Drei Seiten für ein Exposé
„außergewöhnliche Erkenntnis“, ohne aber das Geheimnis selbst aufdecken zu können.
Hatte ich nicht gewarnt vor allgemeinen Aussagen wie „außergewöhnliche Erkenntnis“? Richtig, hier hätte man die Erkenntnis auch benennen können. Allerdings ist der Rest des Exposés so eindrücklich, dass dieser allgemeine Begriffganz offensichtlich nicht gestört hat.
Denn einerseits findet sich hier das Besondere (eine Höhle mit geheimnisvoller Schrift und einer unbekannten, gefährlichen Technik), andererseits bewegt sich die Geschichte auch im Rahmen des Thriller-Genres mit religiösen Geheimbünden, Freimaurerei und Okkultismus. Kein Wunder, dass sie Interesse weckte und auf das Manuskript neugierig machte.
Und der Verweis auf mögliche Nachfolgebände zeigt, dass der Autor weitere Bücher schreiben will und dazu bereits Ideen hat. Für Agenten und Verlage eine ganz wichtige Information, denn Geld verdient man nur, wenn das erste Buch eines Autors keine Eintagsfliege wird.
Der Kalligraph des Bischofs
Der Kalligraph des Bischofs, Titus Müller Aufbau TB-Verlag, 2006, ISBN: 978-3746618562, € 9,50
Viele Geschichten beginnen mit Fanfarenstößen und bunten Fahnen. Diese nicht. Sie beginnt im Schmutz, in den dunklen Gassen. Und erzählt von einem Ausgestoßenen: von Germunt, der vom Diebstahl lebt und dem vier fränkische Bluträcher auf den Fersen sind. Keine Ungerechtigkeit – sie wollen Recht schaffen, denn Germunt ist der Mörder seiner Stiefmutter
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Italien brodelt: An den Grenzen fallen die Sarazenen ein, im Inneren murren unterdrückte Langobarden. In diesen Hexenkessel flieht Germunt, und in denselben wird Claudius vom Kaiser entsandt, als neuer Bischof von Turin. Während sich Germunt mit anderen Gaunern verbündet, um den Diebstahl zu verwirklichen, gerät Claudius in einen Streit um Macht mit dem Grafen von Turin, der sich als Fürsprecher der Langobarden sieht
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Der große Fang der Gaunerbande geht daneben, Germunt ist wieder verantwortlich für den Tod eines Menschen. Er verzweifelt, Höllenvisionen jagen ihn, und so stürzt er sich vor das Pferd des Bischofs, um seinem Leben ein Ende zu machen. Am Hofe Claudius’ wird er jedoch gesundgepflegt und verliebt sich in die blinde Stilla, die ihn pflegt. Biterolf, der Notar des Bischofs, beginnt, Germunt in den septem artes liberales,den Sieben Freien Künsten zu unterrichten. Es zeigt sich, daß Germunt über Talent verfügt
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Im Schreiben findet Germunt ungeahnte Erfüllung, in den Urkunden, die über das Leben von Menschen entscheiden, über Besitz und Abgaben, über Namen und Strafen, über Feste und Dienste. Die Schrift wird für ihn zum Wunder, nicht zu einem fernen, nebelhaften, sondern zum wirklich greifbaren Wunder
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Als Stilla ihn zurückweist, fällt er in dem Versuch, sich ihr zu beweisen, in das alte Diebeshandwerk zurück, wird gefaßt und so schwer verwundet, daß er für immer Krüppel bleiben wird. Durch den Druck des Grafen ist Claudius gezwungen, Germunt zu verbannen. Der junge Schreiber reist nach Tours und trifft dort auf einen ebenfalls Ausgestoßenen, den Mönch Aelfnoth. Der alte, kranke Mann weiht ihn in die Geheimnisse der Kalligraphie ein. Germunt reist noch tiefer in die faszinierende Welt des Schreibens, lernt, in verzierten Versalien Menschen, Tiere und Pflanzen auf das Pergament zu bringen. Als er zurückkehrt, zieht Claudius gegen die Sarazenen zu Felde. Und in der Abwesenheit des Bischofs treffen die Bluträcher in Turin ein
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Mit Mühe entkommt Germunt ihren Nachstellungen. Er findet Unterschlupf bei Stilla, die ihn schätzen lernt. Endlich kehrt der Bischof nach Turin zurück und kann die Bluträcher durch Wergeldzahlung rechtlich zufriedenstellen. De facto aber schwören sie Vergeltung. Sie verbünden sich mit dem Grafen der Stadt, der ebenfalls nach Wegen sucht, den Bischof zu stürzen
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Durch seine Bibelkenntnis überzeugt, zerstört Claudius sämtliche Bilder in den Kirchen Turins. Er verliert an Rückhalt unter seinen Dienstleuten. Einer seiner Männer läuft zum Grafen über und wird von ihm nach Rom geschickt, um eine Häresie-Anklage zu betreiben. Als außerdem Claudius’ enger Freund und Schüler Theodemir ihm in den Rücken fällt, indem er ihn vor dem Kaiser der Ketzerei beschuldigt, ist dieser tief getroffen. Er lehnt die Teilnahme an einer Synode in Paris ab und verliert vollends die Gunst des Reiches
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Zu den wenigen verbliebenen Getreuen des Bischofs gehören Germunt, Biterolf und Stilla. Sie
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