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Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2

Titel: Drei Zeichen sind die Wahrheit - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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war jetzt der Schmelz weg. Da gab’s keine nette Frau mehr, die auf den alten Schwerenöter hereinfiel. Und ich...«
    Sie macht eine Pause.
    »Du?«
    »Ach, das geht dich nichts an. Ich hab halt gelebt. Eine Weile war ich auch weg aus Wien. Hab irgendwie versucht, meinen Vater mitzuernähren. Geht keinen was an.« Sie rutscht hin und her, kreuzt die Arme über der Brust. »Mir ist kalt.«
    Wortlos schiebt Leonie ein Stück ihrer Decke hinüber und Felice zieht sie sich über die Knie.
    »Dann auf einmal hatte mich meine Tante Isabelle ausfindig gemacht und lud mich zu sich ein. Mein Vater wollte nicht, dass ich zu denen fuhr. Er war gar nicht gut zu sprechen auf seine Schwester und erst recht nicht auf ihren Mann. Die Gründe sind ja jetzt egal. Wenn ich dich so vor mir sehe, denke ich, vielleicht hätten die beiden, Isabelle und dieser Gaston, mir damals die Chance geben wollen, die du jetzt hast. Um etwas gutzumachen oder weswegen auch immer.
    Von dem Alten wusste mein Vater so Geschichten.« (Schon wieder so eine Andeutung wie im Kaffeehaus, denkt Leonie.) »Er hat es mir verboten, nach Südfrankreich zu gehen. Nun, das hätte mich nicht geküm mert, ich wäre trotzdem hingefahren. Aber dann, im Sommer vor zehn Jahren, fing dieser Krieg an. Keine Reise in den Süden. Aus die Maus. Wie auch immer. Jahre davor war ich ohnehin zum Glück meiner großen Chance begegnet. Die hieß Kommerzienrat Gustav von Krumb und war zweiundsiebzig Jahre alt. Und ich hielt sie fest, diese Chance.«
    Sie lacht leise und ironisch. »Ich weiß gar nicht, warum ichdir die alten Kamellen erzähle. Eigentlich wollte ich nur erklären, warum deine großartige Idee mit dem Kochen bei mir auf unfruchtbaren Boden gefallen ist. Ich sagte ja schon: Ich will von dem jüdischen Zeug nichts mehr wissen. Es erinnert mich an das Elend von damals.«
    Sie zieht die Decke noch mehr an sich, hoch bis zu den Schultern, sodass Leonie jetzt nur noch ein kleines Stück bleibt.
    »Und trotzdem.«
    »Trotzdem was?«, fragt Felice scharf.
    »Trotzdem«, sagt Leonie. Sie ist ganz ruhig. »Trotzdem summst du die sephardischen Lieder vor dich hin. Und trägst das Mem an deinem Hals. Das Mem, das dein Vater offensichtlich bei aller Not und Armut nicht weggegeben hat.«
    »Du kennst das?«
    Leonie zögert. Jetzt ist der Augenblick gekommen. Sie muss Farbe bekennen.
    »Ja. Es gehört zu den drei Buchstaben, die Isabelle braucht, um – um eine kabbalistische ...« Leonie stockt. Die Worte fehlen ihr angesichts dieser Frau für das, was Isabelle vorhat. Wird sie nicht ein gellendes Gelächter ernten? Aber Felice sagt ganz sachlich: »Geht es um die alten Geschichten?«
    »Um die alten Geschichten«, bestätigt Leonie leise. »Du weißt davon?«
    »Liebe Güte. Ja. Ich kenne dies verworrene Gerede.« Pause. »War das der Grund, dass du auf der Soiree dastandest wie ein Stockfisch? Weil ich den Buchstaben getragen habe?«
    »Ja.«
    Dann sagt Felice gedehnt: »Jetzt verstehe ich. Daher weht der Wind? Bist du scharf auf das Mem?«
    »Ich soll es zu Isabelle bringen«, erwidert Leonie. Wozu jetzt drum herumreden ...
    »Und du lässt dich auf so etwas ein«, sagt die andere nachdenklich. »Klar, das verstehe ich. Wenn man so eine Ausbildung angeboten bekommt von den reichen Leuten, als Gegenleistung ... Leonie, ich sag dir eins: Wenn sie mir offeriert hätten, mich zu fördern,mich zur Schauspielerin zu machen – das, was mein Mann dann getan hat – ich hätte ihnen mit Freuden und ohne Zögern alle goldenen Buchstaben der Welt gegeben. Aber als ich nach Hermeneau gerufen wurde, wäre es ohnehin zu spät gewesen. Mit dreißig kann man keine Bühnenkarriere mehr beginnen.«
    »Mit dreißig?«, fragt Leonie irritiert. »Wieso mit dreißig?«
    »Weil ich damals dreißig war, im Jahr 1914«, entgegnet Felice und schnaubt verächtlich durch die Nase. »Jetzt weißt du’s. Uralt, die Lascari, nicht wahr? Nur noch gut für Mütterrollen.«
    »Aber...«
    »Aber was?« Felice lässt ihr keine Zeit, über diese Information nachzudenken. »Jetzt?« Ihre Stimme wird scharf. »Jetzt bin ich, wer ich bin. Und ich denke nicht daran, mich von dem Mem zu trennen.«
    Leonie ballt die Fäuste. Ihr ist schlecht vor Aufregung. »Ich hab eben gehört, du willst die Vergangenheit hinter dir lassen«, sagt sie so beiläufig wie möglich.
    Die Schauspielerin lacht kurz. »Gutes Argument. Kluges Mädchen. Recht hast du. Aber für mich ist das Stück nicht Teil irgendeiner Vergangenheit und schon

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