drei !!! Tanz der Hexen
passieren?«
Schweigend setzten sie ihren Weg fort. Nachts machte der Märchenwald seinem Namen alle Ehre. Die Nebelschwaden flossen im Schein der Taschenlampe auseinander und wieder zusammen, als wären sie lebendig. Es war so still, dass Franzi ihren eigenen, ziemlich schnellen Herzschlag hören konnte. Sie hätte sich nicht im Geringsten gewundert, wenn Rotkäppchen plötzlich vor ihnen aufgetaucht wäre. Oder der böse Wolf. Oder die alte Knusperhexe …
Als sie ungefähr auf Höhe der Quelle waren, griff Kim plötzlich nach Franzis Arm. »Schau mal, da!«, flüsterte sie und zeigte mit einem zitternden Finger in den Wald hinein.
Franzi folgte dem Blick ihrer Freundin. Erst sah sie nur Nebel und dunkle Bäume. Dann entdeckte sie in einiger Entfernung ein helles Licht, das zwischen den Zweigen aufblitzte. Und ein zweites. Und ein drittes. Franzi knipste schnell die Taschenlampe aus. Jetzt waren die Lichter noch besser zu sehen.
»Was zum Teufel ist das?«, murmelte sie. »Es muss direkt bei der Quelle sein. Komm, wir sehen nach.«
Ehe Kim protestieren konnte, schlüpfte Franzi ins Unterholz. Sie schlich so leise wie möglich zwischen den Bäumen hindurch und versuchte, möglichst nicht auf irgendwelche Zweige zu treten. In der Stille der Nacht klang jeder zerbrochene Ast so laut wie ein Pistolenschuss.
»Und was ist, wenn es bei der Quelle spukt?«, raunte Kim ihr zu.
»Unsinn«, flüsterte Franzi zurück. »Du glaubst doch nicht etwa an Gespenster, oder?«
»Eigentlich nicht«, murmelte Kim. »Aber im Moment bin ich mir da nicht mehr so sicher …«
Franzi musste an die Seelen der ertrunkenen Kinder denken und sie bekam eine Gänsehaut. Bei Tag war es leicht, nicht an Geister zu glauben. Aber jetzt, nur mit Kim in einem dunklen Wald, in dem Kinder verschwanden und merkwürdige Lichter flackerten, war das etwas völlig anderes. Mit zitternden Knien ging Franzi weiter. Bald lag die Lichtung mit der Quelle vor ihnen und sie suchten hinter einer hohen Fichte Schutz. Das schwarze Wasser glitzerte geheimnisvoll im Mondschein. Ab und zu gluckste es leise. Aber das war es nicht, was Franzi das Blut in den Adern gefrieren ließ.
»Kerzen!«, flüsterte Kim überrascht. »Sieh nur, da sind lauter Kerzen.«
Franzi nickte stumm. Jemand hatte rund um die Quelle Grablichter verteilt, die einen rötlichen Schein verbreiteten. Sogar auf dem Wasser schwammen Kerzen! Franzi konnte den Blick nicht von ihren unruhig flackernden Flammen abwenden. Die Lichtung sah aus wie eine überdimensionale Grabstelle. Was hatte das zu bedeuten?
In diesem Moment knackte es auf der anderen Seite der Quelle im Unterholz und eine vermummte Gestalt trat zwischen den Bäumen hervor. Kim sog neben Franzi scharf die Luft ein. Auch Franzi hätte vor Schreck beinahe laut geschrien. Sie biss sich so heftig auf die Zunge, dass es wehtat.
»Die Hexe!«, flüsterte Kim. Sie war kreidebleich.
Franzi starrte zu der dunklen Gestalt hinüber. Im flackernden Kerzenschein wirkte sie irgendwie unwirklich, beinahe wie ein Geist. Doch als sie die Kapuze zurückschlug, erkannte Franzi sie auch. Es war tatsächlich die Hexe. Ihre wirren Haare leuchteten hell im Mondlicht und flossen wie flüssiges Silber über ihren Rücken. Ihre Augen funkelten und sie wirkte auf einmal viel jünger als bei Tageslicht. Sie warf ihren Mantel ab und stand eine Weile völlig reglos da. Dann zog sie etwas aus der Tasche ihres schwarzen Kleides.
Franzi hielt den Atem an. Was war das? Ein Brief? Nein, ein Foto! Die Hexe betrachtete es mit einem liebevollen Lächeln und begann leise zu summen. Franzi lauschte gebannt. Die Melodie war unendlich traurig und gleichzeitig wunderschön. Sie sickerte wie süßes Gift in Franzis Gedanken und plötzlich schien alles andere unwichtig zu sein. Franzi vergaß, warum sie hier war. Sie vergaß, dass Kim neben ihr hockte, und sie vergaß sogar ihren eigenen Namen. Das Einzige, was zählte, war diese märchenhafte Melodie …
Als der Gesang verstummte, kam es Franzi vor, als würde sie aus einem schweren Traum erwachen. Ihr Schädel brummte und sie fühlte sich leicht benommen. Sie blinzelte ein paarmal und sah sich verwirrt um. Wo war sie? Was machte sie hier? Was war passiert? Dann fiel ihr alles wieder ein. Schnell sah sie zu Kim hinüber, die sich ebenfalls verwundert die Augen rieb. Allmählich fragte sich Franzi ernsthaft, ob sie es vielleicht doch mit einer echten Hexe zu tun hatten …
Die Hexe stand immer noch am anderen Ufer der
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