Drei Frauen und ein Braeutigam
genauso sicher würde Grace auch nicht annehmen, ich hätte aufgrund akuten Männermangels radikal meinen Geschmack geändert und wäre nun bereit, mit jemandem auszugehen, der aussieht wie mein Vater.
Das bedeutet, dass der zweite Typ für mich bestimmt sein muss. Die pferdegesichtige Blondine zu Dämon Dans Rechter verschwindet auf der Toilette, und Dämon Dan selbst beugt sich vor, um der Frau gegenüber das Brot zu reichen. So ist die dritte Option des Abends plötzlich in Sicht.
Ich glaube, ich lasse davon ab, Dan umzubringen, und bringe stattdessen mich selbst um. Der Kerl könnte glatt Stuarts Bruder sein. Er hat den gleichen Haarschnitt, allerdings nicht in Dunkel, sondern in vagem Blond, die gleiche Hornbrille und das gleiche öde, gesetzte Auftreten. Gerade konzentriert er sich ganz ernst auf sein Essen und spießt mit der rechten Hand Garnelen auf, während er mit der Linken ständig die Brille hochschiebt, die seinem nach unten gerichteten Blick folgt und in Richtung Teller rutscht. Ich beobachte, wie er die letzten paar Garnelen einzeln von seinem Teller pickt, dann ein Stück Brot abbricht und säuberlich jeden einzelnen Tropfen der Soße vom Porzellan wischt. Als er damit fertig ist, nimmt er einen Schluck Wasser - kein Wein in seinem Glas, wie ich bemerke - und tupft sich sorgfältig den Mund mit der cremefarbenen Batistserviette ab.
Hilfe.
Grace hat nur darauf gewartet, dass er fertig ist mit Essen. Als Stuart aus der Küche zurückkommt, fädelt sie einen weiteren Sitzplatzwechsel ein. Sie flüstert ihm etwas ins Ohr, sieht bedeutsam zu mir herüber, packt ihn am Handgelenk und schleift ihn mehr oder weniger um den Tisch herum zu meinem Platz. Es hilft nichts, dass er genauso unwillig zu sein scheint wie ich, was das Treffen anbelangt. Grace ist die Einzige, die lächelt.
»Ollie, ich möchte dir jemanden vorstellen«, verkündet sie glücklich strahlend. »Das ist Stuarts bester Freund, Leo. Leo, das ist meine beste Freundin, Olivia.«
O nein. Bester Freund trifft beste Freundin. Ich hätte es mir denken können. Sie versucht, einen Stuart-Klon für mich zu finden. Die Romanze, die sie erlebt, für mich zu wiederholen. Ich kann es Grace nicht verübeln. Sie liebt mich und will, dass ich genauso glücklich werde, wie sie meint zu sein. Ich verstehe nur nicht, wie sie annehmen kann, dass es der Schlüssel zu diesem Glück ist, mich mit einem weiteren Stuart zu verkuppeln.
Leo setzt sich auf den Stuhl neben mir. Er lächelt unsicher.
Ich lächle.
Er lächelt erneut.
Ich lächle.
Er lächelt.
Gerade suche ich im Geiste nach einer Entschuldigung, um mich erneut in die Küche zu verkrümeln, als das Schwein zu meiner Rechten verächtlich lachend durch die Nase schnaubt. Idiot. Er hat alles mitgekriegt und genießt nun jede Sekunde meines Unbehagens. Ich wende mich wieder zu Leo um. Er entspricht so wenig meinem Typ wie eine Nacktschnecke, aber diesmal bin ich wild entschlossen zu fesseln und zu faszinieren, nur um es Sie-wissen-schon-wem zu zeigen.
Strahlend lächle ich Leo zu.
Er erwidert das Lächeln.
Unser Gelächle dauert länger, als ich es je für möglich gehalten hätte, aber mir fällt immer noch nichts ein, das ich sagen könnte.
Sein Grinsen wird breiter und sichtlich verkrampfter, doch wir schweigen beide.
O nein, nicht schon wieder. Ich stelle nur zu bald fest, dass Leo Stuart nicht nur äußerlich ähnelt, sondern auch in Bezug auf seine Gesprächsbegabung. Ich frage mich, ob die Wissenschaftler nach dem Klonen von Schafen und Schweinen einen Schritt weitergegangen sind und es nur noch nicht in den Medien verkündet haben.
Schließlich gelingt es uns, ein bisschen höflich miteinander zu plaudern, aber das Ganze ist erbarmungswürdig. Ich habe noch nicht einmal ein Glas Wein getrunken, um etwas lockerer zu werden. Ich versuche es mit meinem Nonnenwitz. Den bringe ich in der Regel nur, wenn ich betrunken bin, aber im Moment bin ich verzweifelt.
Er verzieht noch nicht einmal die Mundwinkel.
Und es hilft auch nicht, dass Finn mich dauernd zum Kichern bringt, was ziemlich würdelos wirkt. Sobald er sich für unbeobachtet hält, schielt er düster zu mir herüber, legt die Hände an die Kehle, verdreht die Augen und streckt die Zunge heraus, um anzudeuten, dass er gerade von Cornelia zu Tode gelangweilt wird. Ich kann hören, wie sie ihn über die Meriten der Fernsehwerbung im Gegensatz zu den Printmedien zutextet. Finn ist nicht einmal so anständig zu erröten, als Grace
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