Drei Schwerter für Salassar (Gesamtausgabe): Die Saga der Adamanten-Welt (German Edition)
während ihrer Zeit im Tempel durch einen Mann entehren zu lassen. Denn das bedeutete, Sabellas göttlichen Zorn heraus zu fordern. Und auch die Herrin der Liebe vermochte im Zorn Hass zu versprühen.
Es ging zwar die Rede davon, das einst von einem unbekannten Fürsten über Mittelsmänner für eine Nacht mit der "lebendigen Göttin" fünfzig Aurei geboten worden waren, was dem Steueraufkommen einer ganzen Provinz entsprach. Doch auch für diesen märchenhaften Preis wollte es niemand im Tempel wagen, den Zorn der Göttin herauf zu beschwören. Das Geschäft mit der Tempel-Prostitution war auch so eine der Haupteinnahmen der Priesterinnen.
Schon dadurch, das die anderen zehn Mädchen in gewissen Nächten zu Ehren der Göttin für Münzen aus purem Gold Liebesdienste zu verrichten hatten, verdiente der Tempel nicht schlecht. Und natürlich auch nicht der Oberherr, der für eine Hand voll Aurei diesen Frevel deckte.
Natürlich gab es niemanden, der die Ungeheuerlichkeit der Tempel-Prostitution beweisen konnte. Aber es war schon recht bezeichnend, dass die Mädchen, kaum aus dem Tempel-Dienst entlassen, durch geschickte Heirats-Arrangements in andere Städte im Süden von Mohairedsch gebracht wurden, wo sie in irgendeinem Harem verschwanden und man nie wieder etwas von ihnen hörte.
Aber es gab auch ohne Beweise genügend Anzeichen, dass die Körper der auserwählten Mädchen für Geld missbraucht wurden. Nicht umsonst galt der Tempel der Sabella als reich und konnte es sich leisten, neben dem Bankhaus des Pholymates der größte Geldverleiher von Salassar zu sein. Doch da der Oberherr persönlich an der Sache beteiligt war, wagte es niemand, laut über diese Dinge zu reden.
Sinas Eltern hatten selbstverständlich von diesen Gerüchten gehört. Aber natürlich fand es ihre Tochter wahnsinnig aufregend, zu den schönsten Mädchen der Stadt zu gehören und hoffte nichts Sehnlicheres, als für ein Jahr einmal gut leben und ein etwas besseres Essen zu haben als die einfache Küche ihrer Mutter.
Doch auch selbst wenn sie es gewollt hätten, es gab weder für die Eltern noch das Mädchen eine Möglichkeit, sich "Sabellas Mädchen-Lese" zu entziehen, wenn man erst einmal von den Priesterinnen registriert war.
Sinas Eltern beruhigten sich dadurch, dass ihre Tochter ja vielleicht gar nicht auserwählt wurde. Und wenn doch, dann ging es Sina im Tempel der Schönheitsgöttin gut und das Geld, das man an Essen und Kleidung für sie in diesem Jahr sparte, konnte vielleicht für ihre Aussteuer zurück gelegt werden. Die Gerüchte, die überall brodelten, mussten ja nicht unbedingt wahr sein.
Für Sina war es wie der Einzug in eine Märchenwelt, als sie neben den anderen mit sieben Schleiern bekleideten Mädchen den Tempel Sabellas betrat. Scheu äugte sie hinüber zu der Balustrade, auf der die Priesterinnen in ihrer blendend weißen, mit Goldfäden bestickten Ritual-Kleidung saßen, um mit kritisch musterndem Blick die Schönsten aus dem Kreis der Mädchen auszuwählen
Wie die anderen Mädchen war Sina gerade vierzehn Jahre alt geworden, als man sie zum Tempel Sabellas führte. Und nach einem gemeinsamen Gebet um die Huld der Göttin, das eine Art Wechselgesang zwischen den Priesterinnen und den Mädchen war, begann der Tanz.
Ein Tanz, der vorher nicht einstudiert war. Man hatte den Mädchen nur gesagt, sie mögen sich zur Musik so bewegen, wie es nach ihrer Meinung die Göttin besonders gern sieht. Bei der Vorbereitung vor dem Tempel hatte Sina bereits einige Mädchen tuscheln hören, dass ihre Eltern sie durch einen Tanzmeister extra vorbereiten ließen, um so ihre Chance, die "lebendige Göttin" zu werden, zu verbessern. Deshalb rechnete sich Sina wenig Chancen aus, zu denen zu gehören, die erwählt wurden. Zumal sie die Novizinnen des Tempels mit einigen anderen Mädchen auch weit abseits der Loge Aufstellung nehmen ließen, in der die Priesterinnen ihren Platz hatten.
Aber dann trat die Herrin der Zeremonie an Sina heran. Sie war eine in Ehren ergraute Priesterin mit schlohweißem Haar und runzeligem Gesicht. Sina spüte ihren Griff am Arm und wurde von der alten Frau mit sanfter Gewalt hinüber zu der Balustrade geführt, auf der sich auf einem weichen Polsterbett der dicke Pholymates räkelte und seinen gelangweilten Blick über die Reihen der Mädchen schweifen ließ. Dieser Platz unter den Augen des Oberherrn von Salassar war plötzlich frei geworden, weil
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