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Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2

Titel: Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Bist du für mich oder gegen mich?«
    Die Erinnerung peinigt mich, mehr als ich sagen kann. Er ist doch mein Vater! Warum kann man so ... wahnsinnig sein?
    Danach – danach ging es dem Ende zu. Und die Warnung, die du in die Laskarow’sche Wohnung schicktest, dass Schlomo in höchster Gefahr war ... ach, die kam zu spät.
    Dann war da das Blut und der Buchstabe in der Hand des Sterbenden.
    Ach, Vater, wie schön wäre es, wenn du mit mir die Tanzschritte üben würdest in der Küche, die Tanzschritte für das Theater der Laskarows, wie in diesem Traum. Wenn du mir einmal wieder übers Haar streichen und mich dein Mädchen nennen würdest.
    Aus und vorbei.
    Gibt es niemanden, der mich erlöst davon, dass ich hier liege und mich in üblen Erinnerungen ergehe? Der mich befreit von meiner Trauer, von meinem Zorn?
    Durchs offene Fenster kommt ein Luftzug.
    Ich stehe auf. Morgen wird Harald Laskers Tochter die Julia probieren. Ich habe andere, die mich segnen und gesegnet haben. Auf deinen Segen muss ich wohl verzichten, so weh es tut.

12
    Ich entsinne mich, damals.
    Da gab es einen Platz in Hermeneau, den hatte ich mir als so etwas wie eine Bühne ausersehen. Als ich eine glückliche junge Frau war in Berlin, mit meinem Geliebten an der Seite, da stellte ich mir vor, dass wir beide, wenn wir denn gemeinsam den Buchstaben zu Isabelle gebracht hätten, dass wir da oben auf dieser »Bühne« zwischen Himmel und Meer miteinander Theater spielen würden. Nun muss ich es wohl allein versuchen. Muss ohne den Partner spielen.
    Ich steige also den Berg hoch, nähere mich dem Felsentor, durch das man auf die Plattform kommt.
    Es ist mühsam.
    Früher war es nicht mühsam für mich. Empfinde ich es nur deshalb so, weil ich diese Last von Kummer mit mir herumschleppe über die abgestorbenen Lebensträume?
    Und dann stehe ich da oben, auf dieser »Bühne«, jener Plattform, auf der Raum wäre für ein ganzes Theaterensemble, für das ganze Jüdische Künstlertheater Laskarow von mir aus, aber vor allen Dingen für uns beide, für Schlomo Laskarow und mich, seine Liebste und Partnerin. Aber ich bin ganz allein.
    Und in mir wächst so ein dorniger Knäuel von Schmerz und – ja, seit ich diesen Traum hatte, auch von Zorn. Zorn darüber, dass man mich beraubt hat. Dass man mir das Wichtigste einfach weggenommen hat.
    Und plötzlich fange ich an zu schreien.
    »Sie haben ihn erschießen lassen vor meinen Augen! Weil er ein aufmüpfiger Jude war! Und jetzt ist tot! Er ist einfach tot!« Und ich falle auf die Knie, als wenn ich wirklich auf einerBühne wäre, und presse meine Hände auf die Augen und schreie immer weiter: »Komm wieder, verdammt! Lass mich nicht so allein! Was bin ich denn ohne dich! Komm zurück, komm zurück!«
    Und meine Tränen schmecken bitter, bitter wie der Tod. – Irgendwann fühle ich mich ausgeweint und leer.
    Mein Gott, ich kann doch hier oben auf diesem Felsplateau nicht nur herumhocken und klagen. Hier ist jetzt meine Bühne, mit oder ohne den Geliebten, den Partner. Hier muss es sein. Ich muss aufstehen. Muss mit meiner Arbeit beginnen.
    Aber vielleicht nicht gleich mit der Julia ...
    Etwas, was ich mit ihm zusammen gespielt habe. Damit er mir hilft, indem ich mich erinnere. Das erste Stück, das jiddische Historienspiel von Sulamith und Abisalom, eine antike Liebesgeschichte, wo ich die Partie der Sulamith von morgens auf abends übernommen hatte. Das vielleicht. Wo er mir gezeigt hatte, wie man Theater spielt.
    Abisalom, ein junger Held. So habe ich ihn das erste Mal auf der Bühne gesehen – ein Schauspieler, von dem eine magische Kraft auszugehen schien. So sah ich ihn das erste Mal ...
    Er tritt auf, geht mit den Schritten eines jungen Tigers vor an die Rampe.
    Er stützt die Hand in die Hüfte, wirft einen kurzen Rundblick auf sein Publikum, öffnet den Mund zu einem Lächeln. Beginnt seinen Monolog, mit einer Stimme, so weich und metallisch, als wäre er einer von den ganz Großen der Berliner Theaterwelt.
    Und seine Gesten. Die Art, wie er den Arm ausstreckt, wie er die Faust dreht, wie er sich aufrichtet, als müsse er gegen einen Widerstand ankämpfen. Wie er die Zuschauer gleichsam zwingt, an seinen Bewegungen Anteil zu nehmen.
    Und dann – ja, dann gibt es zunächst keinen Applaus, sondern das Publikum »schnurrt«. So, als hätten die Leute hier beim Auftritt des Helden eingeatmet und dann die Luft angehalten und würden nun ausatmen in einem einzigen Luftstrom.
    Und er da oben tritt für

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