Drei Hände Im Brunnen
dem Ersten des Monats. Wir hatten Grund zu der Annahme, dass Aberglaube die Leute vom Reisen abhalten würde und sie daher für die Festlichkeiten bereits an den Kalenden nach Rom kommen würden. Um völlig sicher zu sein, dass wir rechtzeitig vor Ort waren, begannen wir unsere Wache bereits am Tag davor.
Wir überwachten die Stadttore. In der Hoffnung, dass unsere Theorie stimmte, konzentrierten wir uns auf die Ostseite. Petro und ich wechselten uns an der Porta Tiburtina und der Porta Praenestina ab, wo wir uns jeden Abend einfanden, nachdem die Sperrstunde für Fahrzeuge aufgehoben worden war und die Karren nach Rom hineinrollten. Wir blieben, bis der Verkehr im Morgengrauen nachließ. Dank Julius Frontinus hatte der Präfekt der Vigiles uns die Hilfe seiner Leute zugesichert; zusätzlich deckten sie auch noch die beiden Tore nördlich des Prätorianerlagers und zwei weitere im Süden ab.
»Ich hoffe, du bist bereit«, meinte Petro, »den Vigiles zu sagen, dass sie nach einem rothaarigen Zwerg mit Bart und Hinkebein Ausschau halten sollen.«
»Sie werden das für einen Witz halten.«
»Falco, ich bin zu dem Schluss gekommen, dass alles, woran du beteiligt bist, ein Witz ist«, gab er zurück, ziemlich bitter, wie ich fand.
Wir erwarteten, dass unser Mörder die Porta Tiburtina nehmen würde, sei es nun unser rothaariger Verdächtiger Damon oder jemand anderes. Sowohl die Via Tiburtina als auch die Via Collatina führen durch dieses Tor nach Rom. Dort und auch an der Porta Praenestina, wo die Straße aus derselben allgemeinen Richtung aus der Campania endete, hielten die Vigiles jedes Fahrzeug an und trugen es in eine Liste ein.
Das verursachte einige Aufregung, um es milde auszudrücken. Wir nannten es eine Verkehrszählung, angeordnet vom Kaiser. Jeder Fahrer wurde gefragt, woher er kam und, »um die weitere Verkehrsplanung zu erleichtern«, wohin er in Rom wollte. Viele rückten nur ungern mit der Sprache heraus, und manche belogen uns bestimmt aus Prinzip. Wurden sie nach dem Grund für ihre Reise gefragt und danach, wie oft sie zu den Festlichkeiten herkamen, brausten einige Mittel- und Oberschichtsinsassen der Kutschen auf und sagten, sie würden sofort Beschwerde bei Vespasian einlegen, sobald sie wieder zu Hause seien. Natürlich kamen wir dann mit der Ausrede »Tut uns Leid, Herr, Befehl von ganz oben« und »Ich kann nichts dafür, Tribun, ich tu nur meine Arbeit« – und natürlich verärgerte sie das am meisten. Fuhren sie dann mit Funken schlagenden Rädern davon, waren sie zumindest so mit ihrer Wut beschäftigt, dass sie nicht überlegten, was unser wahres Motiv sein könnte.
Die dickbäuchige vierrädrige bronzegeschmückte Raeda schwankte an den Kalenden durch die Porta Tiburtina. Ich hatte gerade Dienst, war auf meinem Posten eingetroffen, als die ersten Fahrzeuge eingelassen wurden. Die große Kutsche wurde von vier Pferden gezogen, fuhr aber im Tempo eines Leichenwagens. Dadurch hatte sich bereits ein Verkehrsstau von einer Meile Länge gebildet. Die Kutsche war nicht zu übersehen. Nicht nur wegen der gereizten Rufe der frustrierten Fahrer hinter ihr, sondern auch wegen des rothaarigen kleinen Kutschers, nach dem wir alle Ausschau hielten.
Ich trat zurück und ließ einen der Vigiles den Amtsstab zum Anhalten der Kutsche heben. Ich konnte sehen, dass die kurzsichtige Aurelia Maesia aus dem Wagenfenster lugte. Sie war der einzige Passagier. Damon, der Kutscher, war Ende vierzig, sommersprossig, hellhäutig und rothaarig bis hin zu den Augenbrauen und Wimpern. Als Frauenverehrer sah er nach gar nichts aus. Was aus einem seltsamen Grund oft der Fall ist.
Während die Vigiles mit ihrer Frageliste an die Kutsche traten, beobachtete ich das Ganze aus dem Schatten des inneren Tores, nahe genug, um zuhören zu können. Einzelheiten wurden notiert über Aurelia Maesias Pläne für ihren Aufenthalt in Rom bei ihrer Schwester, deren Name Aurelia Grata war, wohnhaft in der Via Lata. Sie sagte aus, dass sie bis zum Ende der Augustalia bleibe, und gab als Grund ein Familientreffen an. Damon nannte den Namen eines Stalls außerhalb der Porta Metrovia, wo er mit den Pferden und der Kutsche bleibe, und schloss sich dann dem normalen nächtlichen Verkehrsstau in Rom an. Einer von den Vigiles, der im Voraus dafür abgestellt worden war, folgte der Kutsche zu Fuß. Er sollte Damon bis zu dem genannten Stall beschatten und sich dann dort für die Dauer der Spiele auf
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