Drei Wunder zum Glück (German Edition)
geschickt. Im Augenblick hatte sie keine andere Wahl, und in der Nähe ihrer Mutter sein zu können, machte schließlich vieles wett.
»Verstanden«, murrte sie, während sie Jaime in die Scheune folgte.
Der Geruch von Mist und trockenem Heu drang Hazel in die Nase. Bisher war der Hühnerstall bei Roys Schwester auf dem Land ihre direkteste Erfahrung mit Bauernhof-Tieren gewesen. Ihre Aufgabe war es damals, sie jeden Morgen zu füttern, und nach einem unglücklichen Zusammentreffen mit einer verärgerten Legehenne hatte sie wochenlang Albträume gehabt, zu Tode gepickt zu werden. Jetzt betrachtete sie misstrauisch die mürrisch aussehenden Ziegen, während Jaime um eine Ecke ging und eine schmale Treppe in der Scheune nach oben stieg.
»Wohin gehst du denn?«, fragte Hazel. »Ich dachte, unsere Aufgabe sei hier in der Scheune.«
Jaime kletterte weiter die schmale Stiege hinauf. »Nach oben«, antwortete sie, öffnete dort auf dem Treppenabsatz eine kleine Tür und betrat einen kleinen Raum. »Für die Tiere sind Maura und Craig zuständig. Damit hab ich nichts zu tun, auch wenn es das ist, was man eine Gentleman’s Farm nennt.« Hazel sah zurück zu den Pferden in den Boxen, mit ihren großen dunklen Augen, die überhaupt nicht blinzelten. »Was für eine Farm?«
»Das heißt, hier werden die Tiere nicht getötet, um irgendwelche Lebensmittel daraus herzustellen. Es ist alles sehr zivilisiert«, erklärte Jaime und winkte Hazel zu sich in das kleine Büro. »Deswegen riecht es zwar hier drin auch nicht besser, aber daran gewöhnt man sich.«
Hazel blickte sich im Büro um. Es war ein dunkler Raum, gerade groß genug für einen Schreibtisch, einen Stuhl und eine Reihe beigefarbener Schränke. Auf der anderen Seite des Zimmers stand eine zweite Tür offen, durch die man auf einen langen, schmalen Flur hinaussehen konnte.
»Hier schlafen im Sommer die Erntehelfer«, erklärte Jaime. »Da ist noch Platz, wenn du möchtest.«
Hazel zog die Nase kraus und schüttelte den Kopf. Sie war froh, dass sie im Gästehaus wohnen durfte. Auch wenn das bedeutete, mehr Zeit mit Jaime verbringen zu müssen.
»Setz dich«, befahl Jaime und blieb mit verschränkten Armen vor dem Schreibtisch stehen. Hazel ließ sich auf den Bürodrehstuhl fallen.
Jaime streckte die Hand aus und zog eine der obersten Schubladen auf. Darin befanden sich farbige Schnellhefter, die alphabetisch beschriftet waren. »Billy hat schon wieder das Laufband kaputtgemacht«, sagte Jaime und blätterte kurz den Ordner durch. »Ich weiß, dass die Bedienungsanleitung irgendwo hier drin ist, aber ich konnte sie noch nicht finden.«
Jaime griff nun mit beiden Händen in den Schrank und holte noch einen dicken Ordner heraus, der anscheinend sämtliche Bedienungsanleitungen für jedes einzelne elektrische Gerät beinhaltete, das die Scotts je gekauft hatten. Sie ließ den Ordner in Hazels Schoß fallen und schickte den Drehstuhl dadurch rückwärts, bis Hazel zwischen dem Schreibtisch und der Wand eingeklemmt war.
»Viel Spaß, Blondie«, zwitscherte Jaime, während sie den Staub von ihren Händen wischte und wieder die Treppe hinunterging.
»Hazel«, korrigierte Hazel zornig und knallte den Ordner auf den Tisch.
Jaime streckte den Kopf wieder um die Ecke, die dunklen Locken fielen ihr in die Stirn. »Wie war das?«
»Ich heiße nicht Blondie, sondern Hazel«, erwiderte Hazel. »Und es tut mir leid, dass du mich nicht hierhaben willst, aber Rosanna will es. Ich weiß nicht, was dein Problem ist.«
»Problem? Ich habe kein Problem«, erwiderte Jaime, ohne zu zögern. »Und selbst wenn ich eines hätte, kann ich mir nicht vorstellen, dass du es verstehen würdest. Ich habe schon von deinen Eltern und ihrer kleinen Ferienreise durch Europa gehört. Klingt gut.« Jaimes Stimme triefte nur so vor gespielter Ernsthaftigkeit.
Hazels Puls pochte in ihren Ohren, und sie wünschte sich nichts mehr, als alles klarzustellen und ihre echte Geschichte herauszuschreien, die ohne Ferien oder irgendwelche Eltern.
»Bist du sicher, dass es zu spät ist, noch mit ihnen zu reisen?«, fragte Jaime mit einem übertriebenen Schmollmund.
Hazels Wangen brannten, und sie drehte sich schnell zum Ordner auf dem Schreibtisch.
»Bis später, Blondie«, rief Jaime, während sie die Treppe hinablief. Durch das einzige, fleckige Fenster des Büros sah Hazel Jaime nach, wie sie über die Wiese lief. Die Blätter der hohen Eichen bewegten sich in einer leichten Brise, und es war keine
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