Drei Hände Im Brunnen
»Wirst du mir helfen, Falco?«
Ich zuckte mit den Schultern. Das war mein Beruf. Außerdem waren die Camilli Teil meiner Familie.
»Das Schlimmste weißt du noch gar nicht.« Aelianus biss die Zähne zusammen. »Vorhin hab ich mit einem Nussverkäufer gesprochen. Der Mann sagte, er habe ein Mädchen gesehen, das meiner Beschreibung von der allein am Tor wartenden Claudia entsprach. Ein bisschen später hat sie dann mit dem Kutscher eines Fahrzeugs geredet – ein Karren, aber da war er sich nicht ganz sicher. Er meint, sie sei eingestiegen und dann mit großer Geschwindigkeit weggefahren worden.«
»In welche Richtung?«
Er hatte natürlich keine Ahnung. Eine Beschreibung des Kutschers hatte er sich auch nicht geben lassen. Und der Nussverkäufer war längst verschwunden.
Wir schickten die Sklaven nach Hause.
In raschem Tempo begab ich mich mit Aelianus zur Straße der Drei Altäre. An der Stelle, wo Petro normalerweise Posten bezog, fand ich ein Mitglied der Vigiles. Der Mann sagte mir, dass Petronius weggegangen sei.
»Wo zum Hades ist er hin?«
»Er verfolgt einen Verdächtigen.«
»Welchen Verdächtigen?«
»Einen Rothaarigen mit Hinkebein.«
»Hier? Damon? Der wurde doch von einem deiner Kollegen beschattet!« Außerdem waren wir uns alle einig gewesen, dass Damon nicht unser Verdächtiger war.
»Petro wollte ihn dabei unterstützen. Er meinte, hier tue sich doch nichts. Er würde seiner Nase folgen.«
»Wann war das?«
»Schon vor einer ganzen Weile. Er hat mir befohlen, hier zu warten, aber inzwischen sind alle nach Hause gegangen. Ich wollte gerade los, um dir zu sagen, dass du nicht mehr mit ihm rechnen sollst.«
Ich fluchte leise. »War Damon allein?«
»Er hatte eine Frau bei sich.«
»Hübsches Mädchen in einem weißen Kleid mit einer ziemlich großen Nase?«
»Nein. Eine Schlampe in einem roten Rock. Zeigte viel Bein.« Er konnte sie später ausgetauscht haben. Mädchen, die ihre Beine zeigen, spüren oft, dass es Ärger geben könnte. Der Rotrock hatte ihn möglicherweise abblitzen lassen. Claudia war ihm vielleicht als viel einfacheres Opfer erschienen – aber Damon konnte genauso gut noch mit dem Rotrock zusammen sein, während jemand anderes Claudia hatte.
Falls dem so war, hatten wir keine Ahnung, wer das sein könnte.
»Finde raus, wo sie hingegangen sind. Finde Petro. Sag ihm – nein, erst bringst du deinem Kommandanten eine Nachricht: Ein ehrbares Mädchen ist heute Abend entführt worden, während wir alle rumstanden wie die Ölgötzen. Der Entführer verfügt über ein Fahrzeug. Falls er die Stadt noch nicht verlassen hat, müssen wir jedes Fahrzeug durchsuchen, das heute Nacht auf den Straßen ist, und wir müssen sofort damit anfangen. Konzentriert euch auf die östlichen Bezirke. Er ist in Richtung Tibur unterwegs.«
Der Ersatzwachmann sah besorgt aus. »Da wird sich nicht mehr viel tun. Die meisten Fahrzeuge sind schon weg.«
»Das weiß ich, Mann!«
Ich packte Aelianus bei der Schulter. Er war kreidebleich, die Haare standen ihm zu Berge, und das Herz schien ihm bersten zu wollen.
»Ich tu alles, was in meinen Kräften steht, Aulus. Wenn sie noch am Leben ist, bringe ich sie zu dir zurück. Aber ich kann nichts versprechen, also mach dich auf das Schlimmste gefasst.«
Er nahm es recht gut auf. »Was soll ich tun?«
Ich musterte ihn. Er hatte seine Panik unter Kontrolle. Aelianus stammte aus einer gescheiten Familie. Ich mochte ihn nicht, konnte mich aber auf seine Hartnäckigkeit verlassen. »Ich brauche einen Haftbefehl, aber wir wissen den Namen noch nicht. Versuch dein Bestes. Der Mann, der das alles organisiert hat, ist der Exkonsul Frontinus; er kennt deinen Vater. Der Magistrat, der den Haftbefehl ausstellen muss, heißt Marponius.« Rasch gab ich ihm beide Adressen. »Sie sind keine Nachtschwärmer, also solltest du sie zu Hause antreffen. Bring Marponius dazu, statt des Namens ›den Entführer von Claudia Rufina‹ einzutragen. Das sollte genügen. Begib dich damit auf schnellstem Wege zum Prätorianerlager. Die Stadtkohorten können dann hinter dem Verbrecher herreiten, falls er Rom verlassen hat.«
»Was ist mit dir, Falco?«
»Ich gehe direkt ins Lager und versuche sie zu überreden, jetzt schon loszureiten. Wenn ich sie nicht ohne den Haftbefehl dazu rumkriegen kann, reite ich allein.«
»Ich komme mit dir …«
»Nein!
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