drei !!! Tanz der Hexen
bedenklich.
»Mach dir keine Vorwürfe. Woher hättest du wissen sollen, dass etwas nicht stimmt? Wir dürfen die Hoffnung nicht aufgeben.« Marie machte einen Schritt auf Holger zu. Sein Gesicht war ihrem nun so nah, dass sie die Tränen sehen konnte, die in seinen Augen glitzerten. Maries Herz zog sich zusammen. Ohne länger darüber nachzudenken, fuhr sie Holger sanft über das Gesicht. Seine Haut fühlte sich kühl und glatt an und er roch ganz leicht nach Rasierwasser. Erst jetzt wurde Marie klar, was sie tat. Sie zog ihre Hand so schnell zurück, als hätte sie sich verbrannt. Was war nur in sie gefahren? Jetzt dachte Holger bestimmt, sie wollte sich ihm an den Hals werfen. Marie merkte, wie sie knallrot wurde.
»Tut … tut mir leid …«, stammelte sie. »Ich wollte nicht …«
Doch Holger legte ihr einen Finger auf die Lippen und Marie verstummte. »Es gibt nichts, wofür du dich entschuldigen müsstest«, sagte er. »Im Gegenteil – ich muss mich entschuldigen. Du hast völlig recht, wir dürfen die Hoffnung nicht aufgeben. Statt in Selbstmitleid zu zerfließen, sollte ich lieber darüber nachdenken, wo wir noch suchen können.«
Marie fühlte sich ein bisschen benommen. Holgers Nähe brachte sie völlig durcheinander. Dabei brauchte sie gerade jetzt einen klaren Kopf! Sie machte einen Schritt zur Seite, um wieder etwas Abstand zwischen sich und Holger zu bringen. Dann räusperte sie sich und sagte so eindringlich wie möglich: »Denk nach! Wo könnten die Zwillinge noch sein? Gibt es irgendeinen Platz, an dem sie sich manchmal verstecken? So eine Art geheimer Zufluchtsort?«
Holger runzelte die Stirn. Marie konnte sehen, wie es in seinem Kopf arbeitete. Dann leuchteten seine Augen plötzlich auf. »Ich hab’s! Die alte Scheune am Waldrand!«
»Was ist damit?«, fragte Marie.
»Dort hab ich die Zwillinge mal beim Spielen erwischt«, erklärte Holger. »Eigentlich dürfen sie das nicht. Die Scheune ist so alt und morsch, dass sie jederzeit einstürzen kann. Ich hab unseren Eltern nichts erzählt, dafür mussten mir Paul und Maike hoch und heilig versprechen, nicht mehr dorthin zu gehen. Aber sie waren ja noch nie besonders folgsam …«
»Dann nichts wie los.« Marie spürte, wie sie von neuem Tatendrang erfüllt wurde. »Das hört sich genau nach dem Ort an, den wir suchen.«
Die Scheune lag dunkel und verlassen am Waldrand. Auf der einen Seite ragten hohe Fichten wie eine schwarze Wand in den Nachthimmel. Auf der anderen Seite erstreckte sich ein bereits abgeerntetes Feld. Es sah kahl und trostlos aus. Nur eine einsame Vogelscheuche stand noch wie ein vergessener Wachposten mitten auf dem Feld und schien ihre Arme in einem verzweifelten Willkommensgruß nach Holger und Marie auszustrecken.
Marie warf der Vogelscheuche einen flüchtigen Blick zu und konzentrierte dann ihre ganze Aufmerksamkeit auf die Scheune. Das alte Gemäuer sah alles andere als vertrauenerweckend aus. Im fahlen Mondlicht wirkte es wie ein schlafender Riese, der sich neben dem Feld zur Ruhe gelegt hatte, aber jederzeit aufwachen und sie mit einem einzigen Schritt zu Staub zermalmen konnte. Das Dach der Scheune fehlte zur Hälfte und die Tür hing lose in den Angeln. Ob sich die Zwillinge tatsächlich hinter diesen verwitterten Mauern verbargen? Marie war sich plötzlich nicht mehr so sicher.
»Wir hätten eine Taschenlampe mitnehmen sollen«, murmelte sie mehr zu sich selbst, als der Mond hinter einer Wolke verschwand und sie im dunklen Schatten der Scheune stehen blieben. Marie ließ ihren Blick über die löchrige Mauer gleiten – und hielt plötzlich den Atem an. In der Scheune blitzte ein Licht auf! Während sie den Lichtschein beobachtete, der geisterhaft durch die Scheune wanderte, griff sie automatisch nach Holgers Hand. Sie waren also tatsächlich nicht die Einzigen, die sich in dieser dunklen Herbstnacht hierherverirrt hatten.
Holger hatte den Lichtschein auch gesehen. »Da ist jemand!« Seine Stimme klang heiser vor Aufregung. »Ich gehe rein und sehe nach, ob es die Zwillinge sind. Du wartest hier, okay?«
Marie schüttelte heftig den Kopf. »Auf keinen Fall.«
»Aber das könnte gefährlich werden«, sagte Holger eindringlich. »Wer weiß, wer sich in der Scheune herumtreibt. Vielleicht ist es irgendein Landstreicher, dem es gar nicht gefällt, wenn wir seine Nachtruhe stören …«
»Genau«, sagte Marie. »Und deshalb komme ich mit. Zu zweit sind wir stärker als einer allein.«
Ehe Holger sie
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