Drei Wünsche hast du frei: Roman (German Edition)
einigermaßen verzweifelt daran interessiert, die Details ihres Nachmittags mit Aaron nicht zu hören.
Viola zeigt auf ihren Schreibtischstuhl und legt dann eine Decke auf den Boden. Ich setze mich hin, während sie in ihrem Bad herumwühlt und kurz darauf mit einer silbernen Schere zurückkommt. Sie lässt sie in meine Richtung klicken und lacht.
»Ich überlege es mir gerade anders.«
»Aaron und ich haben uns geküsst.«
»Na los, schneide«, sage ich, während ich resigniert beide Hände hebe. Sie lehnt sich an den Schreibtisch hinter mir und wischt die Schere an einem nassen Tuch ab.
»Nur keine Panik. Ich weiß wirklich, wie man das macht. Na ja – gut genug für einen Typen jedenfalls.«
»Das klingt nicht sonderlich beruhigend. Irgendwie glaube ich nicht daran, dass eine Sechzehnjährige Haare schneiden kann.«
»Ach – könntest du’s denn?«
»Nein. Aber auf Caliban wachsen unsere Haare ja auch nicht –«
»Yeah, schon klar. Wie alt bist du eigentlich?«, fragt sie, während sie um den Stuhl herumkommt und sich vor mir aufbaut.
»Hundertsieben«, antworte ich.
Viola macht ein erstauntes Gesicht, aber sie lacht. »Dann wird es sowieso Zeit. Wie kurz willst du sie haben?« Sie setzt sich aufs Bett, so dass unsere Knie nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt sind, und sieht zu, wie ich die Haare auf meiner Stirn glatt ziehe.
»Es ist ein bisschen schwer zu sagen.« Ich glaube es einfach nicht, dass ich Schwierigkeiten habe, mich an den Zustand von vor vier Tagen zu erinnern. »Vielleicht bis hier?«, frage ich und lege den Zeigefinger an die Stelle, von der ich annehme, dass die Haare dort enden sollten.
Sie nickt und steht wieder auf, ehe sie hinter mir und damit aus meinem Blickfeld verschwindet. Es entsteht eine merkwürdige Pause, dann zieht sie die Finger durch mein Haar. Sie lächelt – keine Ahnung, wie ich das mache, aber ich merke einfach, dass sie lächelt –, und ich lehne mich auf dem Stuhl zurück.
»Es kann unmöglich innerhalb von vier Tagen so sehr gewachsen sein«, sagt sie, während sie zum zweiten Mal mit den Fingern hindurchfährt. Ihre Fingerspitzen fühlen sich an wie Blütenblätter, und sie lässt sie in Kurven hinuntergleiten bis in den Nacken.
»Es wächst schneller, wenn wir hier sind – als wollte es aufholen oder irgend so was. Vier Tage Wachstum ist eine ganze Menge.«
Viola tritt wieder vor mich hin und beugt sich vor, bis ihr Gesicht auf gleicher Höhe ist wie meines. Ich weiß, dass sie in Wirklichkeit mein Haar betrachtet, aber es hat den Anschein, als sähe sie mir geradewegs ins Gesicht – ich schließe die Augen, um dem Starren aus dem Weg zu gehen.
»Okay«, sagt sie und klemmt eine Haarsträhne an der Schläfe zwischen den Fingern ein. »Bist du so weit?«
»Du hältst unmittelbar neben meinem Kopf eine Schere in der Hand. Ich habe keine Wahl.«
»Stimmt«, erwidert Viola, und ich höre das Grinsen in ihrer Stimme. Die Schere macht ein ritschendes und klickendes Geräusch dicht neben meinem Ohr. Ich öffne die Augen einen Spalt weit und bemerke die schwarze Locke in Violas Hand. »War doch gar nicht so schlimm, oder? Jetzt halt still!«
»Stopp«, sage ich, den Blick auf den Unterschied von vier Tagen gerichtet, der in ihrer Handfläche liegt. Wenn sie das alles abschneidet, was habe ich dann noch vorzuzeigen als Beweis dafür, dass ich hier war? Es wäre, als hätte sie mich nie beschworen.
Viola schaut von der Stelle, die sie gerade schneiden will, zu meinen Augen hin. »Ich hab doch gesagt, du kannst mir vertrauen!«, sagt sie, und es klingt sowohl amüsiert als auch leicht gereizt.
»Nein, nein.« Ich drehe den Kopf von der Schere weg. »Es ist einfach … ich weiß nicht recht. Ich habe noch nie lange Haare gehabt. Längere Haare meine ich. Vielleicht beobachte ich erst mal, wie es sich entwickelt, bevor ich dich alles absäbeln lasse«, ziehe ich sie auf.
Viola lächelt und legt die Schere auf den Schreibtisch. »Dann soll ich also doch ins Detail gehen über meinen Nachmittag ohne dich?«
»Bitte nicht«, sage ich. Ich lächle dabei, und es klingt leichthin, aber die Wahrheit lautet: Es gibt nichts, das ich noch weniger erfahren will als Genaueres darüber, wie Violas eigener Wunsch sich auf sie ausgewirkt hat.
»Schön, in Ordnung, ich verschone dich. Aber morgen gehe ich mit ihm ins Kino. Auf die eine oder andere Art wirst du die Einzelheiten zu hören kriegen. Außer ich betrinke mich wieder, spreche noch zwei
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