Drei Wunder (German Edition)
Callas Augen gerötet und geschwollen waren.
Alle Zeichen deuteten auf wahnsinnig traurig .
»Bitte«, sagte Calla tonlos. »Sag, dass du es schaffst.«
Olivia hatte keine andere Wahl. Selbst Violet konnte das sehen. Ihre Schwester zuckte hilflos mit den Schultern und schüttelte den Kopf.
»Sicher.« Olivia schloss ihr Buch und steckte es in ihre weiche Ledertasche. »Ich helfe gern.«
Calla ließ sich gegen die Sofalehne fallen und lächelte, bevor sie wieder aufstand. »Vielen, vielen Dank. Kannst du gleich mitkommen?«
Sie begann die Wendeltreppe zur Eingangshalle hinunterzugehen, und Olivia folgte dicht hinter ihr, als sie Schritte hörte. Sie blickte nach oben über den Rand des letzten Treppenabsatzes und sah, wie ihr ein vertrautes Paar blauer Chucks entgegenkam, und beeilte sich, zu verschwinden.
»Sieh dich nicht um«, warnte Violet sie, als sie dann unten durch die Halle liefen. Olivia spürte, dass ihre Wangen gerötet waren, und hoffte, Calla würde es nicht bemerken. Sie gingen um die Ecke und durch eine Glastür in einen weiteren Aufenthaltsraum.
Lark, Eve, Graham und ein halbes Dutzend andere Schüler waren bereits versammelt. Graham und Eve saßen auf dem Boden, den Rücken gegen einen Wasserspender gelehnt. Lark hatte es sich auf einem Stuhl mit hoher Lehne bequem gemacht. Ihr blondes Haar war zu einem wippenden Pferdeschwanz zusammengebunden, und die kleinen Härchen an ihrem Kopf waren elektrisiert, so dass sie wie ein Heiligenschein wirkten. Sie stand auf, als Calla eintrat, und deutete auf den freien Platz neben sich.
»Hey Cal«, sagte sie. »Ich wollte gerade ohne dich anfangen.«
Calla zog ein schmales Etui aus ihrer Umhängetasche. »Zuerst einmal vielen Dank an euch alle, dass ihr heute gekommen seid.« Sie tauschte ihre Sonnenbrille gegen eine normale Brille mit türkisfarbenem rechteckigen Gestell aus. Natürlich sah sie damit – trotz ihrer geröteten Augen – sogar noch glamouröser aus, und Olivia ertappte sich dabei, zu hoffen, ihre eigene erstklassige Sehstärke würde sich irgendwann einmal verschlechtern.
»Ich weiß, dass ihr alle gerade sehr viel zu tun habt«, sagte Calla, »und es ist toll, dass ihr euch die Zeit genommen habt, hier zu sein.«
»Ja wirklich«, warf Lark strahlend ein und ließ ihren Stift an der Spiralbindung ihres Notizblocks entlangrattern. »Es ist super, so viele neue Gesichter zu sehen. Ich meine, weißt du noch, als es nur wir beide und Kiko waren? Ich hätte nie gedacht …«
»Also, wie ihr wisst, planen wir eine Veranstaltung zum Spendensammeln für den Secondhandladen«, unterbrach Calla und blickte an Lark vorbei in die Menge der Anwesenden. »Das Ziel ist, genug Geld zu sammeln, um vor dem Sommer eröffnen zu können. Meine Cousinen haben einen ähnlichen Laden an ihrer Schule in Manhattan eröffnet, und es ist echt toll, wie dadurch ein Projekt laufend unterstützt werden kann.«
Violet ließ ein lautes Gähnen hören, und Olivia warf ihr einen bösen Blick zu.
»Lark teilt ein paar Infos aus, die wir letzte Woche zusammengestellt haben«, erklärte Calla. »Da wir bereits eine ganze Menge Kleiderspenden bekommen haben, überlegen wir, einige davon bei einer Modenschau zu zeigen.«
Olivia bemerkte, wie Violet sich aufrichtete und ihre Augen anfingen zu glänzen. Sobald das Wort Mode fiel, war die volle Aufmerksamkeit ihrer Schwester garantiert.
»Also«, sagte Calla und wedelte aufmunternd mit den Händen. »Irgendwelche Ideen für einen Veranstaltungsort?«
»Wie wäre es mit einem Weinkeller im Napa Valley?«, schlug Eve vor. Ihre dunklen Mandelaugen blitzten herausfordernd, während sie sich – wie üblich – auf Grahams Schoß setzte. »Wir könnten vor der Show noch eine Weinprobe machen.«
Von weiter hinten kam gelangweiltes Stöhnen, und Graham kam seiner Freundin sofort zur Hilfe. »Das wäre doch cool«, sagte er und streckte seine langen Beine aus. Er trug verblichene schwarze Jeans und grüne Nikes, bei denen Olivia nicht sicher war, ob sie trendy aussahen oder nach Kindergarten. »Gibt es ein besseres Rezept, die Leute zum Ausstellen von fetten Schecks zu bekommen, als sie vorher abzufüllen?«
Kichern und beifälliges Nicken.
»Gute Idee«, warf eine tiefe Stimme von der anderen Seite des Raumes ein. Olivia drehte sich um und sah einen zierlichen Jungen mit einem Bürstenhaarschnitt und Stupsnase. »Aber wie wäre es mit Sonoma statt dem Napa Valley?«
Olivia hatte ihn schon öfter mal in der Schule gesehen.
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