Drei Unzen Agonie
auch nur eine Beule zu
hinterlassen. Was für eine Waffe konnte man also benutzen? Ich wanderte ruhelos
im Zimmer auf und ab und zermarterte mir das Gehirn nach einem Einfall,
gleichgültig, wie verrückt er sein mochte. Als ich zum viertenmal vom Wandgemälde zur anderen Wand marschierte, hatte ich eine Vision. Ich
stellte mir vor, daß ich nur lange und scharf genug die Tür anzustarren
brauchte, um eine Öffnung in den Stahl zu brennen, die mir dann den Weg in die
Freiheit öffnete. Ich sah Petes schreckensbleiche Miene vor mir und war so
vertieft in meinen angenehmen Traum, daß ich über ein Kabel stolperte und der
Länge nach auf die Nase fiel. Glücklicherweise stand die Stehlampe auf einem
schweren Metallfuß, so daß sie nur ein wenig schwankte, aber nicht umstürzte.
Ich hob den Stecker auf, der
aus der Dose gerutscht war, und ging zur Wand, um ihn wieder einzustöpseln. Da
fiel mir auf, daß die Schnur der Lampe ungefähr fünf Meter lang war. Man konnte
die Stehlampe also an jedem beliebigen Ort im Raum aufstellen. Vielleicht ließ
sich mein Wunschtraum tatsächlich verwirklichen? Zwar besaß ich keine Augen,
die Stahl zu durchbohren vermochten, dafür aber konnte ich vielleicht die
Elektrizität für mich arbeiten lassen. Eine ganze Weile stand ich reglos da und
entwickelte im Geist meinen Plan. Dann machte ich mich an die Arbeit.
Ich schraubte die Birne heraus
und legte sie vorsichtig auf die Couch. Dann löste ich die Fassung und riß die
Drähte heraus. Danach zog ich den Draht aus dem Fuß der Stehlampe. Nun hatte
ich ein fünf Meter langes Kabel, an dem einen Ende mit einem Stecker versehen,
am anderen Ende mit zwei nackten Drähten. Ich schraubte nun auch die Birne der
Tischlampe heraus und legte sie neben die andere auf das Sofa. Die einzige
Lichtquelle im Raum war jetzt die indirekte Beleuchtung hinter dem Wandgemälde.
Der Rest des Zimmers war dämmrig.
Cindy Vickers wandte den Kopf,
als ich wieder ins Schlafzimmer trat. »Wir haben uns bereits gute Nacht gewünscht«,
sagte sie kurz. »Fangen Sie jetzt bloß nicht damit an, daß Sie sich da draußen
einsam fühlen .«
»Ich bin gerade zu der
Feststellung gelangt, daß ich mich hier zu Tode langweile«, erklärte ich im
Konversationston. »Deshalb hab’ ich den Entschluß gefaßt, mich aus dem Staub zu
machen. Haben Sie Lust mitzukommen ?«
Sie fuhr hoch und starrte mich
an. »Haben Sie den Verstand verloren ?«
»Mit dieser Frage möchte ich
mich lieber nicht befassen«, erwiderte ich. »Doch ich habe mir ausgerechnet,
daß mein Plan gelingen könnte. Und was haben wir schon zu verlieren ?«
»Wenn das so ist, mache ich
selbstverständlich mit .« Sie schwang die Beine aus dem
Bett und stand auf. »Was haben Sie vor, Sie Held? Wollen Sie mich vielleicht
wie einen Pfeil durch die Stahltür schießen ?«
»Sie übernehmen die passive
Rolle in diesem Stück«, klärte ich sie auf. »Sie stehen einfach da und brüllen
wie am Spieß, wenn ich Ihnen das Stichwort gebe .«
»Okay.« Sie zuckte die
Schultern. »Hoffentlich wissen Sie, was Sie tun, Danny Boyd .«
»Wenn ich mir das klarmachen
würde, wäre ich wahrscheinlich schon wieder auf der Couch und versuchte zu
schlafen«, gestand ich. »Gehen Sie ins Wohnzimmer .«
Als sie verschwunden war, nahm
ich auch die Birne aus der Nachttischlampe und folgte ihr. Ich legte die Birne
zu den anderen aufs Sofa. Sie war noch heiß, deshalb beschloß ich, sie eine
Weile abkühlen zu lassen, ehe ich mit der Aufführung meines Theaterstücks
begann. Ich hob das Kabel vom Boden auf und bog die beiden nackten Drähte
auseinander, um zu vermeiden, daß sie im falschen Moment Kontakt bekamen.
»Sagen Sie bloß nicht, daß Sie
immer eine Ladung Dynamit bei sich haben und uns mit einer Superexplosion den
Weg in die Freiheit ebnen werden«, sagte Cindy nervös. »Was haben Sie denn mit
all den Lampen gemacht ?«
»Ich brauche die Birnen«,
brummte ich. »Aber erst muß ich warten, bis sie abgekühlt sind. Wollen Sie eine
Zigarette, während wir warten ?«
»Meinetwegen.«
»Wenn mein Plan fehlschlägt«,
erklärte ich, »bleibt alles, wie es ist. Man wird Sie weiterhin hier
festhalten. Sie haben also nichts zu verlieren .«
»Es wäre mir nur ganz lieb,
wenn ich eine Ahnung hätte, was Sie vorhaben .« Ihre
Augen leuchteten in dem dämmrigen Licht. »Ich habe das Gefühl, hier mit einem
Verrückten eingesperrt zu sein, und das ist gar nicht angenehm .«
Ich berührte die Birnen und
fand sie kühl
Weitere Kostenlose Bücher