Drei Wunder zum Glück (German Edition)
geschwollen. Hazel machte einen Schritt zurück und wollte sich schon damit entschuldigen, die Toilette zu suchen. Doch Jaime brachte sie mit einem einzigen Blick im Vorbeigehen zum Schweigen.
Sekunden später tauchte Luke im Flur auf, die Augenbrauen zusammengezogen, die Lippen vorgeschoben. »Jaime«, rief er ihr nach. Doch sie war bereits an der Haustür. »Jaime, warte!«
»Lass mich in Ruhe!«, hörte Hazel sie rufen. Sie vernahm Lukes Schnaufen hinter sich, und zusammen sahen sie Jaime nach, wie sie im Wäldchen verschwand.
»Sie beruhigt sich schon wieder«, sagte eine brüchige Stimme hinter ihnen, und Hazel drehte sich um. Rosanna stand in der geöffneten Tür. Sie sah so gut aus wie immer, in einem leichten weißen Strickpulli mit Zopfmuster und dunklen Jeans, doch ihre Augen wirkten müde, ihre Haut trockener als sonst.
Den Raum hinter ihr hatte Hazel bisher noch nicht gesehen, und aus den Computern und der Möblierung mit dunklem Leder schloss sie, dass es Billys Büro war.
Rosanna legte eine Hand auf Lukes Schulter. »Gib ihr einfach etwas Zeit«, sagte sie. Ihr Blick landete auf Hazel, und es schien, als überlege sie, ob sie noch etwas sagen sollte oder nicht, dann machte sie einen Schritt zurück ins Büro. Die Tür fiel hinter ihr zu. Hazel schluckte und wusste nicht, was sie sagen sollte.
Luke schob die Hände in die Hosentaschen und starrte auf die Bürotür. Seine Schultern waren nach vorne gebeugt, und er sah irgendwie schmaler aus als letzte Nacht.
»Alles in Ordnung mit dir?«, fragte Hazel. Sie hatte das Gefühl, irgendetwas sagen zu müssen. Nach der Art, wie sie ihn gestern beim Lagerfeuer stehengelassen hatte, meinte sie, ihm zumindest das zu schulden.
Luke sah sie an, als hätte er ganz vergessen, dass sie da war. »Ja«, sagte er und zwang sich zu einem Lächeln. »Ich glaube, ich brauche einfach etwas frische Luft.«
Hazel nickte und sah ihm nach, als er den Flur entlangging.
»Kommst du?«, fragte er an der Tür.
Überrascht von der Aufforderung, beeilte Hazel sich, ihm zu folgen.
Sie gingen den Weg entlang Richtung Strand, dann aber an der Holztreppe und den Klippen vorbei zu einem Waldweg, der zu einer Lichtung und einem kleinen Teich führte, den Hazel aus einem von Rosannas Gemälden kannte.
Hazel warf Luke beim Gehen ab und zu einen Seitenblick zu. Er hatte den Kopf gesenkt und schien nichts als die Spitzen seiner grüngestreiften Flipflops wahrzunehmen.
»Entschuldige«, sagte er schließlich und blieb an einem schiefen Holzsteg stehen, der ins Wasser ragte. »Manchmal muss ich einfach laufen.«
Hazel hielt neben ihm an und folgte seinem Blick. Der Teich lag ruhig und von Lilienblättern bedeckt da, wie aus einem Bilderbuch.
»Schon in Ordnung«, erwiderte sie. »Es geht mich ja nichts an. Du brauchst nichts zu sagen, wenn du es nicht möchtest.«
Luke schüttelte den Kopf und sah sie an. Seine sonst so fröhlichen Augen sahen traurig aus.
»Du wirst es ja doch irgendwann erfahren«, sagte er. »Und du gehörst schließlich jetzt auch dazu, also geht es dich sehr wohl etwas an.«
Luke sah ihr noch einen Moment lang in die Augen, bevor er auf den Steg hinausging. Hazel folgte ihm, in ihrem Kopf drehte sich alles. Sie war nie vorher Teil von irgendetwas gewesen. Selbst wenn es schlechte Neuigkeiten waren, konnte sie nicht anders, als sich ein klein wenig darüber zu freuen, dass sie irgendwo dazugehörte.
Am Ende des Stegs setzten sie sich, ihre Füße baumelten über dem Wasser. Hohe Schilfreihen spiegelten sich im Teich, und Libellen surrten zwischen ihren Knöcheln umher. Luke spielte mit einem Zweig und brach ihn in immer kleinere Stücke.
»Rosanna ist krank«, erklärte er. »Sie hat Krebs.«
Hazel meinte, das Herz bliebe ihr stehen, und ihre Hände waren auf einmal eiskalt. Sie schloss die Augen und dachte zurück an den Abend, bevor sie Kalifornien verlassen hatte. Die Unterhaltung zwischen dem Ehepaar am Büfett, die sie mitangehört hatte:
»Es ging alles so schnell.«
»Rosanna war immer so stark.«
Rosannas Tod schien damals plötzlich gekommen zu sein. Unvermittelt. Hazel hatte nie die Möglichkeit in Erwägung gezogen, dass sie schon achtzehn Jahre lang krank gewesen sein konnte.
»Bist du …« Hazels Gedanken rasten, und sie wusste gar nicht genau, was sie fragen wollte. »Bist du sicher?«
Luke nickte. »Wir haben es alle schon eine Weile gewusst«, erklärte er. »Aber jetzt wird es schlimmer. Sie braucht weitere Behandlungen, aber die
Weitere Kostenlose Bücher