Drei Frauen und ein Braeutigam
Flughafen kommen und die Heathrow-Schilder sich häufen, geht Grace ein Licht auf. »Wir verreisen, stimmt‘s?«, fragt sie etwas misstrauisch. Niemand antwortet. »Wohin fahren wir?«
Tan, Louis und ich wechseln einen Blick und grinsen verschwörerisch.
»Ach, kommt schon, ihr müsst mir erzählen, wohin wir fahren!«
»Kommt nicht in Frage.« Louis streckt ihr die Zunge raus.
»Sonst wäre es doch keine Überraschung mehr, oder?«, fügt Tanya hinzu.
»Und was ist mit meinen Sachen? Ich habe nichts anzuziehen.«
»Keine Sorge.« Ich grinse und klimpere mit Grace‘ Hausschlüsseln, die auf dem Armaturenbrett lagen.
»Was ist mit Stuart?«
»Er kann nicht mit!«, entgegnet Louis eilig.
»Das meinte ich auch nicht, wie du sehr wohl weißt. Er glaubt, dass ich nur heute Abend ausgehe. Er erwartet mich um Mitternacht zu Hause in Islington.«
»Schon gut«, lenke ich ein, als ihre Stimme schrill wird. »Du hast einen Anruf, um ihm zu sagen, dass du heute nicht nach Hause kommst, in Ordnung?«
»Darf ich ihm nicht wenigstens verraten, wann ich zurückkomme? Das wäre nur fair, sonst macht er sich Sorgen.«
Trotz der geäußerten Bedenken kann ich erkennen, dass Grace eigentlich gespannt ist, auf eine unheimliche Art und Weise. Ich erkenne das Glitzern in ihren Augen wieder, und obwohl ihre Stimme ziemlich schrill klingt, würde ich die Einnahmen einer ganzen Woche darauf verwetten, dass das an der Erregung und nicht an der Verärgerung liegt. Ich reiche ihr mein Handy. »Sag ihm, dass du Sonntag zurückkommst... sehr spät.«
»Sonntag!«, entfährt es Grace.
Ich zwinkere ihr zu, erleichtert darüber, dass sie nicht sofort verlangt, das Auto zu wenden und sie nach Hause zu bringen. Stattdessen tippt sie einfach ihre Nummer ein. Ich erkenne Stuarts Stimme, umso mehr, da er so laut spricht, dass nicht nur Grace ihn hört, sondern wir anderen auch.
»Er hörte sich nicht gerade begeistert an«, bemerke ich, als sie mir das Telefon zurückgibt.
»Nur ein bisschen besorgt, aber ich habe ihm versichert, dass ihr auf mich aufpasst.«
»Natürlich passen wir auf dich auf!« Louis legt ihr beruhigend den Arm um die Schultern. »Wenn wir bei Bewusstsein sind.«
Sobald wir einmal in der Abflughalle sind, gelingt es uns, Grace so weit abzulenken, dass wir es bis zum Flugzeug schaffen, ohne dass sie eigentlich weiß, wohin wir fliegen. Es ist schwierig, aber Tanya und der verführerische, endlose Duty-Free-Bereich erweisen sich als große Hilfe.
»Also, erzählt ihr mir jetzt endlich, wohin es geht?«, fragt sie, als wir auf unseren Plätzen sitzen.
»Also...«, setzt Tanya an.
»Meinst du nicht, die Tatsache, dass in großen Buchstaben AlItalia auf dem Flieger steht, hat etwas zu bedeuten?«, ziehe ich Grace auf.
»Italien!«, kreischt Grace. »Wir fliegen nach Italien?«
Wie auf Kommando ertönt die Stimme des Flugkapitäns, der mit schwerem Akzent spricht. »Guten Abend, meine Damen und Herren. Willkommen an Bord des Fluges 102 nach Rom...«
Grace‘ aufgeregter Schrei lässt den Rest seiner Ankündigung untergehen. »Rom, ach du meine Güte! Ich wollte schon immer nach Rom! Das wusstest du, oder? Oh, danke, danke, danke!«, quiekt sie und drückt den Knopf für den Steward. »Wodka!« erklärt sie ihm, als er durch den Mittelgang herbeieilt, um zu sehen, ob es ein Problem gibt. »Jede Menge Wodka, um mich zu bedanken. Ooh, was machen wir bloß zuerst: Ich will zum Viale Vaticano, zum Pantheon und in sämtliche Gallerias.«
»Sind das Clubs?«, fragt Tanya, die über Grace‘ Enthusiasmus lächeln muss.
»Nein, das ist Kultur«, entgegnet Louis trocken.
»O Schreck.«
Es ist weit nach Mitternacht, als wir schließlich im Hotel Vincenzi ankommen, das Louis sogleich und, wie ich denke, hoffnungsvoll in Hotel SinSexy umbenennt. Die Luft ist warm und still und schwer von den ungewöhnlichen und exotischen Gerüchen eines fremden Landes. Das Hotel selbst ist bezaubernd: ein imposanter Barockpalast, der vor Hunderten von Jahren erbaut wurde. Tanya und Louis sind ein bisschen enttäuscht, als sich herausstellt, dass ich zwei Doppelzimmer mit Verbindungstür gebucht habe. Das ist ihnen zufolge zwar ideal für eine mitternächtliche Kissenschlacht, aber nicht wirklich geeignet zum Aufreißen und Abschleppen. Grace und ich teilen ein Zimmer, Louis und Tanya das andere. Grace stapft verschlafen ins Badezimmer, während ich anfange, ihre Tasche auszupacken, damit sie nicht so genau mitbekommt, welche Sachen ich
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