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Dreibettzimmer: Roman (German Edition)

Dreibettzimmer: Roman (German Edition)

Titel: Dreibettzimmer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Glubrecht
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schüttelt lächelnd den Kopf. »Tut mir leid, aber das Problem sind Sie. Auch wenn Sie das nicht wahrhaben wollen.«
    Diesmal schaut er mir nicht nur in die Augen, sondern starrt mir regelrecht in die Pupillen – wie ein Verkehrspolizist.
    »Nehmen Sie Psychopharmaka?«
    »Natürlich nicht!«
    »Das ist gut. Denn falls Sie so was genommen hätten«, er sieht mich an wie ein Hausmeister, der einen Lausbuben beim Rauchen ertappt hat, »sollten Sie jetzt auf keinen Fall noch mehr Alkohol trinken. Diese Pillen machen aus einem intelligenten, nun ja, Automechaniker einen abgestumpften Zombie – entschuldigen Sie meine Ehrlichkeit.«
    Ich schlucke. Sogar die Spucke schmeckt nach Wein. »Na, ein Glück, dass ich keine genommen habe, nicht wahr?«
    Wenig später stehe ich vor der Hoteltür. Es weht ein schwüler Wind, und zwar so stark, als würde er ein Jahrhundertgewitter ankündigen. Blöderweise habe ich meine letzte Schachtel Kippen in den Spielplatzmülleimer geschmissen, und der ist bestimmt schon geleert. Hier ist auch weit und breit kein Automat in Sicht: Rechts von mir beleuchten Laternen die alleeartige Ausfahrt, links liegen dunkle Wiesen. Der Ort ist zwei Kilometer entfernt. Bei dem Rückenwind schaffe ich den Weg dorthin in zehn Minuten.
    Eine halbe Stunde später erblicke ich am Straßenrand das Leuchtschild einer Bar: »Bei Anton«. Zur Skisaison tobt hier bestimmt die Hüttengaudi. Jetzt erinnert der Schankraum eher an eine Mischung aus Heimat- und Horrorfilm: helles Holz, Eckbänke, schummriges Licht. An den abgeschrammten Tischen sitzen nur wenige Gäste. Der Barkeeper ist gerade damit beschäftigt, die Flaschen im Regal mit dem Handtuch abzustauben.
    »Entschuldigung, wo finde ich denn den Zigarettenautomaten?«, will ich wissen.
    »Im Klo«, antwortet Herr Béla. Was macht der denn hier? Verfolgt er mich?
    Nein, es gibt nur eine Lösung. »Sie arbeiten so viel, um Ihre arme Familie in Ungarn zu ernähren, stimmt’s?«
    Er schüttelt den Kopf. »Ich will reich werden, damit ich eine gute Frau kaufen kann.«
    »Machen Sie das lieber nicht«, rate ich ihm. »Sie würden es bereuen. Allein ist man noch am besten dran.«
    Aber Herr Béla lässt sich nicht beirren. »Ein Mann braucht eine Frau«, behauptet er. Selber schuld.
    Auf dem Rückweg von den Toiletten komme ich an einem Gast im Karohemd vorbei, der versunken vor seinem Glas sitzt.
    »Was machen Sie denn hier?«, fährt er mich an. Es ist Herr Fröhlich. Er sieht zornig aus.
    »Ich wollte nur Zigaretten holen«, stammle ich, »bin gleich wieder weg. Tut mir echt leid wegen Ihrer Tochter.«
    »Setzen Sie sich«, befiehlt Fröhlich und winkt Herrn Béla, mir auch ein Glas von dem Gesöff zu bringen, das vor ihm steht. Eigentlich hatte ich erwartet, dass er gleich mit mir vor die Tür gehen will. Wahrscheinlich möchte er mich erst psychisch brechen und dann physisch. Oder hat er es auf noch mehr Geld für seine Tochter abgesehen? Auf jeden Fall habe ich gerade echt andere Sorgen als diesen überambitionierten Vater.
    Herr Béla stellt mir ein Glas hin.
    »Was ist denn das?«, will ich wissen.
    »Papa Ice Tea.«
    Ich seufze. Schon wieder dieser Kindersekt, nein, diesmal wohl ein Kindercocktail. »Ohne Alkohol?«
    Herr Béla schüttelt den Kopf und grinst. »Papa ist der Kosename meines Heimatdorfes. Der ganze Name ist zu lang für die Getränkekarte.« Er sieht Fröhlich fragend an.
    Der deutet auf seinen Deckel. »Heute gehen alle Drinks auf mich. Ich schulde dem Mann noch Geld.«
    Der will die kompletten fünfzig Euro versaufen, die er mir vom Eintritt schuldet? Na, dann Prost. Aber immerhin zivilisierter, als sich zu prügeln.
    »Stanley«, sagt er und nimmt sich, ohne zu fragen, eine Zigarette aus meiner Schachtel. Ich murmele meinen Vornamen und tue es ihm gleich. Wir stoßen an und trinken. Der Papa Ice Tea schmeckt wie ein guter Drink, der ohne unalkoholische Geschmacksverstärker auskommt. Es schüttelt mich sogar kurz. Eine Weile rauchen wir schweigend, während mein Gegenüber offenbar seinen Gedanken nachhängt. Irgendwann drückt Stanley seine Kippe aus und zündet sich eine zweite an.
    Ich räuspere mich. »Wir hatten einen schlechten Start – der Stress im Sandkasten, der Ärger im Tanzkurs –, du kannst mir gern noch eine reinhauen, aber bitte erst, wenn ich ein paar von diesen Drinks intus habe.«
    Er schaut mich erstaunt an und winkt ab. »Ich hab gerade andere Sorgen. Emma und ich haben uns gestritten.« Will der jetzt echt mit

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