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Drei Frauen im R4

Drei Frauen im R4

Titel: Drei Frauen im R4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Weiner
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erbarmungswürdig, und einfühlsam, wie ich war, konnte ich fast spüren, dass Fuchur nicht krank, sondern das alles nur etwas zu viel für unseren kleinen Drachen gewesen war. Allen voran die ganze Frauenpower, die er zu transportieren hatte.
    »Ich glaube, er braucht Wasser«, diagnostizierte Nele aus dem Wagen heraus, stieg aus und rüttelte ein wenig am Kühlwassertank.
    »Nicht so rütteln!«, schrie Renate wieder auf.
    Das mit dem Wasser erschien mir plausibel, weil ich das auch schon erlebt hatte. Im Sommer war der Tank leer und kochte über. Im Winter fror das Wasser ein, weil man vergessen hatte, Glyzerin in den Tank zu geben. In beiden Fällen stand die Karre. Ich suchte die gläsernen Sprudelflaschen, weil es ja damals noch kein Mineralwasser in Plastikflaschen gegeben hatte. Zumindest nicht im deutschen Einzelhandel. Unsere Flaschen waren natürlich mit Wasser aus dem Hahn gefüllt. Für Trinkwasser so viel Geld hinzulegen wäre ’81 eine absolute Spinnerei gewesen, das machte kein Mensch, wie sich damals noch kein Mensch darüber Gedanken machte, welches Wasser aus dem Hahn floss. Auf dem Rhein schwammen die Fische mit glänzendem Bauch nach oben, und die Bäume im Wald knickten vor lauter saurem Regen ein, aber wir tranken damals das Wasser aus dem Hahn. Heute überlegte man da schon etwas mehr, und ich war dadurch nicht unbedingt zur Leitungswassertrinkerin geworden. Für Fuchur war es aber gut. Nur bei Sprudel mit Kohlensäure hätte sein empfindlicher Magen sicher überreagiert.
    Renate traute sich aus ihrer Festung hervor und zog, ganz die Lehrerin, fachfrauisch an einzelnen dünnen Schläuchen. Ich zog und zupfte nicht, denn ich hatte von kaputten Autos ebenso wenig Ahnung wie Nele und Renate.
    » Ein Auto, das nicht fährt, das ist sein Geld nicht wert« , sang Renate. Schon Fredl Fesl hatte gewusst, dass kaputte Autos vom Charme der Lästigkeit gekennzeichnet waren. Nele und ich stimmten in den berühmten Anlass-Jodler ein: »Jeder will ein Auto hab’m, liegt es dann im Graben, dann will es keiner haben.« Obwohl wir so untergehakt und die Beine anmutig in die Luft schwingend sicher Mutter und Tochter Hellwig in den Schatten gejodelt hätten, war Marco zu keinem Lächeln zu bewegen. Unwillig besah er sich weiter die Kabel in Fuchurs Bauch.
    Typisch Mann – wenn die einmal schlechtgelaunt sind, dann sind sie es, und fragt man nach, wird es nur noch schlimmer.
    Auch unser junger Apollo hatte inzwischen eine Scheißlaune, dass es krachte.
    »Was is’n jetzt?«, fragte er gereizt und nahm einen Schluck aus seiner Volvic-Flasche, die selbstverständlich aus Plastik war.
    »Wir können den Wassertank jetzt nicht aufschrauben, der ist kochend heiß«, erklärte ich ihm.
    »Eben. Wir müssen warten. Das habe ich ja gleich gesagt!«, japste Renate so bestimmend, wie es ging. Das Jodeln hatte sie ziemlich aus der Puste gebracht. Margot Hellwig hatte noch mit achtzig ein größeres Lungenvolumen besessen als sie.
    »Machen wir also ein Picknick, bis sich Fuchur wieder abgekühlt hat«, schlug Renate vor. Sie sah sich um. »Das Wetter ist gut, das Gras schön grün, und wir brauchen eh dringend eine Pause.«
    Marco fand die Idee weder praktisch noch gut, das stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben.
    »Warum willst du denn eine Pause machen, davon wird die Karre auch nicht wieder fit. Oder glaubst du etwa an die Selbstheilung von Motoren?«, blaffte er Renate an.
    Während Renate Marco geduldig erklärte, wieso eine Pause nicht nur dem Auto guttun würde, breitete Nele schon mal die Picknickdecke in der Butterblumenwiese aus, verteilte Gabeln und Brettchen und holte den guten alten Pumpernickel hervor, den ich schon fast verdrängt hatte. Zur Abwechslung gab es diesmal keinen Kochkäse, sondern Gouda, der dank des strahlenden Sonnenscheins in seiner Plastikhülle sehr gelb und weich geworden war. Auch die Salami hatte Schweißperlen auf der Stirn. Unsere Kühltasche war für die Klimaveränderungen des einundzwanzigsten Jahrhunderts nicht geschaffen. In den blauen Kühlaggregaten gluckerte es, und sie verströmten den Geruch von vergessenem Butterbrot mit Frühstücksapfel.
    »Was soll denn das für ein Picknick werden?«, fragte Marco angewidert.
    Ich erinnerte ihn daran, dass er ja auf Lichtnahrung umgestellt hatte. Wenigstens die Brettchen fand er »geil«, weil die ein graues 60er-Jahre-Karomuster hatten, das viel hipper war als »all die dämlichen Brettchensprüche, die einen zuquatschen, wenn

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