Dreifach
In letzter Zeit hatte er unmittelbar praktischen Wert bewiesen, als die Palästinenserbewegung begann, in Europa zu operieren.
Er hatte Hotelzimmer und Flüge gebucht, Autos und Häuser gemietet, Waffen und überwiesene Gelder gelagert.
Hassan war kein Mann, der mit der Waffe umging. Erschämte sich dessen ein wenig, war aber um so stolzer, weil er sich auf andere – gewaltlose, aber trotzdem praktische – Weise so nützlich machen konnte.
Die Ergebnisse seiner Arbeit hatten in jenem Jahr zu dem Anschlag in Rom geführt. Yasif war von Mahmuds Programm des europäischen Terrorismus überzeugt. Er war sicher, daß die arabischen Armeen, selbst mit russischer Unterstützung, die Juden nie besiegen könnten, denn die Bedrohung führte bei den Juden dazu, sich als belagertes Volk zu fühlen, das sein Zuhause gegen ausländische Soldaten verteidigte – und daraus bezogen sie ihre Kraft. Die Wahrheit bestand nach Yasifs Meinung jedoch darin, daß die palästinensischen Araber ihr Zuhause gegen einmarschierende Zionisten verteidigten. Es gab immer noch mehr arabische Palästinenser als jüdische Israelis, wenn man die Flüchtlinge in den Lagern mitzählte; und sie , nicht ein Heer von Soldaten aus Kairo und Damaskus, würden die Heimat befreien. Aber zuerst mußten sie an die Feddajin glauben. Aktionen wie das Attentat auf dem Flughafen von Rom würden sie davon überzeugen, daß die Feddajin internationale Möglichkeiten besaßen. Und wenn das Volk an die Feddajin glaubte, würde das Volk zu Feddajin werden und damit unaufhaltsam sein.
Die Sache in Rom war eine Nebensächlichkeit, verglichen mit dem, was Hassan plante.
Es war ein unerhörtes, überwältigendes Vorhaben, das die Feddajin für Wochen auf die Titelseiten der internationalen Presse bringen und beweisen würden, daß sie eine mächtige politische Kraft waren und nicht eine Schar zerlumpter Flüchtlinge. Hassan hoffte sehnlich, daß Mahmud seinen Plan akzeptieren würde.
Yasif Hassan war gekommen, um vorzuschlagen, daß die Feddajin einen Holocaust kapern sollten.
*
Sie umarmten sich wie Brüder, küßten sich auf die Wangen und traten dann zurück, um sich anzusehen.
»Du riechst wie eine Hure«, sagte Mahmud.
»Du riechst wie ein Ziegenhirt«, entgegnete Hassan. Sie lachten und umarmten sich noch einmal.
Mahmud war ein riesiger Mann, ein paar Zentimeter größer als Hassan und viel breiter; und er wirkte riesig durch die Art, wie er den Kopf hielt, ging und sprach. Er roch tatsächlich: Es war der säuerliche, vertraute Geruch, der sich einstellt, wenn man auf engem Raum mit vielen Menschen an einem Ort zusammenlebt, wo moderne Bäder, sanitäre Einrichtungen und Abfallbeseitigung fehlen. Es war drei Tage her, seit Hassan Rasierwasser und Körperpuder benutzt hatte, aber für Mahmud duftete er immer noch wie eine Frau.
Das Haus hatte zwei Zimmer: das eine, in das Hassan eingetreten war, und dahinter ein weiteres, in dem Mahmud mit zwei Männern auf dem Fußboden schlief. Es gab kein Obergeschoß. Man kochte in einem Hinterhof, und die nächste Wasserzapfstelle war hundert Meter entfernt. Die Frau zündete ein Feuer an und begann, einen Brei aus zerstampften Bohnen zu kochen. Während sie darauf warteten, erzählte Hassan seine Geschichte.
»Vor drei Monaten traf ich in Luxemburg einen Mann, den ich noch aus Oxford kannte, einen Juden namens Dickstein. Wie sich herausstellte, ist er ein wichtiger Mossad-Agent. Seitdem habe ich ihn beobachtet, und zwar mit Hilfe der Russen; deren Leiter ist ein KGB-Mann namens Rostow. Wir haben herausbekommen, was Dickstein plant: Er will eine Schiffsladung Uran stehlen, damit die Zionisten Atombomben produzieren können.«
Zuerst weigerte Mahmud sich, ihm zu glauben. Er nahm Hassan ins Kreuzverhör: Wie gut war die Information, was genau war das Beweismaterial, wer könnte lügen, welche Fehler könnten gemacht worden sein? Dann, alsHassans Antworten immer schlüssiger wurden, begann Mahmud allmählich zu begreifen, und er wurde sehr ernst.
»Das ist nicht nur eine Bedrohung für die Sache der Palästinenser. Diese Bomben könnten den ganzen Nahen Osten verwüsten. Was habt ihr beide, du und dieser Russe, vor?«
»Unser Plan ist, Dickstein zu stoppen und das israelische Komplott aufzudecken, um die Zionisten als gesetzlose Abenteurer bloßzustellen. Wir haben die Einzelheiten noch nicht ausgearbeitet. Aber ich habe einen anderen Vorschlag.« Er machte eine Pause und suchte nach den richtigen Worten, dann
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