Dreibettzimmer: Roman (German Edition)
die Stimme des Froschmannes. Er sieht uns an, wie nur ein Frosch schauen kann, begreift offenbar, dass ihm womöglich eine zusätzliche Schicht für die Reinigung seines Zuges bevorsteht, und packt mich am Schlafittchen.
»Sofort raus aus dem Fun-Frog!«, befiehlt er, aber da bin ich schon aus dem Wagen gesprungen, presse die Zähne zusammen und renne los, ohne zu wissen, wohin. Ich drücke mir die Hand auf den Mund, halte ihn zu. Verdammt, weit und breit keine Toilette in Sicht, nicht mal ein Mülleimer. Nur das riesige Bällebad.
An dessen Rand steht Paula Fröhlich und winkt.
Zwanzig Minuten später sitzen Anne, Mr. Perfect, Leonie und ich wieder in Mr. Perfects Audi und fahren so vorsichtig durch die Serpentinen, dass sich hinter uns Autoschlangen wütender Tiroler bilden. Auch im Wagen herrscht dicke Luft.
»Hausverbot im Family-Land!« Anne haut fluchend mit der flachen Hand auf die Ablage. »Und wir waren keine Stunde drin!«
»Wie kann man nur ins Bällebad kotzen?«, stimmt Mr. Perfect fassungslos vom Fahrersitz ein. »Du hast die kleine Paula voll erwischt! Die kannst du jetzt wegschmeißen!« Ich hätte Lust, mich noch mal zu übergeben: in die Lüftung seines Audis. Aber mein Magen ist völlig leer.
Anne sieht ihn mahnend an und macht die Reißverschlussgeste. Ja, so einen Reißverschluss hätte ich vorhin gebraucht.
»Caspar ein Bollerchen gemacht, okay?«, verteidigt mich Leonie. »Groooßes Bollerchen!«
Ich nicke dankbar. Leider geht dieses bescheuerte Zittern schon wieder los. Offenbar habe ich mir echt einen Virus eingefangen. Aber was, wenn mit meinem Herzen etwas nicht stimmt? Meine Hände verkrampfen sich schon wieder. Das gleiche Gefühl wie in der Sauna.
»Entschuldigung«, bitte ich Anne und Mr. Perfect. Jeder Atemzug kostet mich unendlich viel Kraft. »Können wir wohl bitte in ein Krankenhaus?«
Wenig später biegen wir in die Einfahrt zur Notaufnahme ein. Mit Mühe öffne ich die Tür. Anne holt Leonie aus dem Kindersitz.
»Wahrscheinlich kannst du nicht laufen, oder?«, fragt Mr. Perfect. Mittlerweile rast mein Puls so sehr, dass ich mir sicher bin: Ich habe einen Herzinfarkt. Da kann man auf männliche Eitelkeiten keine Rücksicht nehmen. Außerdem verliere ich wahrscheinlich gleich wieder das Bewusstsein, und dann muss Mr. Perfect eh ran.
»Bitte tragen«, keuche ich.
Er seufzt und zuckt mit den Achseln. »Dich habe ich in den letzten zwei Tagen öfter über Türschwellen gehoben als meine echte Frau in unserer gesamten Beziehung«, stellt er fest, während er mich wie einen Sack Kartoffeln über die Schulter wirft.
Drinnen misst der Arzt meinen Puls, legt mich gleich an den Tropf und bittet Anne, Leonie und Mr. Perfect ins Wartezimmer. Kaum bin ich in der sterilen Sicherheit des Krankenhauses, fühle ich mich etwas besser.
Drei Stunden später, als eine Kardiologin mit einem Ultraschallgerät mein Herz untersucht, hat sich mein Puls vollends beruhigt. Anne und Mr. Perfect stehen fasziniert vor dem kleinen schwarzen Bildschirm.
»Können Sie schon erkennen, was es wird?«, fragt Anne mit gespieltem Ernst.
»Bestimmt ein Mädchen«, versichert Mr. Perfect feixend und legt ihr den Arm um die Schulter. Am liebsten würde ich sie rausschmeißen lassen. Zum Glück bleibt wenigstens die Ärztin ernst und lässt ihren Blick nicht vom Bildschirm, auf dem meine Herzorgane nun in verschiedenen Farben aufleuchten. Schließlich wischt sie die Sonde mit einem Papiertuch ab und schaut mich an.
»Sie haben ein sehr zartes Herz.«
»Danke«, hauche ich.
Anne und Mr. Perfect prusten los. Auch Leonie lässt ihr helles Lachen durch den Raum schallen.
Mit einem strengen Blick schickt meine Ärztin das Trio Infernale aus dem Zimmer. Offenbar will sie bei der Diagnose mit mir allein sein. Sie atmet tief ein und aus.
Oh Gott, Herzmuskelentzündung, Herzschwäche? Brauche ich einen Bypass oder gar einen Herzschrittmacher? Zahlt meine Krankenkasse das?
Die Ärztin sieht mir tief in die Augen. »Sie sind völlig gesund«, erklärt sie und versucht ein Lächeln, das allerdings ahnen lässt, dass der Diagnose ein Rattenschwanz folgen wird. »Körperlich.«
Ich schaue sie fragend an. Was soll denn das jetzt heißen?
»Hatten Sie in der Vergangenheit viel Stress?«, will sie wissen. Ihr argwöhnischer Blick erinnert mich an die Profiler in diesen amerikanischen Krimiserien.
»Ich habe mit dem Rauchen aufgehört. Beruflich hatte ich auch eine Menge um die Ohren.«
Sie sieht mich gleichzeitig
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