Drei Hände Im Brunnen
noch eins drauf. »Die Chance, dass die Luculli einer gewissen Regelmäßigkeit folgen, ist also gleich null.«
»Genau«, bestätigte Helena. »Sie sind dauernd in Bewegung. Selbst wenn sie Rom regelmäßig zu den Spielen besuchen, sind sie die Hälfte der Zeit nicht hier. Der Mann, nach dem wir suchen, entführt seine Opfer, entledigt sich ihrer offenbar immer auf die gleiche Weise und vermutlich am selben Ort.«
»Demnach haben wir niemand Passenden gefunden?«, fragte ich.
»Nein«, antwortete Helena verzagt. »Kaum einer passt in die Kategorie. Ich dachte, wir hätten einen – einen Römer, der seit zwanzig Jahren hier lebt und zu allen großen Festlichkeiten nach Rom fährt, aber es ist eine Frau, Aurelia Maesia. Sie besitzt eine Villa in der Nähe vom Heiligtum des Herkules Viktor.«
»Ich erinnere mich an sie.« Frontinus hatte die Befragung durchgeführt. »Eine Witwe. Gute Herkunft. Hat nie wieder geheiratet. Zog sich nach dem Tod ihres Mannes auf den Familienbesitz zurück, fährt aber zu allen großen Ereignissen nach Rom und wohnt dann bei ihrer Schwester. Sie ist gut über fünfzig ….« Sein Ton ließ darauf schließen, dass das geschmeichelt war. »Sie hat misstrauisch auf unsere Ermittlung reagiert, ist aber bestimmt keines Mordes fähig. Außerdem bleibt sie während der ganzen Spiele in Rom. Unser Mörder hat sich Asinia nach der Eröffnungszeremonie geschnappt und dann kurz danach mindestens eine ihrer Hände in die Wasserzufuhr geworfen. Das bedeutet, wenn Bolanus wirklich herausgefunden hat, wo er das tut, und wenn das hier oben ist, dann muss der Mann spätestens am nächsten Tag nach Tibur zurückgekehrt sein.«
»Das ist ein weiterer Knoten im Muster«, meinte ich warnend. »Der Mörder fährt nach Rom für die Festlichkeiten, kommt aber offensichtlich nach der Eröffnungszeremonie hierher zurück. Aber er bleibt nicht hier. Er muss sich ein zweites Mal nach Rom begeben, denn die Torsos und Köpfe werden in den Fluss und die Cloaca Maxima geworfen. Das ist ein ziemlich auffälliges Verhalten.« Mir fiel eine Erklärung dafür ein. »Aurelia Maesia muss doch Sänftenträger oder einen Kutscher haben. Bringt ihre Sänfte sie nach Rom zu ihrer Schwester, kehrt dann hierher zurück und holt sie am Ende der Spiele wieder ab?«
»Sie benutzt einen Kutscher.« Frontinus war rührend bemüht, seine Ermittlerfähigkeiten unter Beweis zu stellen. »Ich habe daran gedacht, sie das zu fragen. Sie reist per Kutsche, aber der Kutscher bleibt damit in einem Stall direkt außerhalb Roms. Sie will ihn zur Hand haben, falls ihre Schwester und sie Lust auf eine Landpartie bekommen.«
Aurelia Maesia kam also nicht in Frage, aber wir hatten zumindest eine Person gefunden, die dem von uns erarbeiteten Profil entsprach. Das bekräftigte uns in dem Glauben, dass es auch noch andere geben konnte.
»Seien Sie nicht entmutigt«, sagte ich zu Frontinus. »Je mehr Leute wir ausschließen, desto leichter wird es sein, denjenigen zu finden, auf den wir aus sind.«
Er stimmte zu, warf jedoch ein anderes Problem auf. »Wenn Bolanus Recht hat, dass die abgehackten Körperteile an der Quelle in die Aquädukte gelangen, dann ist Tibur nicht der richtige Ort.«
»Tibur wird von der Aqua Marcia versorgt«, sagte Helena, »aber das ist eine Abzweigung, die hier endet. Die Hauptleitung, die nach Rom führt, beginnt meilenweit von hier entfernt.«
»Fast in Sublaqueum«, fügte ich hinzu, um zu beweisen, dass ich mit der Faktenlage durchaus vertraut war. »Nur ein weiteres Gebiet von dreißig Meilen, in dem wir jedes Haus und jeden Hof ausfindig machen und dann die Besitzer in netter Art fragen müssen, ob sie zufällig Mörder sind!«
IL
Wie verabredet, kam Bolanus am nächsten Tag, um Frontinus Bericht zu erstatten. Ich traf sie beide in der Villa, in der Frontinus untergebracht war. Bolanus trug dieselbe alte Tunika und den Gürtel wie bei unserer ersten Begegnung und hatte noch einen breitkrempigen Hut zum Schutz gegen die Witterung und einen Knappsack als Reisegepäck hinzugefügt. Er hatte vor, Frontinus und mich mit nach Sublaqueum zu schleppen, was, wie ich vermutete, mehr mit seinem Wunsch zu tun hatte, den Damm wieder zu sehen, an dessen Erbauung er einst mitgearbeitet hatte, als mit unserer Suche. Aber als Staatsdiener wusste er sehr gut, wie er einen hübschen Ausflug als Notwendigkeit verkaufen konnte.
Frontinus hatte eine Botschaft an Petro mit der
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