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Drei Zeichen sind ein Wort - Band 1

Titel: Drei Zeichen sind ein Wort - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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schon kaufen, außer den ganz Reichen? Schieber, Leute, die ihren Profi t aus dem Elend der anderen ziehen. Ausländer natürlich auch ... Der Vater hat ihr es erklärt. Weil das Geld nichts mehr wert ist, sind die kleinen Leute gezwungen, die paar Kostbarkeiten, die sie vielleicht haben, ihre Eheringe, ihr Silberbesteck oder ihr gutes Kaffeeservice, zu verkaufen für pfundweise deutsches Papiergeld, damit sie überleben können. (Sie selbst machen das auch so.) Und diese Schieber bringen die wertvollen Sachen dann ins Ausland und verhökern sie für das Doppelte und Dreifache in harter Währung. Und dann kommen sie zurück und machen sich hier einen schönen Tag.
    Nun, Devisen hat Leonie heute ausnahmsweise auch.
    Die Cafés haben ebenfalls schon geöffnet und Stühle herausgestellt. Männer sitzen draußen, mit Schnurrbart und gewienerten Lackschuhen, haben irgendwelche durchsichtigen Getränke in geschliffenen Kristallgläsern vor sich und mustern sie, Leonie, durch ins Auge geklemmte Eingläser an schwarzem Samtband. Damen im Strohhut und mit Zwirnhandschuhen sitzen mit übergeschlagenen Beinen, die Zigarette in langer Spitze in der Hand, und trinken ihren Mokka. Das sind sie bestimmt, diese Leute: Kriegsgewinnler!
    Einen Hut, beschließt Leonie, einen Florentiner Strohhut mit großer Krempe braucht sie auf alle Fälle für Südfrankreich, so ein richtiges Wagenrad!
    Unternehmungslustig, mit schnellen Schritten bahnt sie sich ihren Weg durch die Passanten. Es werden immer mehr, je weiter der Vormittag vorrückt. Herren in weißen Anzügen und Frauen in geblümten Kleidern auf den Bürgersteigen, laut und lebhaft miteinanderredend und lachend. Pferdewagen und Autos auf der Fahrbahn, ein wildes Gehupe und Gebimmel. Dazwischen ziehen be reits zu dieser Stunde Männer in irgendwelchen Livreen Handwägelchen mit großen Plakaten durch die Gegend. Werbung für Klubs und Nachtlokale. Manche tragen solche Dinger auch am Leib wie einen Panzer, hinten und vorn. Was für eine unangenehme Arbeit, so herumzulaufen, fi ndet Leonie, wie peinlich! Aber ehe man gar nichts verdient, stempeln geht wie ihr Vater ...
    Ihre gute Laune bekommt einen Dämpfer, wenn sie diese Männer betrachtet, und noch beklommener wird ihr zumute, wenn sie junge Leute sieht, die überall an der Wand lehnen, ein Schild um den Hals: »Suche Arbeit« – »Nehme alles an« – »Arbeit gleich welcher Art gesucht« – »Bin zu jeder Tätigkeit bereit«.
    Sie atmet tief durch. Noch sieht es bei ihnen ein bisschen anders aus. Zwar waren ihre kleinen Sparguthaben fast von einem Tag auf den anderen nichts mehr wert. Für tausend Mark konnte man sich gerade noch ein Pfund Margarine kaufen. Aber sie sind ja nur zu zweit, da reicht das wenige länger und sie können sich einrichten. Und sie haben eben immer noch etwas aus den Familienbeständen zu versetzen: Viel ist zwar nicht mehr da. Mutters Tafelgeschirr mit dem Zwiebelmuster aus Meißen (sie hat es mit in die Ehe gebracht), ihre großen Vasen, ihre Pelzboa (ein schöner Blaufuchs) sind zur Kommissionshändlerin gewandert ... Doch bestimmt bekommt ein Könner wie Harald Lasker bald wieder Arbeit.
    Nein, sie lässt sich heute den Tag nicht mit Sorgen vermiesen.
    Vorbei an der Gedächtniskirche, die Straße entlang, kommt sie zum Café Kranzler. Hier hat sie damals ein Eis gegessen! Das erste Eis ihres Lebens!
    Leonie zögert. Aber genau jener Tisch ist nicht besetzt, an dem sie damals gesessen hat, zusammen mit Mutter und Vater, ein einziges Mal in den wenigen unbeschwerten Monaten, in denen die kleine Familie zusammen war, vor dem Tod der Mutter ...
    Ja, ich habe mich an den Tisch gesetzt und ein Vanilleeis bestellt, wie damals, und rechne im Geheimen, ob ich es mir leisten kann, mitdem, was ich an Mark in der Tasche habe (die Dollars sind mir dafür zu schade), denn das ist ja nun schon wieder weniger wert als gestern. Sei’s drum.
    Und während die süße Köstlichkeit mir auf der Zunge zergeht, schließe ich die Augen und denke zurück.
    Ich war zwölf damals. Und es hatte eine Weile gedauert, bis ich den hageren, braunhäutigen Mann mit den ernsten dunklen Augen, den ich ja die vier Kriegsjahre höchstens einmal auf Heimaturlaub gesehen hatte, wieder »Papa« nennen konnte. Aber dann brach eine Zeit an – ja, das war wohl die bisher glücklichste meines Lebens. Vater, Mutter, Kind. Das Schönste war, wenn wir beide, Mama und ich, den Vater vom Savignyplatz abholten nach der Mittagsschicht in seiner

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