Drei Hände Im Brunnen
drei Zoll breiten Gürtel mit einer »Leck mich«-Schnalle und mörderischen Beschlagnägeln, behängt mit Schwertscheiden, Beuteln, Kürbisflaschen und Amuletten. Ein kleiner Junge, der auf großer Mann machte – und der, da er Gaius war, damit durchkam. Er war ein Herumtreiber. Auf die Straße getrieben durch sein unerträgliches Zuhause und seine räuberische Natur, lebte er in einer eigenen Welt. Wenn wir ihn bis ins Erwachsenenalter brachten, ohne dass er vorher einer schrecklichen Katastrophe zum Opfer fiel, konnten wir uns gratulieren.
»Hör auf, meine Tür einzutreten, Gaius.«
»Hab ich doch gar nicht.«
»Ich bin nicht taub, und diese neuen Fußabdrücke haben deine Größe.«
»Hallo, Onkel Marcus.«
»Hallo, Gaius«, erwiderte ich geduldig. Helena war hinter mir herausgekommen. Sie war der Ansicht, Gaius brauchte mitfühlende Unterhaltung und Verhätschelung statt einer ordentlichen Tracht Prügel, die der Rest meiner Familie für Tradition hielt.
»Ich hab dir was mitgebracht.«
»Wird es mir gefallen?« Ich ahnte schon, was es war.
»Natürlich! Es ist ein Supergeschenk …« Gaius besaß einen Sinn für trockenen Humor. »Na ja, es ist noch so ein ekliges Ding, das du für deine Nachforschungen suchst. Ein Freund von mir hat es in einer Abflussrinne auf der Straße gefunden.«
»Spielst du oft in Abflüssen?«, fragte Helena besorgt.
»Aber nein«, log er, um jeder Belehrung aus dem Weg zu gehen. Er fummelte in einem seiner Beutel und holte sein Geschenk heraus. Es war klein, nicht viel größer als ein Würfel. Er zeigte es mir, zog es aber rasch wieder weg. »Wie viel zahlst du?« Ich hätte wissen müssen, dass der Bengel von der Belohnung gehört hatte, mit der Petro warb. Der gerissene kleine Gauner hatte wahrscheinlich ganze Horden von Straßenkindern beauftragt, an unappetitlichen Plätzen nach Schätzen zu suchen, die ich ihm abkaufen würde.
»Wer hat dir erzählt, dass ich noch mehr von diesen widerlichen Fundstücken haben will, Gaius?«
»Alle reden davon, was ihr, du und Petro, sammelt. Vater ist wieder zu Hause«, erwiderte er, also wusste ich, wer da die größten Töne spuckte.
»Wie schön.« Ich lehnte es ab, einem dreizehnjährigen Jungen zu sagen, dass ich seinen Vater für einen unzuverlässigen Perversling hielt. Gaius war gewitzt genug, das selbst rauszukriegen.
»Vater sagt, er fischt dauernd Leichenteile aus dem Fluss …«
»Lollius muss den Geschichten anderer immer noch eins draufsetzen. Hat er dir wilde Märchen über zerstückelte Leichen erzählt?«
»Er weiß alles darüber! Hast du die Hand noch? Kann ich sie sehen?«
»Nein, hab ich nicht und kannst du nicht.«
»Das ist der aufregendste Fall, den du je hattest, Onkel Marcus«, teilte mir Gaius ernst mit. »Wenn du in die Kloaken runter musst, um nach weiteren Leichenteilen zu suchen, kann ich dann mitkommen und dir die Lampe halten?«
»Ich steige nicht in irgendwelche Kloaken, Gaius. Die Teile wurden in den Aquädukten gefunden. Selbst du solltest den Unterschied kennen. Außerdem kümmert man sich bereits darum. Ein Beamter untersucht die Angelegenheit im Auftrag des Kurators der Aquädukte, und Petronius und ich können wieder unserer üblichen Arbeit nachgehen.«
»Bezahlt uns die Wasserbehörde für Knochen und so Zeug?«
»Nein, sie werden euch wegen Aufruhrs festnehmen. Der Kurator will, dass die Sache nicht an die große Glocke gehängt wird. Und wahrscheinlich hast du sowieso nichts Wichtiges gefunden.«
»O doch«, widersprach mir Gaius hitzig. »Einen großen Zeh!« Helena, die hinter meiner Schulter stand, erschauderte. Erpicht darauf, sie zu beeindrucken, zog der Bengel erneut den dunklen Knubbel heraus, fragte mich dann aber wieder, wie viel ich dafür zahlen würde. Ich sah mir das Ding an. »Hör doch auf, Gaius. Geh mir nicht damit auf die Nerven, mir einen alten Hundeknochen anbieten zu wollen.«
Gaius betrachtete das Ding genau und gab dann traurig zu, dass er versucht hatte, mir was anzudrehen. »Ich halt trotzdem die Lampe für dich, wenn du in die Kloaken steigst.«
»Die Aquädukte, wie ich dir schon gesagt habe. Außerdem wär’s mir lieber, du würdest das Baby halten, damit ich nicht ausgeschimpft werde, wenn ich es allein lasse.«
»Gaius hat Julia noch gar nicht gesehen«, meinte Helena. Mein Neffe hatte sich der Vorstellungsparty entzogen. Er hasste
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