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Drei Kameraden

Drei Kameraden

Titel: Drei Kameraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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wollen wir nun mal richtig üben. Zunächst das Anfahren und das Halten.«
     Patrice Hollmann würgte ein paarmal den Motor ab. Sie knöpfte ihre Pelzjacke auf. »Mir wird warm dabei! Aber ich muß es lernen!«
     Sie saß eifrig und aufmerksam am Steuer und beobachtete, was ich ihr vormachte. Dann fuhr sie mit aufgeregten kleinen Ausrufen ihre ersten Kurven und hatte vor entgegenkommenden Scheinwerfern Angst wie vor dem Teufel, und ebensoviel Stolz, wenn sie glücklich passiert waren. Bald entstand in dem kleinen, vom Licht des Schaltbretts halb erhellten Raum ein Gefühl von Kameradschaft, wie es sich rasch bei technischen und sachlichen Dingen einstellt – und als wir nach einer halben Stunde die Plätze wechselten und ich zurückfuhr, waren wir vertrauter miteinander geworden, als wenn wir uns gegenseitig unsere ganze Lebensgeschichte erzählt hätten.

    In der Nähe der Nikolaistraße hielt ich den Wagen wieder
    an. Wir standen gerade unter einer roten Kinoreklame. Der Asphalt schimmerte matt darunter wie verblichener Purpur. An der Bordschwelle glänzte ein großer schwarzer Ölfleck.
     »So«, sagte ich, »jetzt haben wir uns redlich ein Glas zu trinken verdient. Wo wollen wir das tun?« Patrice Hollmann überlegte einen Augenblick. »Gehen wir doch wieder in die hübsche Bar mit Segelschiffen«, schlug sie dann vor.
     Ich war im Augenblick in höchstem Alarm. In der Bar saß jetzt todsicher der letzte Romantiker. Ich sah schon sein Gesicht. »Ach«, sagte ich rasch, »das ist doch nichts Besonderes. Es gibt viel nettere Lokale...«
     »Ich weiß nicht – ich fand es sehr hübsch neulich.«
     »Tatsächlich?« fragte ich verblüfft. »Sie fanden es neulich hübsch?«
     »Ja«, erwiderte sie lachend. »Sehr sogar...«
     So was! dachte ich, und deshalb habe ich mir Vorwürfe gemacht! »Ich glaube aber, es ist um diese Zeit sehr voll da«, versuchte ich noch einmal.
     »Wir können es uns ja mal ansehen.«
     »Ja, das können wir.« Ich überlegte, was ich machen sollte.
     Als wir ankamen, stieg ich rasch aus. »Ich schaue schnell mal nach. Bin gleich wieder da.«
     Es war kein Bekannter da, außer Valentin. »Sag mal«, fragte ich, »war Gottfried schon hier?«
     Valentin nickte. »Mit Otto. Sind vor 'ner halben Stunde weggegangen.«
    »Schade«, sagte ich aufatmend. »Hätte sie gern getroffen.«
     Ich ging zum Wagen zurück. »Wir können es riskieren«, erklärte ich. »Zufällig ist es nicht so schlimm heute.« Zur Vorsicht jedoch parkte ich den Cadillac um die nächste Ecke im tiefsten Schatten.
     Aber wir saßen noch keine zehn Minuten, als der strohblonde Kopf von Lenz an der Theke erschien. Verflucht, dachte ich, jetzt ist's passiert! Ein paar Wochen später war's mir lieber gewesen.
     Gottfried schien nicht bleiben zu wollen. Schon glaubte ich gerettet zu sein, da sah ich, daß Valentin ihn auf mich aufmerksam machte. Das hatte ich für meine Lüge von vorhin. Gottfrieds Gesicht, als er uns erblickte, wäre eine hervorragende Studie für einen lernbegierigen Filmschauspieler gewesen. Die Augen traten ihm heraus wie Spiegeleier, und ich hatte Sorge, daß ihm der Unterkiefer wegfiel. Es war schade, daß kein Regisseur in diesem Augenblick in der Bar saß; ich wäre sicher gewesen, daß er Lenz vom Fleck weg engagiert hätte. Für Rollen zum Beispiel, wo vor einem schiffbrüchigen Matrosen plötzlich die Seeschlange mit Gebrüll auftaucht.
     Gottfried hatte sich rasch wieder in der Gewalt. Ich warf ihm einen beschwörenden Blick zu, zu verschwinden. Er beantwortete ihn mit einem niederträchtigen Grinsen, zog sich den Rock glatt und kam heran.
     Ich wußte, was mir bevorstand, und griff sofort an. »Hast du Fräulein Bomblatt schon nach Hause gebracht?« fragte ich, um ihn gleich zu neutralisieren.
     »Ja«, erwiderte er, ohne mit einem Wimperzucken zu verraten, daß er bis vor einer Sekunde von Fräulein Bomblatt nichts gewußt hatte.
     »Sie läßt dich grüßen, und du möchtest sie morgen früh gleich anrufen.«
     Das war ganz gut wiedergehauen. Ich nickte. »Werde ich machen. Hoffe doch, daß sie den Wagen kaufen wird.«
     Lenz öffnete aufs neue den Mund. Ich trat ihn gegen das Schienbein und sah ihn mit einem derartigen Blick an, daß er schmunzelnd aufhörte.
     Wir tranken ein paar Glas. Ich nur Sidecars, mit viel Zitrone. Ich wollte nicht wieder von mir selbst überrumpelt werden.
     Gottfried war glänzend aufgelegt. »Ich war eben bei dir«, sagte er. »Wollte dich

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