Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2

Titel: Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
Vom Netzwerk:
noch unangenehm darin) wächst langsam krauses Haar nach und deckt es zu; eine Narbe wird wohl blei ben. Ich tue zunächst wohl besser daran, mir ein Kopftuch umzuschlingen; wenn ich es umbinde, ohne hinzugucken, wird meist ein ziemlich exotisch wirkender Turban daraus, und so laufe ich nun herum.
    Gaston hat mich heute aus Perpignan abgeholt und wir haben auf der Fahrt kaum gesprochen. Ich habe hinten im Fonds gesessen, froh, wegzukommen aus dem Spital, und andererseits merkte ich, wie matt ich noch war ... Aber damit muss es nun einfach vorbei sein. Ich will, ich darf mir keine Schwäche mehr leisten. Ich muss mit Isabelle reden.
    Ich gehe ins Bad und wasche mir die Hände, und dann ohne Zwischenaufenthalt in die Küche.
    In dieser wunderbaren riesigen Küche fühle ich mich wohl. Darum will ich dort auf Isabelle treffen, mit ihr reden, warum sie mich kein einziges Mal an meinem Krankenlager besuchte.
    Das ist mir lieber, als wenn sie mich in ihr »Boudoir« bitten würde, dieses Turmzimmer. Das Turmzimmer macht mich beklommen, ich werde da gleichsam überrannt von so viel Jüdischsein und Fami lien tra dition. Die Küche macht mich frei.
    Wie erwartet steht meine Ahnfrau am Tisch und kehrt mir den Rücken zu.
    »Was machst du?«, frage ich noch von der Tür aus.
    Sie dreht halb den Kopf zu mir. »Pulpo«, sagt sie, »Tintenfische. Kennst du das?«
    Ich verneine. Als Berlinerin bin ich Landbewohnerin, frischen Fisch zieht man dort aus Flüssen oder Seen. Meeresgetier – Muscheln, Krabben, Krebse und eben Tintenfische – sind mir neu. Ich kann mich nicht erinnern, dass mein Vater sie jemals gekocht hätte.
    »Dann komm und schau zu!«, bietet sie mir an.
    Auf dem Küchentisch vor ihr liegen vier handspannengroße Kalmare, Kopffüßler, beutelförmige Leiber, die Füße oder Fangarme gekringelt wie große Locken. Zwei andere hat sie bereits vorbereitet: die Fangarme vom Rumpf geschnitten, dunkle Blasen beiseitegelegt, den Beutel geputzt und gehäutet.
    »Das kann man essen?«, frage ich neugierig. Isabelle wirft mir ei nen amüsierten Blick zu. »Traust du dich nicht?« Sie kräuselt die Lippen. »Also nach den rituellen Speisegesetzen gehört das eigentlich nicht auf einen jüdischen Tisch. Aber ... «
    »Ich esse alles, was gut schmeckt«, erkläre ich energisch. »Und ich koche es auch. Kann ich dir helfen?«
    »Du kannst die Dinger in der Spüle waschen und mit Zitrone einreiben«, weist sie mich an. Ich denke, sie will gucken, ob ich mich davor ekle, die Reste dieser glibbrigen Meeresbewohner anzufassen, aber da irrt sie sich. Unerschrocken packe ich die Stücke, lege sie auf ein Sieb, wässere und säuere sie.
    »Gut«, sagt Isabelle und hantiert weiter mit ihrem blitzenden großen Messer. »Bis ich die anderen fertig habe, kannst du schon einmal das machen, was du besonders liebst.« Sie lächelt. »Mise en place.«
    Ja, das liebe ich wirklich. »Mise en place«, Küchenlogistik, das Bereitstellen aller Zutaten in der richtigen Reihenfolge. Das Geheimnis meines Vaters.
    »Sag an!«, bemerke ich sachlich zu Isabelle, und sie lächelt weiter. »Grobes Meersalz«, kommandiert sie. »Dann kannst du mir Olivenöl hinstellen – nicht das da von rechts, das ist mit Sesam gewürzt, das zweite von links. Weißwein, der dunkle Krug. Und schneid mir Schalotten klein. Dahinten bei den Möhren liegt Stangensellerie. Gleiche Größe, die Würfel, wie die Zwiebeln, danke.« Ihr Messer fährt durch die Luft. »Thymian; lass ihn an den Zweigen. Zimt steht dahinten. Und dann diese kleine Zinndose dicht daneben. Sehr gut.«
    Ich spute mich. Gerate ins Schwitzen. Stelle eine Eisenpfanne mit hohem Rand auf – die Größe habe ich nach Augenmaß ausgewählt. Bald brutzeln die Zwiebeln im Öl, und dann zischen die geputzten Tintenfischstücke darin, werden mit Meersalz über- körnt.
    Und während Isabelle mit hölzernem Löffel in dem Gericht herumfuhrwerkt, höre ich, dass sie vor sich hin summt. Ohne dass wir darüber geredet hatten, scheint das Übereinkommen »Keine Lieder in der Küche!« hinfällig geworden zu sein.
    Ich sehe sie von der Seite an. Dann summe ich mit. Weniger, weil mir danach ist, als um ein Zeichen zu geben. Ja, es geht wieder mit diesen Liedern.
    Isabelle löscht das Gericht mit Weißwein ab, tut Thymian und Zimt dazu und holt aus der verschlossenen Zinndose vorsichtig ein paar Safranfäden heraus, die sie darüberstreut. Dann setzt sie einen Deckel auf die Eisenpfanne und dreht die Gasflamme

Weitere Kostenlose Bücher