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Drei Zeichen sind ein Wort - Band 1

Titel: Drei Zeichen sind ein Wort - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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filtern zu können. Und diese Augen sind vor ihr. Alles andere ist fort.
    Sie kann nicht anders.
    Sie beugt sich vor über den Tisch und küsst Schlomo.
    Er führt seine Hand an die Lippen, als wolle er diese Berührung festhalten, sieht sie an, ohne zu lächeln.
    Sie hat das Gefühl, dass sie zweigeteilt ist. Und irgendwo, so wie der tote Sternensohn in seiner Szene zu Boden sinkt, bleibt auf einmal die alte Leonie irgendwo liegen, und eine andere erhebt sich. Das grüne Zeug scheint sie verwandelt zu haben.
    Ihr dritter Tanz ist ein Blues. Eng beieinander, Hüfte an Hüfte, gleiten sie über die Tanzfl äche, sie hat den Kopf auf seiner Schulter, und seine Hand ist von ihrer Taille heruntergeglitten auf ihr Hinterteil, er presst sie fest an sich.
    »Ich möchte dich jetzt küssen und küssen und küssen«, flüstert sie an seinem Ohr und spürt seinen Körper an ihrem Körper. Diese neue Leonie sagt – wagt sich zu sagen: »Und das, was du jetzt gerade willst, das will ich auch.« Und dann: »Wohin gehst du immer mit den Mädchen nach dem Tanz?«
    »Leonie, warte!«, murmelt er. »Nicht so schnell!«
    »Je eher, desto besser.« Ihr ist schwindlig vor Sehnsucht nach ihm.
    Dann sitzen sie wieder am Tisch und trinken beide von demWasser. Sein Atem geht hastig und stoßweise. »Du setzt mir ganz schön zu«, sagt er. Sein Gesicht ist gerötet.
    Sie schweigt, sieht ihn abwartend an.
    »Wenn du ein Mädchen für eine Nacht wärest ... Aber das bist du nun wirklich nicht. Fast möchte ich sagen: leider.«
    »Ach, geht es darum, dass du Mame versprochen hast, ›in den Grenzen des Schicklichen‹ zu bleiben?«, sagt sie mit verzogenen Mundwinkeln.
    »Du bist ein dummes Ding und verstehst nicht«, sagt er, und es klingt verzagt und ärgerlich zugleich. »Und jetzt spielen sie einen Tango und den müssen wir hinbekommen.«
    Sie nehmen Aufstellung, dicht bei der Musik. Leonie hat noch nie wirklich Tango getanzt. Die verschlungenen Figuren, die sie, »Avram avinu« in der Küche summend, miteinander ausgeführt haben, sind ihre einzige Erfahrung. Aber sie erinnert sich daran, wie das aussah, was das Tanzlehrerpaar damals seinen Schülern vorgetanzt hat, sozusagen als den Gipfel des Könnens. Als Schlomo nun mit einem »Appell« eröffnet, mit dem herausfordernden Aufstampfen des rechten Fußes, als sei er ein Torero, der die Aufmerksamkeit des Stiers auf sich lenken will, begreift sie sofort, dass sie beide hier miteinander ein Spiel aufführen werden. Und auch die Musiker haben etwas mitbekommen. Der Pianist greift plötzlich härtere Akkorde, der Mann am Saxophon legt Schmelz in seinen Ton, der Schlagzeuger fordert den Rhythmus heraus, treibt sie beide vorwärts.
    Leonie, wie festgeklebt an ihrem Partner, sein Bein zwischen ihren Schenkeln, lässt sich von seinen Hüften und Händen die Kommandos geben, die Drehungen, das Innehalten, die Schrittfolgen. Als er sie zurückbiegt und sich über sie beugt, vollführt sie instinktiv einen Schwung mit dem Bein, umklammert sein Bein von hinten, gibt ihn wieder frei. Sie starren sich in die Augen, während er sie in einer furiosen Schrittfolge quer über die ganze Tanzfläche treibt, sie zum ersten Mal loslässt, um sie in eine Drehung hineinzuwirbeln, sie jäh wieder an sich reißt.
    Die Musik hört auf und sie verharren in der Ausgangsposition,bewegungslos. Leonie sieht erst jetzt, dass außer ihnen keiner getanzt hat, dass sich ein Kreis von Zuschauern um sie gebildet hat.
    Irgendjemand versucht, zu applaudieren. Schlomo lässt einen blitzenden Blick über die Zaungäste hingleiten, erstickt damit weitere Reaktionen im Keim, sagt gelassen: »Das ist hier kein Show- Tanz.«
    Der Kreis öffnet sich. Als er sie zum Tisch führt, vernimmt sie mit halbem Ohr eine Bemerkung: »Semitisches Temperament!«
    »Hör einfach nicht drauf«, sagt er zwischen den Zähnen hindurch.
    Es ist ihr auch völlig egal.
    Glücklich und erschöpft lässt sie sich am Platz nieder.
    Und dann sagt er eine Weile nichts. Guckt in eine andere Richtung. Verschränkt die Hände auf dem Tisch. Seine Fingerknöchel sind weiß.
    Dann, plötzlich, winkt er dem Ober. »Ein Taxi für die Dame. Und ihren Mantel, bitte.«
    »Was soll das? Wieso ein Taxi für mich ?«
    »Das ist zu Ende hier.«
    »Wegen diesem dummen Zwischenruf?«
    »Ach, nicht deswegen. Leonie, du musst nach Haus. Glaub mir, es ist besser für uns beide.«
    Sie starrt ihn an. »Du willst mich jetzt wegschicken?«
    Er nickt. Sie sieht seinen schnellen

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