sehr vergnüglich ist. Marcos Antwort war so glasklar, wie ich es mir ausgerechnet hatte.
    »Siebenundvierzig.«
    Vier böse Augen flogen zu mir, und Renate verschwand postwendend hinter einem Busch, weil ihre Blase auf emotionale Erschütterungen immer reagiert.
    »Das war nicht nötig, Frau Ekelmeier«, schimpfte Nele spitz.
    »Was denn?«, stellte ich mich blöder, als ich war. Sehr energisch, so als gelte es, einen festen Vorsatz zu verwirklichen, setzte sich Nele hinter das Lenkrad und drehte beherzt den Zündschlüssel um. In der Ferne blökte ein Schaf.
    »Nele! Vorsicht!«, schrie Renate hinter dem Busch, und Marco warf sich in die Wiese. Doch Fuchur explodierte nicht. Der Motor hustete nur

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