Drei Hände Im Brunnen
habe viel über die Anio Novus nachgedacht.« Bolanus ließ gern eine wichtige Bemerkung fallen und spannte seine Zuhörer dann auf die Folter.
»Ach?«, sagte ich im Ton eines Mannes, der weiß, dass man insgeheim mit ihm spielt.
»Sie haben mich gebeten zu überlegen, wie menschliche Hände und Ähnliches in die Wasserversorgung gelangen konnten. Aufgrund ihrer Fundorte in Rom schloss ich, dass sie durch die vier Hauptleitungen gekommen sein mussten, die oberhalb von Tibur beginnen. Das sind die Aquädukte Claudia, Marcia, Anio Vetus und Anio Novus. Die Anio Vetus, die älteste von allen, und die Marcia verlaufen größtenteils unterirdisch. Und noch ein Punkt: Die Marcia und Claudia werden beide aus mehreren Quellen gespeist, die durch Tunnel mit den Aquädukten verbunden sind. Aber die Anio Vetus und die Anio Novus erhalten ihr Wasser direkt aus dem Fluss, dessen Namen sie tragen.«
Wir schauten hinunter auf den verdammten Fluss, der weit unter uns strömte.
»Ist das von Bedeutung?«, fragte Frontinus.
»Ich denke schon.«
»Sie haben immer geglaubt, dass die Leichenteile zunächst in den Fluss geworfen wurden«, sagte ich. »Das erwähnten Sie schon bei unserem ersten Gespräch.«
»Gutes Gedächtnis!« Er strahlte.
Und mir kam ein entsetzlicher Gedanke. »Sie glauben, dass Sie hier reingeworfen werden?«
Wir sahen einander an und schauten dann erneut über den Damm hinunter. Ich erkannte die Probleme sofort. Jeder, der von hier oben auf der Brücke etwas hinunterwarf, war meilenweit zu sehen. Der Damm fiel senkrecht zum Stausee ab, hatte aber auf der Flussseite eine lange, abgeschrägte Mauer. Gliedmaßen so weit zu schleudern, dass sie im Anio landeten, war unmöglich und barg für den Mörder das Risiko, selbst mit hinabzustürzen. Bei stärkerem Wind wäre es besonders gefährlich. Sogar heute, wo das Tal voller Vogelgezwitscher und Wildblumen war, warm, feucht und still, drohten hier oben ständige Böen, uns aus dem Schritt zu bringen.
Ich erläuterte meine Zweifel. »Hübsche Idee – aber denken Sie noch mal nach.«
Bolanus zuckte mit den Schultern. »Dann müssen Sie den Fluss zwischen hier und der Via Valeria absuchen.«
Ich wollte nichts anderes, als mich vorsichtig zurück auf den festen Boden am Ende des Dammes bewegen.
L
Meine Gefährten wiesen mir eifrig die Aufgabe zu, die in Frage kommenden Besitzungen zu überprüfen. Wir übernachteten in Sublaqueum, und ich verbrachte den Rest des Nachmittags damit, sicherzustellen, dass der größte Teil des bebauten Landes am Eingang des Tals und auf den tieferen Hängen des Berges Livata jetzt zu dem ausgedehnten kaiserlichen Besitz gehörte. Jeder Kaiser, der einen Vergnügungspark plant, sollte klugerweise darauf achten, nur von den Schmeichlern beobachtet zu werden, die er als Gefährten für seine Einsamkeit mitbringt; Klatschmäuler haben nie Feierabend.
Jetzt war die Villa auf Vespasian übergegangen. Sie lag fast verlassen da, und das würde wohl auch so bleiben. Unser neuer Herrscher und seine beiden Söhne hatten nichts übrig für das pompöse Machtgepränge, an dem Nero sich ergötzte. Wenn sie die Sabinerberge besuchen wollten – was sie sogar regelmäßig taten –, fuhren sie nach Norden, nach Reate, Vespasians Geburtsort, wo die Familie mehrere Häuser besaß und ihre Sommer in altmodischem, ruhigem Frieden verbrachte wie wohlerzogene Jungen vom Land.
Keiner der kaiserlichen Sklaven, die sich jetzt um Neros bescheidene Hütte kümmerten, oder die einfachen Leute in dem dazugehörigen Dorf würden sich gewohnheitsmäßige Besuche Roms zur Unterhaltung leisten können. Wir mussten uns weiter nach Privatvillen umsehen, die Leuten mit viel Zeit, Geld und der gesellschaftlichen Neigung gehörten, Jahr für Jahr die großen Feste zu besuchen.
Am nächsten Tag kehrten wir bis zur Via Valeria zurück und hielten Ausschau nach solchen Besitzungen. Frontinus und Bolanus fuhren weiter, um für unsere Übernachtungsmöglichkeit zu sorgen, während ich zurückblieb und Nachforschungen in einer der Privatvillen anstellte, die entsprechend vermögend aussah.
»Sie sind dran. Ich habe meinen Teil in Tibur geleistet«, erklärte Frontinus fröhlich.
»Zu Befehl. Was ist mit Ihnen, Bolanus? Wollen Sie mir bei der Befragung helfen?«
»Nein, Falco. Ich steuere nur das technische Wissen bei.«
»Danke, Freunde.«
Diese Villa war im Besitz der
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