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Drei Frauen und ein Braeutigam

Drei Frauen und ein Braeutigam

Titel: Drei Frauen und ein Braeutigam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Harvey
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im rechten Winkel zum Aufzug steht.
    Ich würde ja versuchen, mich an ihr vorbeizustehlen, doch sie ist darauf gedrillt, Eindringlinge auszumachen, und geht zum Angriff über.
    »Kann man Ihnen helfen?« Die Stimme ist höflich, aber eisig. Ich erkenne sofort die »Wasserträgerin« wieder, mit der ich vor zwei Tagen und kurz heute Morgen das Vergnügen hatte.
    Ihr Gesicht zeigt eindeutige Ablehnung, als sie meine reichlich zerzauste Erscheinung unter die Lupe nimmt. Plötzlich merke ich, dass ich unter der Jacke noch die speckige Küchenschürze trage. Ich muss echt krass aussehen. Hastig fahre ich mir mit der Hand über den Kopf und reiße das Haarnetz herunter. Wahrscheinlich drückt sie sowieso gerade den Alarmknopf, um den Sicherheitsdienst zu rufen. Ich fahre mir überflüssigerweise mit der Hand durchs Haar, woraufhin es nur noch wirrer aussieht, atme tief durch und versuche, autoritär zu klingen: »Ich bin wegen des Tate‘s in Battersea hier. Ich will Daniel Slater sprechen.«
    Sie zögert.
    »Ich habe einen Termin«, behaupte ich großspurig, zufrieden damit, wie flüssig mir diese Lüge über die Lippen kommt.
    Langsam breitet sich ein Lächeln auf dem perfekt geschminkten Gesicht aus. Ein sehr hochnäsiges Lächeln. »Ich fürchte, Sie können gar keinen Termin haben, da Mr. Slater im Moment gar nicht im Lande weilt«, trumpft sie mit ihrer schneidenden Stimme auf.
    Es ist ihr gutes Recht, selbstgefällig auszusehen, nachdem sie mich bei dieser frechen Lüge ertappt hat. Dass sie es wirklich tut und es offensichtlich genießt, treibt meinen Blutdruck weiter nach oben. Ich sehe an ihr vorbei zu der imposanten Flügeltür, an der ein großes Messingschild prangt: »Daniel Slater Geschäftsführer«.
    Allein die Tatsache, dass sie so verdammt selbstgefällig reagiert, weil sie mich hat auflaufen lassen, sollte mir verraten, dass sie die Wahrheit sagt und Dan Slater wirklich gerade an einem anderen Ort der Welt Kleinunternehmern den Garaus macht, doch ich habe mich nicht so weit vorgekämpft, um dann mit eingekniffenem Schwanz wieder abzuziehen. Außerdem besteht noch immer die Möglichkeit, dass sie ihn doch deckt, schließlich wird sie dafür bezahlt - dieser menschliche Rottweiler. Entgegen ihrer Behauptung könnte er just in diesem Moment doch in seinem Büro hocken. Ich lasse Miss Selbstgefällig also links liegen und marschiere auf die Tür zu.
    In Sekundenschnelle schießt sie von ihrem Stuhl hoch. »Entschuldigen Sie... Entschuldigen Sie! Sie können da nicht einfach rein.« Der beherrschte Ton wird etwas schriller.
    Ich beachte sie nicht, drängle mich an ihrem Schreibtisch vorbei und platze durch die Tür in...
    ... ein völlig leeres Zimmer.
    Verflucht. Wie es aussieht, hat sie die Wahrheit gesagt. Und wie verhalte ich mich jetzt? Ich habe mich bereits total lächerlich gemacht, und mir fällt nur ein Weg ein, die Situation wenigstens noch ein bisschen zu meinem Vorteil zu gestalten. Es ist vielleicht kindisch, aber ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr ich es genieße, den verdammten Brief aus der Tasche zu ziehen und in lauter kleine Schnipsel zu zerreißen. Dann streue ich sie wie Konfetti über Dan Slaters viel zu aufgeräumten Schreibtisch.
    Ich drehe mich um, sehe Miss Selbstgefällig, die mit offenem Mund dasteht, von oben herab an und marschiere hoch erhobenen Hauptes zurück zum Aufzug. Mein majestätischer Abgang wird nur durch das dreckige Geschirrtuch verunglimpft, das aus der Potasche meiner Jeans hängt und in den zugleitenden Türen des Lifts stecken bleibt, als ich hineingehe. Das gibt dem einzigen, älteren Benutzer im Anzug die Möglichkeit, einen Blick auf meinen rosa Tanga zu werfen.
    Als ich zum Tate‘s zurückkomme, hat Louis zugemacht und ist gegangen. Doch er hat mir einen Zettel hinterlassen, auf dem steht, dass er sich mit Freunden trifft, ich ihn aber auf dem Handy erreichen kann, falls ich ein offenes Ohr oder jemanden brauche, der die Kaution bezahlt, um mich aus dem Gefängnis zu holen. Obwohl es besser wäre, so fährt er fort, zu diesem Zweck Tanya anzurufen, da er gegenwärtig nur zwölf Pfund fünfzig, einen halben Riegel Mars und einen Dreierpack Kondome in der Tasche hat, bei dem eins fehlt.
    Der Gute.
    Das zaubert ein Lächeln auf mein Gesicht, das erste seit dem ziemlich durchgeknallten in Dan Slaters Büro. Auf dem Heimweg habe ich die ganze Zeit die Stirn gerunzelt wie ein kurzsichtiger Patient, der versucht, die Testreihen beim Optiker zu entziffern.

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