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Drei Kameraden

Drei Kameraden

Titel: Drei Kameraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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Sie blieb stehen und blickte mich
    an. »So«, sagte sie, »so...« Nur die Federn ihres Reiherhutes zitterten. Und plötzlich, ohne daß ich merken konnte, was vor sich ging, sah ich, wie die aufgeputzte, parfümierte Frau vor mir alt wurde. Es war, als schlüge die Zeit wie ein Gewitterregen auf sie ein, jede Sekunde wie ein Jahr – die Spannung zerbrach, der Triumph erlosch, das Gesicht wurde morsch. Falten krochen wie Würmer hinein, und als sie dann mit einer tastenden, unsicheren Bewegung nach einer Stuhllehne griff und sich hinsetzte, als fürchte sie, etwas zu zerbrechen, da war es, als wäre das nicht derselbe Mensch – so müde, verfallen und alt sah sie aus.
     »Was hat er gehabt?« fragte sie, ohne die Lippen zu bewegen.
     »Es ist plötzlich gekommen«, sagte ich.
     Sie hörte nicht zu. Sie blickte auf ihre Hände. »Was mache ich jetzt?« murmelte sie. »Was mache ich nur jetzt?«
     Ich wartete eine Zeitlang. Ich fühlte mich scheußlich. »Sie haben doch sicher jemand, zu dem Sie gehen können«, sagte ich schließlich. »Es ist am besten, Sie bleiben nicht hier. Sie wollten doch auch nicht hierbleiben...«
     »Das ist doch alles anders nun«, erwiderte sie, ohne aufzusehen. »Was soll ich jetzt nur machen?«
     »Sie haben doch sicher jemand, der auf Sie wartet. Gehen Sie zu ihm und besprechen Sie alles mit ihm. Und dann gehen Sie nach Weihnachten zum Polizeirevier. Da sind die Sachen hinterlegt, auch die Bankausweise. Sie müssen sich dort melden, damit Sie das Geld ausgezahlt bekommen.«
     »Geld, Geld«, murmelte sie stumpf. »Was für Geld?«
     »Ziemlich viel. Zwölfhundert Mark ungefähr.«
     Sie hob den Kopf. Ihre Augen hatten plötzlich einen irrsinnigen Ausdruck. »Nein!« kreischte sie, »das ist nicht wahr!«
     Ich gab keine Antwort. »Sagen Sie, daß es nicht wahr ist«, flüsterte sie.
     »Vielleicht ist es nicht wahr. Aber vielleicht hat er es auch heimlich als Notgroschen zurückgelegt.«
     Sie stand auf. Sie war auf einmal völlig verändert. Ihre Bewegungen hatten etwas ruckartig Mechanisches. Sie näherte ihr Gesicht ganz dicht dem meinen. »Ja, es ist wahr«, zischte sie, »ich fühle, es ist wahr! Dieser Schuft! Oh, dieser Schuft! Läßt mich das alles durchmachen, und dann ist es so! Aber ich werde es nehmen und werde es 'rausschmeißen, alles an einem Abend, auf die Straße werde ich es schmeißen, damit nichts mehr davon bleibt! Nichts! Nichts!«
     Ich schwieg. Ich hatte genug. Sie war über den Anfang hinweg, sie wußte, daß Hasse tot war, mit dem andern mußte sie nun selbst fertig werden. Wahrscheinlich würde sie noch einmal umkippen, wenn sie hörte, daß er sich erhängt hatte, aber das war ihre eigene Sache. Man konnte Hasse ihretwegen nicht wieder lebendig machen.
     Sie weinte jetzt. Sie quoll nur so über von Tränen. Sie weinte hoch und kläglich, wie ein Kind. Es dauerte eine Zeitlang. Ich hätte viel gegeben, wenn ich eine Zigarette hätte rauchen können. Ich konnte nicht sehen, wenn jemand weinte.
     Endlich hörte sie auf. Sie trocknete ihr Gesicht, holte mechanisch ihre Puderdose hervor und puderte sich, ohne in den Spiegel zu schauen. Dann steckte sie die silberne Dose wieder weg, aber sie vergaß ihre Handtasche zu schließen. »Ich weiß nichts mehr«, sagte sie mit gebrochener Stimme, »ich weiß nichts mehr. Er war wohl ein guter Mann.«
     »Das war er.«
     Ich sagte ihr noch die Adresse des Polizeireviers und daß es heute schon geschlossen sei. Es schien mir besser, wenn sie nicht gleich hinging. Es war genug für heute.

     Als sie fort war, kam Frau Zalewski aus ihrem Salon. »Ist denn außer mir kein Mensch hier?« fragte ich, wütend über mich selbst.
     »Nur Herr Georgie. Was hat sie denn gesagt?« – »Nichts.«
    »Um so besser.«
    »Je nachdem. Manchmal ist es auch nicht besser.«
     »Ich habe kein Mitleid mit ihr«, erklärte Frau Zalewski energisch. »Nicht das geringste.«
     »Mitleid ist der nutzloseste Artikel, den es auf der Welt gibt«, sagte ich ärgerlich. »Es ist die Kehrseite der Schadenfreude, das sollten Sie wissen. Wie spät ist es denn jetzt?«
     »Dreiviertel sieben.«
     »Ich möchte um sieben mit Fräulein Hollmann telefonieren. Aber so, daß keiner zuhört. Geht das?«
     »Es ist ja niemand da, außer Herr Georgie. Frida habe ich schon fortgeschickt. Wenn Sie wollen, können Sie sich auch in die Küche setzen. Das Kabel reicht gerade so weit.«
     »Gut.«
     Ich klopfte bei Georgie. Es war lange her,

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