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Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2

Titel: Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Stephansdom, und da sind wir auch schon auf der Kärtnerstraße, wo das Handschuhgeschäft ist, bittschön, steigen ’s aus, gnä’ Fräulein.«
    Er öffnet den Schlag, springt heraus und hält ihr galant die Hand hin.
    Leonie seufzt. »Gibt es irgendetwas auf der Welt, womit ich verhindern kann, dass Sie mich immer ›gnä’ Fräulein‹ nennen?«
    Er sieht ihr mit schief gelegtem Kopf in die Augen (er und sie,sie sind beide gleich groß, stellt Leonie fest, als sie sich gegenüberstehen). »Wenn Sie mich einfach Anton nennen, bittschön. Dann sag ich auch Leonie zu Ihnen.«
    Weil er ihr mit Schwung aus dem Fiaker hilft, rempelt sie fast eine junge Person an, die an jedem Arm einen Korb trägt, darin rotwangige Äpfel, solche kleinen, die man an den Weihnachtsbaum hängt, schon ein bisschen schrumplig um diese Jahreszeit, aber sicher noch voll Saft. So verkauft sie dies Obst wohl hier auf der Straße.
    Leonie will sich entschuldigen, aber Anton kommt ihr zuvor; er herrscht die Händlerin von oben herab an: »Können ’s net achtgeben, gute Frau? Meinen ’s, Sie san allein auf der Gassen?«
    Die Frau knickst erschrocken.
    Während Leonie den Kutscher entlohnt, sieht sie aus den Augenwinkeln irgendeine blitzschnelle Bewegung des jungen Mannes.
    »Kommen ’s, hier entlang.« Er bietet ihr mit übertriebener Theaterverbeugung den Arm. Nach ein paar Schritten zieht er mit der freien Hand einen der kleinen roten Äpfel aus der Tasche, wirft ihn hoch, fängt ihn auf, reibt ihn am Aufschlag seiner Jacke blank und reicht ihn Leonie. »Bittschön, falls Sie mögen.«
    Leonie blinzelt. Das kann doch nicht wahr sein. Der Edle von Rofrano hat eben ...
    »Sie haben der Frau einen Apfel geklaut?«, sagt sie entgeistert.
    »Zwei Äpfel!«, korrigiert er lässig. »Für jeden von uns einen, sonst wär’s ja ungerecht. Und sagen Sie nicht ›geklaut‹, liebste Leonie. ›Stibitzt‹ klingt netter, finde ich. Außerdem ist es Mundraub.«
    Sie sieht ihn an, weiß nichts zu sagen. Er zieht einmal wieder seine schiefe Grimasse. »Mögen ’s keine Äpfel?«
    »Doch. Aber keine geklauten.«
    »Hui! San die Leut aus Berlin alle so heikel?«, fragt er frech. Dann beißt er den Apfel an, kaut einen Bissen. Kommentiert dann: »Recht haben ’s, keinen zu nehmen. Schmeckt eh zu sauer.«
    Dann wirft er die angebissene Frucht achtlos aufs Pflaster, holtdie zweite aus der Tasche und befördert sie schwungvoll über die Schulter in den Dreck am Straßenrand.
    »Was schauen ’s denn so?«
    Sie sagt gar nichts. Will er sich aufspielen vor ihr mit dieser »Apfelsache«? Sie hat lange nicht etwas so Albernes erlebt.
    Da vorn entdeckt sie die Auslagen des Handschuhgeschäfts. Sie zieht ihren Arm aus dem seinen und strebt mit schnellen Schritten darauf zu.
    »So warten’s doch auf mich! Sie wissen doch eh net, was Sie kaufen wollen. Ich wette, Sie kennen net amal Ihre Handschuhgröße!«
    Womit er recht hat …

11
    Nichts ist unbequemer, als Handschuhe an einem warmen Frühlingstag zu tragen, vor allem wenn sie so eng sitzen, dass der Verkäufer sie innen mit Talkumpuder bestreuen und mit einer Art Leisten weiten musste. Aber angeblich haben sie so eng zu sitzen wie eine zweite Haut.
    Nun habe ich sechs Paar solcher zweiten Häute aus noblem Glacéleder und dazu noch genau so ein halbes Dutzend Zwirnhandschuhe »für den Sommer« und obendrein noch ein Paar schwarze Seidenhandschuhe, die bis über den Ellenbogen reichen, »passend zu jeder Abendrobe, gnä’ Fräulein!«
    Ich muss verrückt sein. Ich bin eine junge Frau von siebzehn Jahren, ein Mädchen aus Berlin, Neukölln, Hinterhof, und sitze hier auf einmal mit dreizehn Paar Handschuhen herum. Das stimmt doch irgendwie nicht!
    Und damit nicht genug. Man hat mir woanders ein Kleid aus weißem Leinen mit Spitze und einer schwarzen Masche (sprich: Schleife) aufgeschwatzt (»Lässt Ihnen wunderbar zu ihrem brünetten Teint, gnä’ Fräulein!«), obwohl ich eigentlich auf eine ganz andere Farbe aus war und vor allem auf einen anderen Schnitt. Nicht so etwas mit betonter Taille und weit schwingendem Rock, als wär’s eine Ballettrobe. Trägt man das denn überhaupt noch? Aber mir wird versichert, dass »so junge Maderln wie Sie« in Wien nur so etwas tragen würden. Und dann sind da noch Schuhe und Seidenstrümpfe und zwei Handtäschchen. Nur zu Hüten habe ich mich nicht überreden lassen; mein breitkrempiger Strohhut als Sonnenschutz, das »Wagenrad«, das ich mir damals in Berlin für

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