Drei Tage voller Leidenschaft
Sie kehrten zusammen zum Jagdschlößchen zurück, um die Begierden zu befriedigen, die Alisas sinnlicher Körper in ihnen erregt hatte. Nikki hörte, wie sich seine Freunde rasch durch das Gebüsch verzogen, und wandte sich dann der entsetzten Frau zu.
»Verzeih, Alisa, die grobe Dummheit meiner Freunde«, entschuldigte er sich leise.
Nikki betrachtete ihr stummes Gesicht und sah, wie sich eine Träne aus dem Augenwinkel löste und über die rosige Wange rollte.
Verdammt seien die beiden! Sollten sie in der Hölle schmoren, dachte er. So ein verfluchtes Pech!
»Es tut mir leid«, sagte er laut und rückte näher zu Alisa, um ihr allen Trost zu spenden, zu dem er fähig war.
Er hatte von Anfang an leichte Bedenken und Einwände gegen diese Verführung gehabt, die nach der zweiten Begegnung noch stärker wurden, aber er hatte sie beiseite gefegt. Nikki hatte sein Leben stets ungehindert von irgendwelchen Einschränkungen geführt, unbeeinträchtigt von Vernunftgründen und völlig ungeachtet möglicher Konsequenzen. Doch jetzt waren ihm Alisas Verletztheit und Demütigung schärfstens bewußt. Er fühlte sich schuldig, und diese Schuldgefühle machten ihm zu schaffen, weil sie seinem Wesen so völlig fremd waren.
Zu diesen Schuldgefühlen trat eine heiße Wut auf seine elenden Freunde. Wenn er ehrlich sich selbst gegenüber gewesen wäre, hätte er ihre verdutzte Reaktion auf seine Wut verstanden. Seit Jahren hatten die Männer an vielen seiner Begegnungen mit Frauen ›teilgenommen‹. Wie sollten Tschernow und Iljitsch wissen, daß sie in diesem Fall nichts dabei zu suchen hatten?
Alisa zuckte unter Nikkis mitfühlsamer Geste zusammen. Hastig zog er seine Hand zurück.
»Bitte geh«, flüsterte sie.
»Alisa, laß mich bitte erklären«, begann Nikki, weil ihn die Verzweiflung in ihren tränenerfüllten Augen tief anrührte.
»Bitte«, wiederholte sie kaum hörbar. »Geh. Du hattest deinen Spaß.« Unfreiwillig fuhr ein Schauder über ihren Körper. »Geh doch!« schrie sie dann hysterisch.
»Nun gut«, antwortete Nikki steif und förmlich. Er zog sich rasch an und entschuldigte sich höflich, als er das Hemd von ihrer nackten Gestalt zog und mit einem ihrer Unterröcke ersetzte.
»Bitte nehmen Sie meine aufrichtigsten Entschuldigungen entgegen, Madame«, sagte er dann mit knapper, kühler Stimme und verbeugte sich tief. Ihre Augen starrten ins Leere und schienen ihn nicht wahrzunehmen. Dann entfernte er sich rasch – rot vor Wut und Frustration.
Ganz unvermittelt erlosch das Licht in Alisas Leben. Sie weinte und klammerte den Unterrock an sich, als würde nur der dünne Stoff sie davor bewahren, unter den heftigen Schluchzern der Demütigung zu zerbrechen. Sie schämte sich nicht, weil die Männer sie unbekleidet gesehen hatten; das konnte sie überleben. Sie schämte sich, weil sie Nikki so begehrt hatte. Er hatte sie nicht zwingen müssen, sie hatte ihn gewollt. Und sie weinte um diese Kapitulation, diese Aufgabe ihres freien Willens. Sie war stark und resolut genug, um seit sechs Jahren einen unerträglichen Mann und eine ebenso unerträgliche Ehe auszuhalten. Sie war entschlossen, geduldig abzuwarten und plante die Flucht von dem Mann, den sie verachtete, aber nun war sie völlig außer Fassung gebracht von ihrem schrankenlosen Verlangen nach einem Mann, der den Ruf hatte, Frauen als Nebensache zu betrachten – der sie in diesem Augenblick zweifelsohne bloß als eine weitere nette Abwechslung betrachtete.
Alisas Leben war seit dem Tod ihrer Eltern sehr unglücklich verlaufen. Alles, was sie geliebt und geschätzt hatte, war in den wenigen Tagen zerstört worden, als die Influenza beide Eltern innerhalb weniger Stunden dahingerafft hatte. Das Fieber, das sie in tödlichem Griff hielt, war unbesiegbar gewesen. Ihre schöne, fröhliche Mutter, der stille, gelehrte Vater waren in ein Koma gefallen, aus dem sie nicht mehr erwachten. Alisa hatte in den folgenden Jahren oft gewünscht, daß auch sie gestorben wäre. Aber ihr junger, kräftiger Körper hatte der Krankheit widerstanden.
Kurze Zeit später erfolgte dann entgegen aller Anstandsregeln der unglaubliche Heiratsantrag des alten Forseus, der, wie er behauptete, noch mit ihrem Vater abgesprochen worden sei. Das war eigentlich undenkbar, aber offensichtlich wahr, denn die Urkunde trug die Unterschrift ihres Vaters.
Wenn sie nicht nach diesem ersten Jahr Katelina bekommen hätte, ein Kind, das sie liebte und das Freude in ihr Leben brachte,
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