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Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2

Titel: Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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und walten konntest wie ein Fürst. Wie zu Hause, wenn du deiner Tochter beibrachtest, mit »Fuego y sapor« zu kochen, ein sephardisches Lied summend, dessen Herkunft du ja nicht mehr kanntest. Wie sehr, wenn du mit mir, wie im Traum geschehen, in der Küche die Tanzschritte durchgingest, als ich den Kurs »Gesellschaftstanz« belegt hatte. Wie wir stolz aufeinander waren. Wie gut du es fandest, dass ich später einmal Schauspielerin werden wollte. Wie du mir bereitwillig Geld gabst, selbst als wir schon jeden Pfennig umdrehen mussten, damit ich ins Theater laufen und mir Vorstellungen ansehen konnte.
    Und wenn du nicht deine Bedenken überwunden und mir erlaubt hättest nach Südfrankreich zu fahren, als diese Einladung von Isabelle und Gaston kam – aus deiner Liebe für mich heraus, um deiner Tochter etwas Gutes zu tun –, ja, dann hätte ich vielleicht niemals erfahren, dass wir beide jüdische Wurzeln haben. Das musste mir erst Isabelle klarmachen ...
    Ja, ich weiß. Es wurde immer schlimmer für dich. Da war die Inflation, die Geldentwertung, und du wurdest arbeitslos, und dein Hass und deine Verzweiflung wuchsen ins Grenzenlose ...
    Und du warst in diesem Frontkämpferbund. Bei den alten Kameraden, bei Gleichgesinnten, so sagtest du zu mir. Und weit von dir hast du es gewiesen, dass in unserem Haus so etwas wie ein jüdischer Buchstabe sein könnte, als ich zurückkam mit meinem Auftrag.
    Aber ich suchte, Vater, und entdeckte etwas ganz anderes: Dass dein Frontkämpferbund in Wahrheit »Der Stahlhelm« hieß und dass du heimlich eine Waffe hattest in der Wohnung und eine Arm binde mit einem Hakenkreuz ...
    Dein Verleugnen und Verschweigen ließen mich weitersuchen und noch andere Spuren finden. Denn es gab Verwandte von uns in Berlin, die du aus deinem Leben gestrichen hattest. Jüdische Theaterleute, die den Namen Lasker abgelegt hatten und sich nun also Laskarow nannten. Zu ihnen ging ich, um dort nach Isabelles Buchstaben zu suchen. Und das war gut, denn ich lernte den Mann kennen, der mich die Liebe lehrte, und die Wärme und Herzlichkeit seines Elternhauses, und zu guter Letzt: Ich lernte Theaterspielen und kam auf die Bühne. Lernte spielen, leben, lieben. Ja, das war gut.
    Aber was dann war zwischen uns, das war nicht mehr gut.
    Erinnerst du dich, Vater, als ich nach Haus kam, und du saßest mit diesen Tabak rauchenden und saufenden Männern zusammen in unserer Wohnstube, deinen famosen »Kameraden«, und ihr redetet von einem »Sonderauftrag«?
    Wir müssen für einige Zeit verreisen. Nach München ... Jetzt kommen andere Zeiten ... Und wenn wir zurückkommen, ist Deutschland wieder Deutschland ...
    Du mit deiner Pistole und deiner Armbinde ...
    »Lieb Vaterland, magst ruhig sein«, habt ihr gesungen, und ich habe mir, zurückgezogen in meiner Kammer, die Bettdecke über die Ohren gezogen ...
    Und dann, als ich versuchte, dich zurückzuhalten, Vater, von dieser aberwitzigen Reise, da hast du mir ins Gesicht geschlagen!
    Wenn ich daran denke, muss ich mich noch stärker zusammenkrümmen. Ich presse die Lippen aufeinander. Mir ist, als würde meine Wange brennen von dem Schlag, wie damals.
    Und während du mit deinen »Kameraden« nach München aufbrachst, um die Regierung zu stürzen, packte ich meinen Koffer und zog ganz und gar zu den Laskarows und schließlich in die Arme meines Liebsten.
    Als ich dich dann wiedersah, als ich dich zum letzten Mal sah, da waren viele Dinge geschehen. Wir hatten das erste Pogrom auf Berliner Boden erlebt. Wir waren ein Liebespaar geworden, Schlomo und ich. Wir hatten ein altes Theaterstück, das in derAntike spielte – »Bar Kochba« –, herangezogen an die Gegenwart, indem wir, unter anderem, die feindlichen Römer mit dem Hakenkreuzsymbol versehen hatten und die Juden mit dem Davidsstern. Dadurch waren wir ins Rampenlicht gerückt, im Guten wie im Bösen. Dadurch wurde mein Geliebter zu so etwas wie einer Galionsfigur des »aufmüpfigen Juden«, deswegen musste er schließlich sterben ...
    Und du, Vater, kamst aus dem Gefängnis zurück, wo du mit deinen rebellierenden Kameraden gelandet warst, du kamst zurück in deine kalte, leere Wohnung und hattest nichts dazugelernt, und als ich dir von dem erzählte, was ich getan und getrieben hatte, da sagtest du ... Du sagtest ...
    Er hat die geballten Fäuste vor die Augen gepresst, eine Geste der Verzweiflung.
    »Du vernichtest mich!«, sagt er mit dumpfer Stimme hinter seinen Händen hervor. »Du bringst mich um.

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