Drei Hände Im Brunnen
Innere war mit Gegenständen voll gestopft: diese speziellen Waagen, die man Chorobates nannte, Messlatten, Dioptra, Gromae, ein Hodometer, eine tragbare Sonnenuhr, Senkbleie, gewachste Messbänder, Zeichendreiecke, Stechzirkel, Kompasse. Ein halb gegessenes Wurstbrötchen lag auf einer entrollten Karte, in der ich eines der Diagramme erkannte, die der hochtrabende Statius als zu geheim für uns erklärt hatte. Bolanus hatte sie offen auf dem Tisch liegen, damit er sie jederzeit zu Rate ziehen konnte.
Als ich auftauchte, schien er gerade erst selbst wieder gekommen zu sein. Arbeiter, die auf seine Rückkehr gewartet hatten, standen draußen geduldig Schlange, um ihm Auftragszettel und Anweisungen vorzulegen. Er bat mich zu warten, während er rasch diejenigen abfertigte, denen er sofort helfen konnte, und anderen versprach, sie so bald wie möglich an ihrer Arbeitsstelle aufzusuchen. Sie gingen davon, als wüssten sie, dass er sich an das Versprechen halten würde. Die Schlange hatte sich aufgelöst, bevor ich mich zu langweilen begann.
Er war ein kleiner, breitschultriger, kräftiger Mann mit einem kahl geschorenen Kopf, kurzen, dicken Fingern und keinem Hals. Seine Tunika hatte dieses dunkle Rot, das in der Wäsche immer streifig wird, gehalten von einem verschlissenen Ledergürtel, den er schon vor fünf Jahren hätte wegschmeißen sollen. Er setzte sich sehr vorsichtig auf seinen Hocker, als hätte er Rückenschmerzen. Eines seiner braunen Augen wirkte verschwommen, aber beide schauten sehr intelligent.
»Mein Name ist Falco.«
»Ja.« Er erinnerte sich an mich. Ich bilde mir gern ein, dass ich die Menschen beeindrucke, aber mit vielen Leuten kann man eine Stunde lang reden, und wenn sie einen später in einem anderen Zusammenhang wieder sehen, erinnern sie sich nicht mehr.
»Ich will Ihnen nicht auf die Nerven gehen, Bolanus.«
»Wir alle haben unsere Arbeit zu erledigen.«
»Würde es Ihnen was ausmachen, wenn wir unsere Unterhaltung von heute Morgen fortführen?«
Bolanus zuckte mit den Schultern. »Nehmen Sie sich einen Hocker.«
Ich zog mir einen freien Hocker heran, und er ergriff die Gelegenheit, sein halb gegessenes Salamibrötchen zu verputzen. Doch zuerst holte er einen Korb unter dem Tisch hervor, schlug das makellose Tuch darüber zurück und bot mir etwas von dem üppigen Picknick an. Das beunruhigte mich. Leute, die höflich zu Ermittlern sind, haben gewöhnlich etwas zu verbergen. Aber es war alles so schmackhaft, dass ich meinen Zynismus beiseite schob.
»Schauen Sie, Sie wissen, wo das Problem liegt …« Ich hielt inne und gab ihm mit einer Geste zu verstehen, wie gut alles schmeckte. »Wir müssen einen Wahnsinnigen finden. Es ist uns rätselhaft, wie er diese Überreste in die Wasserleitungen bekam. Verlaufen die meisten Leitungen nicht unterirdisch?«
»Es gibt Zugangsschächte für die Wartung und Instandhaltung.«
»Wie bei den Kloaken.« Die kannte ich. Schließlich hatte ich da selbst eine Leiche reingeworfen. Helenas Onkel Publius.
»Die Kloaken haben wenigstens einen Ausgang zum Fluss, Falco. Alles in den Aquädukten landet früher oder später zum Entsetzen der Öffentlichkeit in einem Badehaus oder einem Brunnen. Will er, dass die Leichenteile entdeckt werden?«
»Vielleicht wirft er sie nicht absichtlich da rein, und sie geraten nur zufällig in die Aquädukte?«
»Kommt mir wahrscheinlicher vor.« Bolanus biss herzhaft zu. Ich wartete, während er kaute. Er schien ein Mann zu sein, den man nicht drängen musste. »Ich hab über die Sache nachgedacht, Falco.«
Das konnte ich mir gut vorstellen. Er war praktisch, ließ Probleme nicht einfach Probleme sein. Wenn etwas rätselhaft war, würde es ihn nicht in Ruhe lassen. Wenn er Lösungen vorschlug, würden sie funktionieren. So einen wie ihn hätte ich als Schwager brauchen können statt der Nichtsnutze, die meine Schwestern geheiratet hatten. Ein Mann, mit dem man eine Sonnenterrasse bauen konnte. Ein Mann, der vorbeikommen und den kaputten Fensterladen reparieren würde, wenn man im Urlaub war.
»Die Aquädukte, die über Brückenbögen verlaufen, haben gewölbte Abdeckungen oder gelegentlich auch Steinplatten über den Wasserrinnen. Das schützt sie hauptsächlich gegen Verdunstung. Man kann also nicht irgendwelchen Abfall hochwerfen und hoffen, dass er in der Rinne landet, Falco. Die Wartungsschächte sind im Abstand von zweihundertvierzig Fuß
Weitere Kostenlose Bücher