Drei Schwerter für Salassar (Gesamtausgabe): Die Saga der Adamanten-Welt (German Edition)
Egal, dies war ihr, Sabella sei Dank, erspart geblieben.
Dass sich die Folterknechte dann auch mit ihrem Körper vergnügten, ertrug das Mädchen mit knirschenden Zähnen. Hier sorgte jedoch die befehlende Stimme Zuragiers dafür, dass die beiden groben Kerle mit ihr nicht das taten, was die Richter vermieden hatten. Vielleicht gab es doch so etwas wie Ehrenhaftigkeit unter der Maske des Gefürchteten. Und nach der Streckfolter hatte Sina nicht mehr die Kraft, sich zu wehren, als man sie zurück in ihre Zelle schleppte und wieder ankettete. Von ihrer ledernen Tunika schlotterten nur noch Fetzen um ihren Körper.
Am Sonnenaufgang ihres Todestages gelang es Sina gerade noch, die Fragmente ihres Lederkleides so zu verknüpfen, dass die notwendigsten Stellen ihres straffen, geschmeidigen Körpers bedeckt waren, wenn sie ihren letzten Gang antreten musste. Der Oberherr von Salassar hatte das Urteil des Rates bestätigt. Auf ein Gnadengesuch hatte das Mädchen verzichtet. Sina wußte nur zu gut, dass weder Flehen noch Tränen die Strafe ändern würden. Deshalb wollte das Mädchen weder dem Volk von Salassar noch den Kaufleuten oder gar den Herren der Diebesgilden, die zweifellos bei ihrer Hinrichtung anwesend waren, ein Schauspiel bieten.
Selbst unter dem Galgen mit der Schlinge um den Hals wollte sich Sina nicht so gehen lassen wie jener Verurteilte der Mörder-Gilde vor zwei Monden. Der Mann, dem die Richter mehr als hundert Morde nachgewiesen hatte, erwies sich in der Stunde des eigenen Todes als ganz großer Feigling. Er heulte und wimmerte wie ein Schiff verlorener Seelen, als er auf das Schafott gezerrt wurde. Vier kräftige Männer mussten ihn auf dem Richtblock festhalten, während der Henker die Axt schwang.
Das die Richtstätte umgebende Volk tobte vor Vergnügen, als der Henker dann bewusst die Axt einige Male erst unmittelbar neben den Hals des Delinquenten einschlug, so dass der ehemalige Mörder nur am Schluss nur noch ein zitterndes, wimmerndes Bündel Mensch war, das weiterleben wollte.
Unter dem Hohngelächter des Volkes durchtrennte dann das mächtige Axtblatt den Nacken. Der Henker raffte den herabfallenden Schädel, in dessen Gesichtszügen es noch krampfhaft zuckte, an den Haaren auf und zeigte ihn dem Volk. Verächtlich warf er ihn dann vom Schafott herunter einigen hungrigen Gassen-Hunden zu, während seine Gehilfen den Rumpf des Gerichteten hinunter zum Hafen brachte, wo die Fischer bereits auf ihn warteten. Wer den großen Raubhai jagt, der weiß, das menschliches Fleisch als Köder unübertrefflich ist...
Das Mädchen weigerte sich, jetzt darüber nachzugrübeln, ob man ihren entseelten Körper in einigen Stunden verbrennen, in der Erde bestatten oder ebenfalls als Fischfutter verwenden würde. Alles in Sina war nur noch darauf ausgerichtet, den letzten Anschein von Würde zu bewahren. Niemand in Salassar sollte sehen, dass sich die Königin der Diebe davor fürchtete, durch das schwarze Tor ins Reich des Todes einzugehen.
Dennoch – war denn jetzt wirklich alles aus?
Sina hatte doch Freunde in Salassar. Sehr viele Freunde sogar, denen sie immer geholfen hatte. Wo waren die jetzt? Vielleicht wäre es einer Handvoll kühner Männer gelungen, das Mädchen in den engen Gassen doch noch vom Henkerskarren zu holen. Aber nichts war bisher geschehen. Und der "Platz des Überflusses" kam immer näher. War der zweirädrige Karren mit ihr erst einmal zwischen der Menge auf dem Platz eingekeilt, war eine Befreiung und Flucht unmöglich.
Verzweifelt suchten Sinas Augen in der Menge bekannte Gesichter. Wo war Ferrol, ihr Freund und Gefährte? Oder Churasis, dieser seltsame, kauzige Zauberer, mit dem sie des öfteren zusammengetroffen waren?
In den einsamen Nächten im feuchten Kerker des Schwarzen Turms, wenn sie die Ratten mit trockener Brotrinden fütterte und die Wassertropfen langsam an den nackten Steinwänden herabglitten, dann hatte Sina gehofft, dass irgendwo Rufe und Schwerterklirren ertönen möchten und dass Ferrol sich mit seinem Rapier den Weg zu ihr frei schlug.
Doch offensichtlich hatte sie den Kronprinz von Mohairedsch, der sich seit einiger Zeit unerkannt in Salassar aufhielt, überschätzt. Trotz einiger gemeinsamer Abenteuer und einer interessanten Liebesbeziehung schien ihm Sina doch nicht so viel wert zu sein, dass er für die Diebin sein Leben wagte.
Sicher war Ferrol bereits wieder nach Ugraphur in den Serail des Saran
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