Drei Hände Im Brunnen
erwiderte den schiefen Blick. »Das hätte Ihnen nicht ähnlich gesehen, Falco. Sie müssen sich immer einmischen.«
Es war eine leidenschaftslose Bemerkung. Das beängstigte mich. Wenn wir gemeinsam noch mehr so unerfreuliche Aufgaben erledigten und philosophische Zwiegespräche führten, könnte wir am Ende noch freundschaftliche Gefühle füreinander entwickeln.
Wir schlurften zurück zur Leiter, wo wir auf den Vorarbeiter warteten. Als Erster kletterte Martinus’ Bursche mit den Fackeln hinauf. Ich kam als Nächster. Ich hatte meinen Gürtel durch die Knoten des Bündels gezogen und eine Schulterschlinge daraus gemacht, damit ich meine Hände frei hatte. Das Rauf klettern auf der schwankenden Leiter mit den schmalen Sprossen in nassen Stiefeln war sogar noch schlimmer als der Abstieg.
Als ich wie ein Maulwurf ins Sonnenlicht hinauskletterte, half Martinus mir dabei. Ich berichtete ihm, was passiert war, während Anacrites hinter mir heraufkam. Ich trat zur Seite, um ihm Platz zu machen. In dem Moment erkannte ich, dass der Oberspion doch ein Profi war; als er herauskam, sah er sich rasch unter der neugierig starrenden Menge um. Ich wusste, warum, hatte es selbst auch getan. Er fragte sich, ob der Mörder hier war, ob sich der Mann der Leichenteile absichtlich an verschiedenen Orten entledigt hatte, um uns zu verhöhnen, und ob er hier herumstand und deren Auffindung miterleben wollte. Anacrites dabei zu beobachten war ein seltsames Gefühl.
Kurz danach entdeckte ich noch etwas anderes. Wenn man durch die Kloake gewatet ist, muss man seine Stiefel selbst ausziehen.
XLII
Martinus übernahm den Kopf. Er würde im Wachlokal mit dem Torso vereint werden. Dann würden die Formalitäten in Gang gesetzt, damit Cicurrus seine Frau bestatten konnte.
Zum ersten und wahrscheinlich einzigen Mal gingen Anacrites und ich gemeinsam in ein Badehaus. Wir waren beide ungemein gründlich mit dem Schabeisen. Trotzdem bot ich ihm nicht an, seinen Rücken abzuschaben.
Ich hatte ihn als Gast mit in das an Glaucus’ Gymnasium angeschlossene Bad genommen, nur ein paar Schritte vom Forum entfernt. Das war ein Fehler. Bald schon schaute sich Anacrites um, als würde er denken, wie zivilisiert es hier sei und ob er sich nicht für eine Mitgliedschaft bewerben sollte. Ich ließ ihn allein zu dem zurückkehren, womit er im Büro des Kurators seine Zeit verplemperte, und blieb noch da, um Glaucus zu warnen, dass der Oberspion nicht der Typ war, den er in seinem angesehenen Etablissement als Stammkunden haben wollte.
»Das ist mir nicht entgangen«, schnaubte Glaucus. Als ich gestand, wen genau ich heute mitgebracht hatte, warf er mir einen angewiderten Blick zu. Glaucus hielt sich gern aus allen Schwierigkeiten raus. Aus diesem Grund schloss er alle Leute aus, die gewohnheitsmäßig welche verursachten. Er ließ mich bloß herkommen, weil er mich für einen harmlosen Amateur hielt. Profis werden für ihre Arbeit bezahlt; er wusste, dass das bei mir nur selten der Fall war.
Ich fragte, ob Glaucus Zeit habe, mit mir zu trainieren. Er schnaubte. Ich verstand das als Nein, und ich wusste auch, warum.
Ich schlenderte die Stufen hinunter, zwischen dem Gebäckladen und der kleinen Bibliothek, die seine Kunden mit zusätzlichen Genüssen versorgten. Glaucus führte ein luxuriöses Etablissement. Man konnte nicht nur trainieren und baden, sondern sich auch ein paar Oden ausleihen, um eine erlahmende Liebesaffäre wieder anzuheizen, und dann seine Zähne mit glasierten Rosinenbrötchen verkleben, die ungemein lecker waren.
Heute hatte ich keine Zeit zum Lesen und war nicht in der Stimmung für Süßigkeiten. Ich war bis in die letzte Pore geölt und geschabt, aber immer noch nicht mit dem Ergebnis zufrieden. Auch früher war ich schon an widerwärtigen und schmutzigen Orten gewesen, doch in die Kloaken hinabzusteigen und dort menschliche Überreste zu finden ließ mich immer wieder schaudern. Es wäre schon genug gewesen, auch ohne die Erinnerung daran, dass ich selbst einst den verwesenden Leichnam eines Mannes in einen Kanalschacht geworfen hatte. Zwei Jahre und viele starke Regengüsse hatten dafür gesorgt, dass ich nicht über unwillkommene Geister stolperte. Aber dort unten in der Cloaca Maxima war ich fast froh über Anacrites’ irritierenden Beistand gewesen, der mich von allzu viel Gedanken an diese düstere Vergangenheit abhielt.
Es war vorbei. Und es war nicht nötig, dass
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