Drei Wunder (German Edition)
Stoff seiner Jeans. Es erinnerte Olivia an die Spielzeugautos, die man ein paar Mal vor- und zurückschieben muss, bevor sie dann über den Boden flitzen. Soren nahm ebenfalls Anlauf.
»Aber was?«, fragte sie nach.
»Calla und ich haben Schluss gemacht«, sagte er. Seine Hände hörten auf sich zu bewegen, und seine Schultern sackten nach unten. Einen Moment lang befürchtete Olivia schon, dass er vielleicht sogar anfangen würde zu weinen.
Sie selbst war innerlich vollkommen aufgewühlt und konnte ihre verschiedenen Gefühle gar nicht entwirren. Sie sollte sich freuen, oder? Aber wie konnte sie sich freuen, wenn er so traurig aussah?
»Das tut mir leid«, sagte sie und war überrascht, wie ehrlich es klang. Es tat ihr wirklich leid. Es tat ihr leid, dass er traurig war, denn das war er offensichtlich. Es tat ihr leid, dass Calla traurig war, falls sie es war.
»Hast du …« Die Frage war schon zur Hälfte gestellt, bevor sie es sich anders überlegen konnte. »Ich meine, war es, na ja … gegenseitig?« Olivia verzog das Gesicht, als würde diese blöde Frage gleich zu ihr zurückschnellen und ihr einen Schlag verpassen.
»Nicht direkt«, sagte Soren. »Ich meine, so weit es eben so sein kann. Nichts beruht je völlig auf Gegenseitigkeit, denke ich. Aber es ist die richtige Entscheidung gewesen. Ich denke, das wusste Calla auch.«
»Ja.« Olivia nickte, als hätte sie irgendeine Ahnung. Als hätte sie jemals irgendetwas gehabt, das als Beziehung gelten konnte, geschweige denn, dass sie verantwortlich für deren Ende war.
Soren holte tief Luft, streckte die Arme aus und verschränkte die Finger. Er ließ seine Knöchel knacken. Das Geräusch war unangenehm, aber es klang irgendwie abschließend … oder wie ein Neuanfang.
»Wie auch immer«, meinte er und drehte sich schließlich zu ihr. Seine Augen waren jetzt wieder klarer und sein Gesicht ruhig. »Ich weiß nicht genau, warum, aber ich hatte das Gefühl, ich müsste es dir erzählen. Irgendwie dachte ich, du solltest es wissen.« Er holte tief Luft und lächelte, bevor er sich zurück zum Wasser drehte. Olivia tat es ihm nach, die Stille des frühen Abends breitete sich um sie herum aus, während sie auf den Sonnenuntergang warteten.
Viel, sehr viel später, beim Einschlafen, erinnerte Olivia sich an dieses Lächeln und wie es ein Kribbeln in ihr ausgelöst und sie gewärmt hatte. Es war kein Lächeln gewesen, in das viel hineinzuinterpretieren war. Es war weder zweideutig noch romantisch, es war einfach vertrauensvoll, ungezwungen und echt gewesen.
21
»Kehrtwendung!«, kommandierte Violet. Sie hatte auf der Treppe vor dem Haus der Larsens auf Olivia gewartet.
Nachdem Soren Olivia die Hälfte des Wegs nach Hause gefahren hatte, hatte sie beschlossen, das warme Wetter auszunutzen und die letzten (zumeist bergauf liegenden) zwanzig Blocks bis nach Hause zu laufen. Ihre Beine zitterten, und alles, was sie wollte, war, eine Dusche zu nehmen und ins Bett zu gehen, aber Violet hatte, wie so oft, andere Pläne.
»Meine Füße …«, stöhnte Olivia, während Violet sie zum Auto zog und ihr die Autoschlüssel in die Hand drückte.
»Davon will ich nichts hören«, wehrte Violet ab, als Olivia die Tür aufschloss. »Du hast mir einiges zu erzählen.«
Olivia beugte sich nach vorne, legte den Kopf auf das Steuerrad und drehte sich zu ihrer Schwester. »Kann ich das nicht auch auf dem Sofa tun?«
Violet verdrehte die Augen, strich ihr Haar zurück und drehte es zu einem losen Knoten. »Klar«, sagte sie flach. »Wenn dir nach Streitereien zumute ist.«
Olivia hob eine Augenbraue, und Violet holte tief Luft.
»Dad hat versehentlich ein Loch in die Wand von Moms Zimmer geschlagen. Danach haben sie sich gestritten«, begann sie und verzog das Gesicht, als sie sich an die Einzelheiten erinnerte. »Dad ist ›faul‹ und ›respektlos‹; Mom ist ein ›workaholic‹, die es ›liebt, sich zu beschweren‹ …«
Olivia stöhnte und startete das Auto. »Zu Großvaters Boot?«, fragte sie.
Violet nickte schweigend, und Olivia fuhr los.
Es bedurfte einiger Selbstbeherrschung, aber Olivia wollte nichts von ihrem Nachmittag mit Soren erzählen, bis die beiden Schwestern es sich auf dem Deck der Yacht gemütlich gemacht hatten, zusammen auf einer Decke lagen und in den Abendhimmel schauten.
Violet drehte sich auf die Seite und stützte sich auf einem Arm auf. »Also fang an, erzähl!«
Olivia holte tief Luft und schlug die Hände vors Gesicht, das Lächeln,
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