Drei Hände Im Brunnen
etwas Ungewöhnliches vorging.
»Warum ist niemand von diesen Armleuchtern da, wenn der Mörder die Leichenteile reinschmeißt? Warum erwischen sie ihn nie dabei?«
Fluchend brachte Martinus seine Männer dazu, eine Absperrung zu organisieren. Das hielt die Schaulustigen nicht davon ab, das westliche Ende des Forums zu verstopfen.
Wir warteten immer noch auf die Stiefel, als das Ekel Anacrites auftauchte. Das Büro des Kurators lag in der Nähe. Irgendein Dummkopf hatte ihn informiert.
»Verschwinden Sie, Anacrites. Ihr Chef ist nur für die Aquädukte zuständig. Meiner hat weiter reichende Vollmachten.«
»Ich komme mit Ihnen, Falco.«
»Sie werden die Ratten in Angst und Schrecken versetzen.«
» Ratten , Falco?« Martinus war nur zu bereit, zurückzustehen und sich von Anacrites bei dieser unerfreulichen Angelegenheit vertreten zu lassen.
Ich sah zum Himmel hinauf, da ich wusste, dass bei Regen die Kloake zu einem reißenden Strom und überaus gefährlich werden würde. Wolkenloser blauer Himmel beruhigte mich, zumindest ein wenig.
»Warum wurden die Überreste nicht einfach raufgebracht?«
Martinus wollte wirklich nicht da runter. Wo mir nur die Begeisterung fehlte, war er geradezu panisch.
»Julius Frontinus hat die Anweisung gegeben, dass alles, was innerhalb der Wasser- und Abwasserversorgung gefunden wird, für uns zur Inspektion an Ort und Stelle bleiben muss. Ich geh runter. Wenn es irgendwelche Hinweise gibt, bringe ich sie mit zurück. Du kannst dich auf mich verlassen, Ich bin ein guter Zeuge vor Gericht.«
»Ich glaube, ich lasse Petronius holen.«
»Hier sind schon zu viele von euch«, warf der Vormann der Kloakenarbeiter ein. »Ich bring nicht gern Fremde da runter.«
»Um mich brauchen Sie keine Bange zu haben«, murmelte ich. Wenn er schon nervös war, wie sah es dann für uns andere aus? »Hören Sie, als Marcus Agrippa für die Wasserversorgung zuständig war, hat er da nicht die gesamten Abwasserkanäle per Boot durchfahren?«
»Völlig verrückt, der Kerl!«, schnaubte der Vorarbeiter. Tja, das munterte mich mächtig auf.
Lederne Watstiefel waren gebracht worden, dicke, unförmige Sohlen und flatternde, oberschenkelhohe Schäfte. Eine Holzleiter tauchte auf, aber als sie in den Schacht hinuntergesenkt wurde, sahen wir, dass sie nur bis zur halben Höhe reichte. Wie tief es an diesem Punkt war, schienen selbst die Kloakenarbeiter nicht zu wissen. Wir sollten nahe der Stelle einsteigen, wo der Kopf gefunden worden war. Sie selbst mussten ihn über eine Untergrundroute erreicht haben, die als zu schwierig für die verweichlichten Stilusschwinger wie uns angesehen wurde.
Eine weitere Leiter wurde herbeigeschafft und mit Stricken an die andere gebunden. Diese windige Konstruktion wurde in das dunkle Loch hinabgelassen. Sie erreichte den Boden gerade eben, ohne dass oben noch Platz blieb. Es sah fast senkrecht aus. Jeder, der mit Leitern zu tun hat, wird Ihnen sagen, wie fatal das ist. Ein großer Mann wurde oben postiert, um die Leiter mit einem ausgefransten Strick zu sichern. Er schien sehr zufrieden; er wusste, dass er den besten Job ergattert hatte.
Man entschied, dass ich hinuntersteigen sollte, zusammen mit Anacrites und einem von Martinus’ Burschen, der zu allem bereit schien. Es hatte keinen Zweck, Martinus zu zwingen, mitzukommen, wenn er nervös war. Wir sagten ihm, er sei unser Wachmann. Wenn wir zu lange unten blieben, sollte er Hilfe holen. Der Vorarbeiter nahm das zu bereitwillig hin, als würde er denken, dass durchaus etwas schief gehen könnte. Er sagte, wir sollten unsere Köpfe mit Kapuzen bedecken. Wir wickelten uns Tücher ums Gesicht; verminderte Hörfähigkeit und die schweren Stiefel an unseren Füßen machten alles noch schlimmer.
Wir kletterten einer nach dem anderen hinunter. Über dem Einstiegsloch mussten wir uns abstützen und mit den Füßen nach den Leitersprossen hangeln. Sobald sie erreicht waren, schwankte die ganze Konstruktion und sah vollkommen unsicher aus. Der Vorarbeiter stieg als Erster ab; während er hinunterkletterte, sahen wir den oberen Teil der Leiter abknicken, und er musste durch ein kraftvolles Ziehen am Befestigungsstrick zurückgeholt werden. Der Mann war etwas blass, als er aus dem dunklen Schacht heraufsah, aber der Bursche mit dem Strick rief ihm was Ermutigendes zu, und er kletterte weiter.
»Du musst aufpassen, dass du nicht reinfällst«,
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