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Drei Minuten mit der Wirklichkeit

Drei Minuten mit der Wirklichkeit

Titel: Drei Minuten mit der Wirklichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Fleischhauer
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völlig überrascht.
    »Du bist tatsächlich …?«
    »… in Buenos Aires, ja.«
    »Wahnsinn.«
    »Lutz, hast du Damiáns Adresse?«
    Pause.
    »Du bist echt in Buenos Aires? Das ist kein Witz?«
    »Ja. Bitte. Ich habe nicht viel Zeit. Weißt du, wo Damián wohnt?«
    »Ihr seid also nicht zusammen gefahren?«, sagte er mit einem Ton von Überraschung in der Stimme.
    Giulietta stutzte.
    »Wovon redest du?«
    Lutz zog die Nase hinauf.
    »Also, du bringst mich da in eine schwierige Lage.«
    »Wieso?«
    »Die Sache ist … du bist schon die Zweite, die mich danach fragt.«
    »Und? Wer sonst noch?«
    Aber sie wusste die Antwort schon, bevor er sie ausgesprochen hatte.
    »Dein Vater.«
    Pause.
    »Mein Vater … was hat mein Vater damit zu tun?«
    »Na ja, er war hier und wollte Damiáns Adresse von mir haben.«
    »Wann?«
    »Am Samstag.«
    »Und? Was hast du ihm gesagt?«
    »Dass ich es nicht weiß. Beziehungsweise, dass er bis vor einem Jahr bei Nieves gewohnt hat, und das ist die einzige Adresse, die ich von ihm kenne. Dein Vater hat sie jetzt allerdings auch. Habe ich etwas falsch gemacht?«
    Giuliettas Magen zog sich zusammen. Was fiel ihm nur ein? Konnte er sie nicht ein einziges Mal im Leben mit einem Problem, das nur sie etwas anging, allein lassen?
    »Was hat er dir erzählt? Warum ist er überhaupt zu dir gekommen?« Sie hatte Mühe, nicht loszuschreien.
    »Er stand am Samstagmorgen hier auf der Matte. Er sagte, du wärst Hals über Kopf mit Damián nach Buenos Aires gefahren, und sie hätten nicht einmal eine Adresse, wo sie dich erreichen könnten. Giulietta, deine Alten machen sich Sorgen, das ist alles. Ruf sie doch mal an.«
    Wusste Lutz überhaupt, was nach der Aufführung in Berlin alles geschehen war?
    »Was hast du ihm sonst noch gesagt?« Sie bemühte sich, ruhig zu bleiben, aber der scharfe Ton in ihrer Stimme war wohl unüberhörbar.
    »Er war höchstens zehn Minuten hier. Sag mal, ist irgendetwas nicht in Ordnung?«
    »Hör zu«, sagte sie, »kennst du nicht irgendjemanden, der vielleicht weiß, wo ich Damián finden kann? Ich meine, jeder hier kennt ihn, aber kein Mensch weiß, wo er wohnt. Das kann doch einfach nicht wahr sein, verdammt noch mal!«
    »Ja, sollte man meinen. Aber diese Tango-Leute kennen sich meistens nur mit Spitznamen und tun geheimnisvoll. Warst du schon im Almagro oder im ReFaSi?«
    »Almagro, ja, aber er war nicht da.«
    »Du musst die Leute fragen. Irgendjemand wird schon wissen, wo er steckt. Frag nach
el loco
. Die meisten kennen ihn nur unter diesem Namen.«
    »Danke für den Tipp.«
    Pause.
    »Tut mir Leid … aber warte, ich könnte Claudia fragen.«
    »Claudia?«
    »Aus dem Studio in Steglitz. Vielleicht hat sie seine Adresse.«
    »Könntest du das bitte machen? Jetzt gleich. Ich rufe dich in fünf Minuten noch mal an, ja?«
    »Okay. Gib mir ’ne halbe Stunde.«
    »Danke.«
    Sie legte auf.
    Innerlich schäumte sie vor Wut. Aber was konnte Lutz dafür? Immerhin hatte sie halbwegs die Kontrolle behalten. Sie zog wütend die Kreditkarte durch das Lesegerät und wählte erneut. Bis sie ihre Mutter endlich am Telefon hatte, vergingen fast fünf Minuten. Sie ertrug mühsam und genervt Mozarts Kleine Nachtmusik, hörte das Knacken und Rauschen verschiedener Weiterleitungsversuche und hatte mehr Zeit als genug, darüber nachzudenken, was um alles in der Welt ihren Vater bewogen haben konnte, Lutz aufzusuchen. Er kannte ihn doch überhaupt nicht. Aber das war typisch für ihn. Wenn ihr Vater etwas wollte, dann bekam er es. Das war sozusagen sein Beruf. Und offenbar wollte er das Gleiche wie sie selber: Damiáns Adresse. Und das wiederum konnte nur eines bedeuten.
    Ihr Mutter bestätigte es bereits mit dem ersten Satz, der auf ihre Begrüßung folgte.
    »Giulietta, hör zu: Papa fliegt heute nach Buenos Aires.«
    »Was …? Warum …?«
    »Er … wir haben Angst um dich. Er will mit dir sprechen. Er hat gesagt, wenn du anrufst, soll ich dir sagen, dass er kommt. Hast du etwas zu schreiben? Ich gebe dir die Adresse von seinem Hotel.«
    Sie ließ sich auf die gepolsterte Sitzbank sinken und versuchte, ihre Fassung zu bewahren.
    »Giulietta, bist du noch da?«
    »Ja … aber Mama, … ich kann nicht …«
    Woher kam das: dieser Abscheu?
    »Ich will ihn nicht sehen!«
    »Hör zu, mein Kind, ich vertraue dir. Ich weiß, dass du so etwas nie getan hättest, wenn du nicht fest davon überzeugt wärst, dass es notwendig ist. Aber du musst uns auch ein wenig vertrauen, ja? Dein

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