Drei Wünsche hast du frei: Roman (German Edition)
abstirbt.
Aber nein. Ich will nicht länger Lawrence Dumotts unsichtbarer Schatten sein. Ich will zu diesen Leuten gehören, ich selbst. Und außerdem – es ist schließlich auch Lawrences Party. Ich kann nicht erwarten, dass er den ganzen Abend meinen Babysitter spielt.
»Nein«, sage ich, in der Hoffnung, dass sich meine Stimme selbstsicherer anhört, als ich mich fühle.
Mein bester Freund nickt. »Okay, wenn du mich brauchst, ich bin hinten im Garten. Dschinn? Kommst du mit, oder willst du zusehen, wie Aaron sich Bierdosen auf dem Kopf zerschlägt?«
Ich verdrehe die Augen, und Dschinn wirft mir einen fragenden Blick zu. »Geh ruhig mit Lawrence«, seufze ich. Ich bin drauf und dran, die »Anweisung« zu korrigieren, als Dschinn beide Hände hebt und mir zunickt.
»Ich weiß. Kein Befehl. Es ist nicht so stark, wenn du es nicht wirklich als Befehl meinst.« Er späht misstrauisch zu Aaron hinüber, dann folgt er Lawrence, wobei er sich zwischen zwei Mädchen hindurchschlängelt – sie tanzen miteinander, um ein paar Typen in der Nähe einen billigen Kick zu verschaffen.
»Viola!« Aaron winkt schon wieder. Er ist umgeben von Kunstblondinen, die mir trübe, gelangweilte Blicke zuwerfen. Ich schiebe mich zwischen den beiden Mädchen hindurch (die glücklicherweise nicht versuchen, mit mir zu tanzen) und entdecke dabei kurz Ollies goldene Haut am anderen Ende des Raums aufleuchten. Sie nippt an einem pfirsichfarbenen Weinmixgetränk, das zu ihrem Tanktop passt.
»Setz dich! Jemand soll dir ein Bier besorgen«, sagt Aaron herzlich. Die Gesichter der Mädchen ringsum verfinstern sich. Sind sie etwa eifersüchtig auf mich? Nein. Vollkommen unmöglich.
Ich hole tief Luft und nicke. »Das wäre toll, danke.«
»Hey! Jason!«, brüllt Aaron über den Lärm der Musik und der Unterhaltungen hinweg. Ein wuchtiger Footballertyp dreht sich nach ihm um. Aaron reckt zwei Finger in die Höhe, woraufhin der Typ die Hand in die nächststehende Kühlbox schiebt und zwei Dosen über den Sofatisch schleudert. Aaron fängt sie nacheinander auf und gibt eine davon an mich weiter.
Ich mag kein Bier. Ich habe erst ein, zwei Mal welches getrunken, und irgendwie finde ich, es schmeckt wie Spiritus. Trotzdem werde ich es ganz sicher nicht ablehnen – ich öffne also die Dose und versuche das Zeug hinunterzukippen, um so wenig wie möglich davon zu schmecken. Aaron wendet sich ab, um sich einen Witz anzuhören, den ein gertenschlankes Mädchen erzählt. Ich werfe einen Blick auf das Mädchen links von mir, habe jedoch keinen blassen Schimmer, wie ich es anstellen soll, eine Unterhaltung mit ihr anzufangen. Wahrscheinlich weiß sie nicht mal, wer ich bin.
Sag endlich was, Viola. Oder tu was. Ich sinke tiefer in die Polster des Sofas. Vielleicht könnten sie mich verschlucken, so dass ich nicht mehr aussehe wie eine schweigende Versagerin, die schüchtern und ungeschickt hier herumsitzt. Vielleicht sollte ich gehen.
Nein.
Ich will dazugehören. Ich brauche es, dazuzugehören. Ich kann dazugehören. Auch ohne einen Wunsch. Ich stoße den Atem aus und zwinge mich dazu, mich aufzusetzen. Dann beuge ich mich vor und sehe Dschinn und Lawrence, die zusammen draußen auf der Terrasse sitzen. Sie sind da – einer von ihnen ist für alle anderen unsichtbar, sicher, aber nichtsdestoweniger. Wenn die beiden es können, dann kann ich es auch. Ich tippe Aaron leicht auf die Schulter und ringe mir ein selbstsicheres Lächeln ab, als er sich zu mir herumdreht.
6
Dschinn
I ch folge Lawrence durch eine dicke Wolke von Leuten und Zigarettenrauch hindurch, an einer mit Kühlboxen vollgestellten Küche vorbei, in die sich ein paar Paare zum Knutschen zurückgezogen haben, weil sie glauben, hier sähe man sie nicht. Lawrence hält mir die Tür zur hinteren Terrasse auf, und ich werfe einen Blick zurück, zu Viola hin, die sich gerade neben Aaron auf ein Sofa setzt. Alles in Ordnung mit ihr. Außerdem, wenn sie einen Wunsch hat, wird sie mich rufen, es ist also nicht nötig, dass ich in der Nähe bleibe.
Warum mache ich mir bloß so viele Gedanken?
Ein Mädchen ruft Lawrence etwas zu und kommt dann angestürzt. Sie beginnt schnell auf ihn einzureden, und er wirkt, als würde er am liebsten flüchten. Ich starre zu den vereinzelten Sternen hinauf, die in den Lücken zwischen den dicken Wolken zu erkennen sind. Minuten vergehen – vielleicht mehr als das. Ich habe angefangen, den Überblick über die genaue Zeit zu verlieren.
Inoffiziell
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