Drei Hände Im Brunnen
eine Hure heranmachte, rief bei anderen kaum Misstrauen hervor. Die Frauen waren offenbar alle ohne Zeugen von der Straße verschwunden.
Wenigstens konnten wir dem Konsul berichten, dass wir ein bisschen weitergekommen waren. Petronius schlug bei unserem nächsten Treffen Frontinus vor, am letzten Abend der Spiele die Vigiles als Wachen um Hilfe zu bitten. Er wollte die ganze Umgebung des Circus mit Zivilstreifen absichern, die speziell die Prostituierten im Auge behielten.
»Der Mörder beschränkt seine Aufmerksamkeit nicht auf Prostituierte«, wies Frontinus Petro hin. »Asinia war eine ehrbare Frau.«
»Ja, schon. Es ist möglich, dass Asinia ein Versehen war. Sie war allein, spät am Abend, also hat er vielleicht die falschen Schlüsse gezogen. Die andere Möglichkeit wäre, dass er sein Interesse ausgeweitet hat. Aber die Nachtfalter, die in den Kolonnaden arbeiten, sind immer noch die ungeschütztesten.«
»Wie viele registrierte Prostituierte gibt es in Rom?«, fragte der Konsul, wie immer ganz heiß auf Zahlen.
»Zweiunddreißigtausend bei der letzten Zählung.« Petronius sagte das in seiner üblichen ruhigen Art und überließ es Frontinus, sich auszumalen, wie unmöglich es war, sie alle schützen zu wollen.
»Und was ist unternommen worden, um herauszufinden, ob auch andere ehrbare Frauen entführt worden sind?«
»Mein ehemaliger Stellvertreter Martinus ist inzwischen Untersuchungsbeamter bei der Sechsten Kohorte. Er hat sich die ungelösten Fälle von Vermissten vorgenommen und führt erneut Befragungen bei deren Familien durch. Er glaubt, dass ein oder zwei dem Aquäduktmörder zum Opfer gefallen sein könnten, hat aber bisher noch nichts Definitives in der Hand.«
»Hätte das nicht längst von den Vigiles entdeckt werden müssen?«
Petronius zuckte mit den Schultern. »Vielleicht. Aber Martinus können Sie das nicht zum Vorwurf machen, denn der war zu der Zeit bei mir auf dem Aventin. Verschiedene Beamte haben die Berichte aufgenommen, und das über einen längeren Zeitraum. Außerdem, wenn eine Frau während der Festtage verschwindet, nehmen wir zunächst einmal an, dass sie mit einem Liebhaber durchgebrannt ist. In ein oder zwei Fällen hat Martinus auch genau das herausgefunden; die Frauen leben jetzt definitiv mit ihrem Freund zusammen. Eine ist sogar zu ihrem Ehemann zurückgekehrt, weil sie sich mit ihrem Freund zerstritten hat.«
»Wenigstens kann Martinus die Fälle jetzt abschließen«, sagte ich.
Meine eigenen Ermittlungen befassten sich nach wie vor mit der Wasserversorgung.
Bolanus hatte meine ewige Nachbohrerei bald satt. Für ihn stand fest, dass es keinen leicht erreichbaren Zugang zu den Aquädukten in Rom selbst gab. Die Leitungen, die nicht unterirdisch verliefen, wurden über riesige, hundert Fuß hohe Bogenbrücken durch die Campania geführt. Auch nach Erreichen der Stadt blieben sie hoch, um die Straßen zu überqueren und die Wasserspeicher zu füllen.
Bolanus hatte Arbeiter gefragt, denen er traute, ob unser Mann vielleicht ein Angestellter der Wasserbehörde war und auf diese Weise Zugang erhalten hatte. Falls jemand Zweifel an einem seiner Mitsklaven hatte, wäre das Bolanus sicherlich zu Ohren gekommen. Bei der Wasserbehörde wurde Korruption in großem Stil betrieben, das war allgemein bekannt. Die Bereitschaft der Beamten, Bestechungen anzunehmen, war legendär, ebenso wie ihre Widersetzlichkeit, wenn die Bestechungsgelder nicht flossen. Aber perverse Morde waren ein besonderes Verbrechen. Jeder, der einen ernsthaften Verdacht gegen einen Kollegen hegen würde, hätte ihn gemeldet.
Julius Frontinus begann Interesse an Bolanus zu zeigen. Er war fasziniert von dem System und zeichnete einen eigenen Lageplan. Eines Tages nahm Bolanus uns beide mit zur Kreuzung der Aqua Claudia und Aqua Marcia, um seine Theorie zu demonstrieren, dass abgetrennte Gliedmaßen zunächst in den einen Kanal gelangten und erst später in einen anderen geschwemmt wurden, um uns über die ursprüngliche Quelle zu verwirren.
Bolanus brachte uns zu einer Abzweigung der Marcia. Der Kanal war übermannshoch, hatte eine flache Abdeckung und war mit glattem, wasserundurchlässigem Zement ausgekleidet.
»Kalk und Sand oder Kalk und Ziegelsplitter«, erklärte uns Bolanus, als wir durch einen Wartungsschacht hinunterkletterten. »Vorsicht, Konsul. Wird in Schichten aufgetragen. Braucht drei Monate, bis es sich gesetzt hat.
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