Drei Frauen im R4
wenn ich nur aus dem Zelt in Richtung Waschräume linste. Außerdem fallen einem im Regenwetterstress sehr häufig Waschbeutel und Handtuch aus der Hand, vorzugsweise dort, wo die Pfützen am größten sind. Vertrauensvolle Camper setzen da lieber auf den Wettergott und hoffen, dass der Himmel über Tag aufreißt und sich der Stau vor den Becken regelt. Natürlich sind dann die Waschbuden aber auch wieder voll – also ein ewiger Kreislauf, dem man sich nur entziehen kann, wenn man die Hygiene reduziert.
»Haben wir Trockenshampoo dabei?«, erkundigte ich mich zaghaft und fügte vorsichtshalber gleich hinzu: »Das gab es auch schon in den 80ern. In kleinen blauen Dosen mit weißem Deckel. Ich erinnere mich genau!«
Aber an diese hilfreiche Erfindung hatten die Mädels leider nicht gedacht. »Du kannst Kernseife haben und Essig als Spülung«, bot Nele an.
»Oder wir spendieren dir ein Ei«, schlug Renate vor, »das macht die Haare ganz besonders glänzend und geschmeidig.« Damit handelte sie sich gleich kritische Blicke von Nele ein. Wahrscheinlich war ein Ei zu teuer für uns, vor allem wenn man es sich bloß in die Haare schmieren wollte. Aber Neles Sorge war unbegründet, denn an meine Haare kam kein Ei, es sei denn, es war bereits chemisch in einem Shampoo zubereitet. »Dann nimm halt Joghurt«, erklärte Renate pragmatisch und begann auch schon, im Schlafsack zu suchen und zu fummeln. »Der passt sicherlich auch für eine Kur!«
Fips nahm die Bewegungen im Zelt zum Anlass, seinen Kopf neugierig zu heben, und robbte wie ein Maulwurf von seinem Platz zu uns heran. Schmusend legte er sich zu Nele und ließ sich zart die Ohren kraulen. Auch er wirkte nicht gerade so, als ob er in Gassi-Laune wäre.
»Uuuaaahhhh«, stöhnte ich laut und rollte mich von der Seite auf den Rücken. »Es kann doch nicht euer Ernst sein, dass wir hier die ganze Zeit einfach liegen und warten?«
Ich konnte nicht dauerhaft so untätig herumsitzen, also schlug ich den beiden vor, dass ich den Platzwart noch einmal nach Gritli fragte. »Irgendwie muss die doch zu erreichen sein.« Ich suchte nach Socken, und dabei verfing sich ein herumliegender Ohrring an einem Zeh. »Wir leben doch nicht im Mittelalter!« Der Ohrring erinnerte an Keltengräber. Draußen jaulte ein Hund, und auch wenn es unfassbar war, die Vögel sangen trotz des schlechten Wetters und meiner miesen Stimmung weiter. Mühsam schwatzte ich Nele ein paar Franken aus der Reisekasse ab, vielleicht gab es bei der Rezeption ja außer Informationen auch noch ein frisches Brot und eine Schweizer Schokolade für uns. Schokolade kann Seelen kitten, und die Schweizer Schokolade soll da ganz besonders unterstützend sein, weil sie nicht nur Milch von glücklichen Kühen enthält, sondern auch Spuren von Bergen, Seen und Butterblumen. Wenn es hier schon nicht viel gab, Schokolade würde der Kiosk haben. Ich nahm mir darüber hinaus fest vor, dem Platzwart klarzumachen, dass wir nicht zum Spaß im Matsch saßen, sondern mit dem Hundeschmuggel ein gutes Werk vollbracht hatten. Das musste auch dieser Brummbär wissen. Gritli war nicht da, wir waren daher dazu gezwungen, ihren Hund zu hüten, und es konnte ja nicht sein, dass wir dafür auch noch zahlen sollten. Nicht auszudenken, was passiert wäre, hätte man uns an der Grenze mit dem geschmuggelten Hund erwischt. Das musste doch selbst ein Schweizer Dickschädel kapieren.
Siegessicher machte ich mich auf den Weg. Wo ich auch hinsah, entdeckte ich Schilder mit Ge- und Verboten aller Art:
»Es besteht die Pflicht zur Mülltrennung (gelbe Säcke sind beim Platzwart erhältlich). Hunde müssen an der Leine geführt werden. Vom Hund verursachte Verunreinigungen sind umgehend vom Hundehalter zu beseitigen. Innerhalb der Ruhezeiten ist es verboten, Fahrzeuge auf dem Gelände zu bewegen (von 13.00 bis 15.00 und von 21.30 bis 8.00 Uhr)! Im Interesse aller Gäste ist auch laute Unterhaltung in diesen Zeiten zu vermeiden. Eine Beschallung des Geländes aus Fahrzeugen und mittels Musikanlagen ist grundsätzlich untersagt. Zuwiderhandlungen werden mit Entfernung der Lärmquelle vom Campingplatz geahndet.«
Mit einem energischen »Grüezi« betrat ich tapfer die Rezeption und wurde sofort von einer Putzfrau säuerlich darauf hingewiesen, dass es regnete und ich meine Plastikjacke auszuziehen hatte. Da es beim Verhandeln immer gut ist, erst einmal nachzugeben, um später ein Zugeständnis zu entlocken, zog ich folgsam die Jacke aus. Die
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