Drei Wunder (German Edition)
zwei Tagen gewesen war. Es war, als ob sie plötzlich wieder in Farbe sähe, nachdem sie Monate lang in Schwarz-Weiß gelebt hatte. Ihr altes, graues Leben kam ihr unwichtig und weit weg vor.
Als die Farbe des Himmels sich von Königsblau in ein dunkles Grau verwandelte, lagen die Schwestern Seite an Seite da, wie sie es seit ihrer frühesten Kindheit getan hatten; Olivia suchte Sternbilder, und Violet hielt nach Sternschnuppen Ausschau.
11
»Mmm«, seufzte Violet und sog den Duft der blubbernden Lagen von Tomatensoße und Nudeln ein. Olivia und ihre Eltern wollten sich gerade um den alten Küchentisch setzen und seit langem wieder einmal zusammen essen, obwohl kein Feiertag war.
Es war auch gar nicht richtig geplant gewesen. Sie waren eher zufällig alle gerade zu Hause, als Mac eine Kasserolle mit dampfender Lasagne aus dem Ofen gezogen hatte. Olivia hatte ihre Hausaufgaben beendet und schnell den Tisch gedeckt. Erst im letzten Moment merkte sie, dass sie schon ein viertes Gedeck für Violet hatte richten wollen, die auf ihrem Platz neben Mac beim Ofen kicherte, als sie Olivias Ausrutscher mitbekam.
»Das ist echt gemein«, fuhr Violet mit einem Seufzer fort. Mac, der einzige Larsen, der als Koch durchgehen konnte, hatte ein kleines, dafür aber gutes Repertoire von schnell zuzubereitenden Gerichten, für die normalerweise ein Topf, ein vorgeheizter Ofen und eine Menge Käse zum Überbacken ausreichte. Violet hatte die Pastagerichte immer am liebsten gemocht – besonders während ihrer regelmäßig zweimal pro Jahr auftretenden Anfälle von Vegetarismus –, und Lasagne war stets ihr Lieblingsgericht gewesen. Leider erlaubte ihr das Geisterdasein nicht zu essen.
Die Haustür wurde geöffnet, und sie hörten, wie Bridget ihre Schlüssel klappernd in die Schale auf der Kommode legte. Sie hatte den ganzen Nachmittag in der Kanzlei gearbeitet, und Olivia sah, wie Violets Blick erwartungsvoll vom Essen zur Küchentür wanderte.
»Das riecht aber gut«, sagte Bridget, als sie hereinkam, und sofort lag eine nach Gardenien duftende Parfümwolke in der Luft. Sie trug – wahrscheinlich weil sie als Einzige an einem Sonntag gearbeitet hatte – die zwanglosere Version ihrer Arbeitskleidung: einen champagnerfarbenen Kaschmirpulli mit kleinen Perlknöpfen, eine aschgraue maßgeschneiderte Hose und flache schwarze Schuhe aus Straußenleder. Sie fasste Olivia zur Begrüßung um die Taille, drückte sie kurz und gab Mac einen schnellen Kuss auf die Wange, bevor sie die Kühlschranktür öffnete und eine Flasche Mineralwasser herausholte.
Die ganze Szene war typisch Mom , und Olivia sah, wie Violet die Tränen in die Augen stiegen. Olivia versuchte sich vorzustellen, wie es wäre, wenn sie selbst da zwischen ihren Eltern säße und sie nicht berühren oder mit ihnen reden könnte. Wenn sie durch sie hindurchgucken würden.
Wahrscheinlich, wurde ihr mit einem Stich klar, war es so ähnlich, wie sie selbst sich in letzter Zeit gefühlt hatte.
Mac verteilte die Lasagne auf die Teller, die Olivia auf den Tisch stellte, bevor sie sich neben ihre Mutter setzte.
»Danke, O«, sagte Bridget, während sie ihr BlackBerry aus der Tasche zog und es neben ihren Teller auf den Tisch legte. »Wie war die Party gestern Abend? Ich habe dich gar nicht heimkommen hören.«
Olivia goss sich ein Glas Wasser ein und nahm einen großen Schluck. »Ganz okay«, sagte sie. »Ich bin aber gar nicht so spät nach Hause gekommen.«
Mac riss ein großes Stück von einem dampfenden Laib Knoblauchbrot ab und reichte es weiter. »Hast du dich gut amüsiert?«
Olivia sah hinüber zu Violet, die der Fragerunde wie ein Zuschauer bei einem Tennisspiel folgte.
»Einigermaßen.« Olivia zuckte mit den Schultern und hoffte, die Antwort war zumindest besser als: Klar, bis ich mich total blamiert habe, mich beinahe in einem Taxi übergeben musste und mir von einem Zauberschmetterling was gewünscht habe. Ach ja, und übrigens: Violet ist zurück.
Sie spürte die Blicke ihrer Eltern auf sich, während sie einen Happen Lasagne auf ihrem Teller herumschob. Bridget räusperte sich und nahm einen Schluck Wasser, bevor sie sich wieder an Mac wandte.
»Wie geht es mit dem Badezimmer im ersten Stock voran?«, fragte sie. Olivia sah von ihrem Teller auf, als ihr Vater sich die Mundwinkel mit der Serviette abtupfte und mit den Schultern zuckte.
»Das wird schon«, antwortete er mit einem gelassenen Lächeln. »Ich arbeite gerade noch an den Schränken im
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