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Drei Frauen und ein Braeutigam

Drei Frauen und ein Braeutigam

Titel: Drei Frauen und ein Braeutigam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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Je länger die Freundschaft, desto empörender das begangene Verbrechen.
    Doch ich hätte mir wegen Grace keine Sorgen machen müssen. Kaum halten wir vor Stuarts ausladendem Haus, stürmt Grace heraus, um uns zu begrüßen. Sie kämpft sich durch die übliche Ansammlung Hunde und strahlt dabei genauso entzückt wie der große, knuffige Labrador, der gerade ganz liebenswürdig seine Schnauze unter dem Saum von Tanyas reichlich kurzem Rock vergräbt. Grace wirft die Arme um mich und bringt mich fast aus dem Gleichgewicht, als sie mich herumwirbelt. Nachdem sie Tanya, Finn und Louis auf ähnliche Weise begrüßt hat, hakt sie sich bei mir unter und geleitet mich nach drinnen.
    Das Haus ist voller Menschen. Diejenigen von Grace‘ Verwandten, die bereits eingetroffen sind, werden gerade von Tula durchs Foyer getrieben. Sie hat sich bereits häuslich eingerichtet und macht eine Führung, bei der sie voller Stolz die zahlreichen Vorteile des Hauses hervorhebt, als wäre es schon seit Generationen in ihrer Familie.
    Ein Raum im hinteren Teil ist provisorisch zum Hochzeitshauptquartier ernannt worden. Hier findet sich eine bunte Mischung aus Tischen und Stühlen, die aus dem ganzen Haus zusammengetragen worden sind und die Platz bieten für ein breites Sortiment an Hochzeitszubehör - das reicht von einem langen Tapeziertisch voller Geschenke bis hin zu den Blumengestecken für die Kirche und den anschließenden Empfang. In einer dunklen Ecke steht eine mit Eis gefüllte Zinnwanne, in der jede Menge Champagner lagert. Auf einem kleinen Tisch neben der Wanne liegen drei große Schachteln, auf die jemand in Schwarz »Ellerington« gekritzelt hat. Sie enthalten anscheinend die drei Lagen der Hochzeitstorte, die laut Grace‘ aufgeregter Ankündigung aus einer Schicht Obst, einer Schicht Biskuit und einer Schicht Schokolade bestehen. Bei diesen Worten fängt Louis, der Kuchenfanatiker und Tortendieb, aufgeregt an zu grinsen.
    Ich überlasse Grace Louis, der versucht, sie davon zu überzeugen, dass man die Torten kosten müsse, um sicher zu sein, dass sie auch wirklich gut sind. Ich schlendere zur anderen Seite des Zimmers. Durch die offenen Balkontüren kann ich mehrere Männer in Overalls sehen, die ein Festzelt auf dem gepflegten Rasen errichten, wobei sie ab und zu zum düsteren Himmel blicken und Unheil verkündend vor sich hin brummen. Auf dem Rasen neben dem Zelt stehen Klappstühle in ordentlichen Reihen, und zwei weitere Arbeiter karren gerade einen Stapel bedrohlich schwankender runder Tische heran. Sie schimpfen wüst, als der Stapel gefährlich ins Wanken gerät und der oberste Tisch mit einem lauten Krachen auf den Steinboden rutscht. Immer noch schimpfend lassen sie den Karren los, um ihn wieder aufzuheben, bemerken aber, dass ich sie vom Fenster aus beobachte, hören sofort auf zu schimpfen und entschuldigen sich stattdessen, wobei der ältere der beiden sogar seine Mütze abnimmt.
    Lächelnd wende ich mich ab und sehe, wie Tanya Stuart reichlich gezwungen angrinst, der gerade auf der Suche nach seiner Zukünftigen den Raum betritt. Er sieht mit einem strahlenden Lächeln zu Grace hinüber, das sofort verschwindet, als er Tanya und mich erblickt. Er zögert eine Sekunde, weil er anscheinend nicht weiß, wie er sich verhalten soll, nickt uns dann flüchtig zu, dreht sich auf dem Absatz um und verschwindet.
    »Ich muss mit ihm sprechen.«
    »Ich glaube, es wäre besser, wenn du es lässt«, widerspricht Tanya. »Wenigstens hat er uns zur Kenntnis genommen. Als wir bei unserem letzten Besuch abgefahren sind, hätte man meinen können, wir alle haben Aussatz, so sehr ist er auf Distanz gegangen.«
    »Ich weiß, aber ich muss trotzdem mit ihm sprechen, Tanya. Ich will einfach nicht, dass er schlecht von mir denkt. Grace ist wie eine Schwester für mich. Das bedeutet, dass er sozusagen mein Schwager wird.«
    Hastig folge ich ihm. »Stuart, warte mal.«
    Er bleibt stehen und dreht sich um. Plötzlich ist die ganze, sorgfältig einstudierte Entschuldigung wie weggeblasen, die ich mir in der vergangenen Woche zurechtgelegt hatte. Ich glotze ihn einen Moment an, mache den Mund auf und wieder zu, da mein Him sich weigert anzuspringen. Schließlich kommt nichts weiter als ein »Hör zu, es tut mir Leid«.
    Er erwidert nichts.
    »Alles.«
    Er zögert einen Moment, nimmt seine Brille ab und reibt sich mit einem langen Finger das rechte Auge. Dann entfernt er mit einem Zipfel seines Hemdes einen imaginären Fleck auf dem

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