Drei Hände Im Brunnen
einem Esel – von mir aus auch von Perseus auf seinem geflügelten Pferd. »Unser einziger Verdächtiger ist ein Kutscher.«
Maia warf den Kopf zurück. »Das bildet ihr euch doch nur ein, Lucius Petronius und du!«
»Vertrau uns.«
»Entschuldige, Marcus, wie kann ich das? Ich kenne Petro und dich.«
»Dann weißt du auch, dass wir unsere Erfolge hatten.« Ich bemühte mich, nicht außer Kontrolle zu geraten. Wenn man es mit Mädchen voll wilder Theorien zu tun hat, sollte man immer offen für Vorschläge erscheinen.
»Ich weiß nur, dass ihr zwei Verrückte seid.«
Ich wandte mich an Helena Justina. Sie hatte mit der niedergeschlagenen Art einer Frau zugehört, der klar ist, dass sie Vernunft zeigen muss, egal, was ihr Herz sagt. »Unsere Idee ist gut, Marcus, aber ich verstehe, warum du nervös bist …«
»Es ist viel zu gefährlich.«
»Du bist ja da, um uns zu beschützen.«
»Ich weiß euer Angebot zu schätzen. Ihr beide bedeutet mir zu viel, und ich will nicht, dass ihr das tut. Ich kann euch nicht einsperren …«
»Wag es ja nicht!«, unterbrach Maia mich.
Ich konnte sie nur bitten, mir zu versichern, dass sie auf meine Warnung hören und nichts Dummes tun würden, nachdem ich gegangen war. Sie standen mit mitleidigem Gesichtsausdruck da, versprachen dann so feierlich, sich gut zu benehmen, dass klar war, sie würden tun, was immer ihnen einfiel.
Es war Zeit, meinen Dolch zu schärfen und mich auf Gefahr einzustellen. Ich hatte keine Zeit, mich mit diesen beiden Frauen abzugeben, die nur darauf aus waren, mich zu verärgern.
Manche Männer würden die Frauen, die sie lieben, in einem verzweifelten Fall Risiken eingehen lassen. Helena und Maia waren mutig und gewitzt; falls wir je Lockvögel einsetzen sollten, wären sie am geeignetsten dafür. Aber der Einsatz von Lockvögeln war zu gefährlich. Es konnte zu viel Unerwartetes passieren. Ein Fehler oder ein Trick, und sie wären enttarnt. Es dauert nur Sekunden, eine Frau zu schnappen, ihr die Kehle durchzuschneiden und sie für immer zum Schweigen zu bringen.
»Bitte, bleibt zu Hause«, flehte ich, als ich zu meiner nächtlichen Wache aufbrach. Vielleicht hatten sie weiter diskutiert, während ich mich auf das Kommende vorbereitete, denn sie küssten mich beide ruhig wie wohlerzogene Schätzchen. Sie machten mir das Herz schwer.
Die beiden wirkten viel zu gefügig. Hatten sie vor, ihren verrückten Plan auszuführen, ohne mir etwas davon zu sagen? Gute Götter, ich hatte auch schon so genug Probleme.
LV
Wir hielten die ganze Nacht vor dem Circus Wache. Wieder patrouillierte ich in der Straße der Drei Altäre; Petro hatte beim Tempel von Sonne und Mond Posten bezogen. Es war eine milde, klare und feuchte Nacht. Nicht zu heiß, aber warm genug, um eine erregte Atmosphäre zu erzeugen. Mädchen flanierten in dünnen Kleidchen durch die Straßen, die Schulterbroschen gelockert und die Seitenschlitze halb geöffnet. Fröhlich verzehrten sie ihre Nüsse und Süßigkeiten und achteten kaum darauf, wer sie anglotzte oder ihnen vielleicht folgte. Nackte Arme, nackte Hälse, nackte Köpfe: offene Einladungen zur Wollust. Nie hatte ich so viele sorglose und selbstbewusste römische Frauen gesehen, die offenbar keine Ahnung hatten von ihrer körperlichen Angreifbarkeit.
Mich verließ der Mut. Es waren viel zu viele Menschen, viel zu wenige Wachtposten, viel zu viele Ausgänge vom Circus, viel zu viele Straßen, in denen unbesorgte Frauen auf dem Heimweg in der Dunkelheit entführt werden konnten.
Wir blieben, bis wir vor Müdigkeit nicht mehr auf den Beinen zu stehen vermochten. Unsere Konzentration wurde übermäßig beansprucht, nicht zuletzt deswegen, weil wir keine Ahnung hatten, auf wen wir in der Menge achten sollten. Die Vorstellungen waren zu Ende, die Sänften und Tragestühle waren gekommen und wieder verschwunden, die Prostituierten und Betrunkenen hatten den Bezirk übernommen, und dann waren selbst sie nach Hause gegangen.
Beim ersten Morgenlicht begab ich mich hinüber zum Tempel.
Petro und ich blieben noch ein paar Minuten dort stehen und sahen uns um.
Die Straßen und Tempelstufen waren mit Abfall bedeckt. Streunende Hunde und vermummte Bettler wühlten darin herum. Ein paar Lampen flackerten noch schwach. Stille hatte sich herniedergesenkt, nur unterbrochen von gelegentlichen beunruhigenden Geräuschen aus dunklen Seitengassen.
»Wenn er
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