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Drei Hände Im Brunnen

Drei Hände Im Brunnen

Titel: Drei Hände Im Brunnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Familientreffen – ein Junge mit verborgenen Qualitäten.
     
    Zu meiner Überraschung fragte er, ob er sie jetzt sehen dürfe. Helena nahm ihn mit hinein und hob das Baby sogar aus der Wiege, damit er es halten konnte. Nach einem entsetzten Blick nahm er das schlafende Bündel entgegen (aus irgendeinem Grund war Gaius immer einigermaßen höflich zu Helena), und dann sahen wir, wie das berühmte Raubein von unserem winzigen Knirps überwältigt wurde, bis er über ihre kleinen Finger und Zehen regelrecht in Verzückung geriet. Wir versuchten ihm unsere Abneigung für seine Rührseligkeit nicht zu zeigen.
     
    »Ich dachte, du hättest selbst kleine Brüder und Schwestern«, sagte Helena.
     
    »Ach, mit denen hab ich absolut nichts am Hut!«, erwiderte Gaius verächtlich. Er sah nachdenklich aus. »Wenn ich auf sie aufpassen würde, gäb’s dafür eine Bezahlung?«
     
    »Natürlich«, sagte Helena sofort.
     
    »Wenn du es ordentlich machst«, fügte ich schwach hinzu. Ich würde Gaius eher auf einen Rattenkäfig aufpassen lassen, aber wir waren in einer verzweifelten Lage. Zudem hätte ich nie gedacht, dass er sich dazu bereit erklären würde.
     
    »Wie viel?« Er war ein wahres Mitglied der Didii.
     
    Ich nannte eine Summe, Gaius verdoppelte sie, reichte Julia dann ganz vorsichtig wieder Helena und beschloss, nach Hause zu gehen.
     
    Helena rief ihn zurück und gab ihm ein Zimtteilchen (zu meiner Verärgerung, da ich es bereits auf dem Tisch entdeckt und mich darauf gefreut hatte, es selbst zu verputzen). Dann küsste sie ihn förmlich auf die Wange. Gaius verzog das Gesicht, ließ es aber über sich ergehen.
     
    »Jupiter! Ich hoffe, er ist sauber. Ich habe ihn das letzte Mal in die Thermen gezerrt, bevor wir nach Spanien aufbrachen.«
     
    Wir sahen ihm nach. Noch immer hielt ich seinen kleinen Schatz aus den Ablaufrinnen in der Hand. Ich war zufrieden mit mir, dass ich seinen Bestechungsversuch abgewehrt hatte, obwohl mich trotzdem gemischte Gefühle erfüllten.
     
    »Wieso das?«, fragte Helena zweifelnd und rechnete bereits mit dem Schlimmsten.
     
    »Hauptsächlich, weil ich glaube, dass es wirklich ein menschlicher Zeh ist.«
     
    Helena strich mir sanft über die Wange, als würde sie ein wildes Tier bändigen, so wie sie es auch mit Gaius gemacht hatte. »Tja, da hast du es«, murmelte sie. »Anacrites kann machen, was er will – aber du hast offenbar trotzdem noch Interesse an der Sache.«
     

XVI
    Lenia erlaubte Petro und mir, einen Anschlag an der Wäscherei aufzuhängen, auf dem stand, dass alle Körperteile aus den Wasserzuflüssen jetzt per Verordnung bei Anacrites abzugeben seien. Das half.
     
    Wir waren inzwischen so berüchtigt, dass sich selbst der Strom der regulären Klienten erhöhte. Meist brachten sie uns Arbeit, die wir mit geschlossenen Augen erledigen konnten. Da gab es die üblichen Anwälte, die Zeugenaussagen von Leuten außerhalb Roms brauchten. Das überließ ich Petro. Es war eine gute Möglichkeit, ihn davon abzulenken, wie sehr ihm seine Kinder fehlten – und dafür zu sorgen, dass er sich mit weiteren Besuchen bei Balbina Milvia nicht in die Nesseln setzte. Außerdem hatte er noch nicht begriffen, dass die Anwälte uns nur beauftragten, weil es so öde wie der Hades war, mit einem Maulesel nach Lavinium und zurück zu reiten, nur um sich von einem alten Weib anzuhören, wie ihr noch älterer Bruder ausgerastet war und einem Stellmacher eine halbe Amphore über den Schädel geknallt hatte (wobei man bedenken musste, dass der Stellmacher wahrscheinlich kalte Füße kriegen und die Klage gegen den Bruder zurückziehen würde).
     
    Ich beschäftigte mich damit, Schuldner aufzuspüren und die Moral potenzieller Ehemänner für vorsichtige Familien auszukundschaften (was sich doppelt bezahlt machte, weil ich dem jeweiligen Bräutigam vorschlagen konnte, von mir die finanzielle Situation der Familie seiner Braut überprüfen zu lassen). Mehrere Tage lang war ich ein hingebungsvoller Privatschnüffler. Als das seinen Reiz verlor, holte ich den großen Zeh aus der leeren Vase auf einem hohen Bord außerhalb von Nux’ Reichweite und ging damit zum Forum, um zu sehen, ob ich Anacrites nerven konnte.
     
    Ihm wurden so viele eklige Fundstücke von Leuten gebracht, die meinten, die Belohnung gelte immer noch, dass er einen Extraraum und zwei Schreiber dafür eingesetzt hatte. Ein rascher Blick sagte mir, dass man die meisten Fundstücke hätte ablehnen sollen, aber die Beamten

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