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Dreifach

Titel: Dreifach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Kälte, erreichte er den Bug und betrat den kleinen unbenutzten Speicher. Er schloß die Tür hinter sich, knipste die Taschenlampe an und schob sich durch allerlei Gerümpel zu einem der engen Räume vor, die an den Hauptspeicher angrenzten. Dann machte er auch diese Tür hinter sich zu. Er zog die Ölhaut aus, rieb die Hände an seinem Pullover, um sie zu trocknen und etwas zu wärmen, und öffnete den Seesack. Nun stellte er den Sender in eine Ecke, band ihn mit einem Draht, den er durch Decksringe zog, ans Schott und klemmte ihn mit einer Pappschachtel fest.
    Tyrin trug Stiefel mit Gummisohlen, doch für seine nächste Aufgabe zog er als weitere Vorsichtsmaßnahme Gummihandschuhe an. Die Kabel zum Funkmast des Schiffes liefen durch ein Rohr am Deck über ihm. Mit einer kleinen Metallsäge, die er aus dem Maschinenraum gestohlen hatte, trennte er ein fünfzehn Zentimeter langes Stück des Rohres ab und legte die Kabel bloß. Er führte einen Draht von dem Starkstromkabel zur Stromeingabe des Senders und verband den Antennenstecker seines Gerätes mit dem Signaldraht des Mastes.
    Jetzt stellte er sein Gerät an und rief Moskau.
    Seine Signale würden jene des Schiffssenders nicht stören, da er der Funker war und nicht anzunehmen war, daß ein anderer als er das Gerät benutzen würde. Doch während er seinen eigenen Sender betätigte, würden eingehende Signale den Funkraum des Schiffes nicht erreichen; und er selbst würde sie auch nicht hören, da er eine andere Frequenz benutzte. Er hätte alles so verdrahten können, daß beide Geräte gleichzeitig empfingen, aber dann würden die Antworten aus Moskau ebenfalls im Funkraum ankommen, und jemand könnte Verdachtschöpfen ... Schließlich erregte es kein Aufsehen, wenn ein kleines Schiff ein paar Minuten brauchte, um Signale zu empfangen. Tyrin würde sich bemühen, seinen Sender nur dann zu benutzen, wenn keine Nachrichten für das Schiff erwartet wurden.
    Als er Moskau erreicht hatte, meldete er: Überprüfe Sekundärsender.
    Die Botschaft wurde bestätigt. Warten Sie auf Signal von Rostow. All das wurde im normalen KGB-Code übermittelt.
    Tyrin sendete: Ich warte, aber beeilen Sie sich.
    Die Mitteilung traf ein. Verhalte dich unauffällig, bis etwas geschieht. Rostow.
    Tyrin antwortete: Verstanden. Over and out. Ohne auf die Abmeldung zu warten, zog er die Drähte heraus und brachte die Kabel des Schiffes wieder in Ordnung. Es war zeitraubend und lebensgefährlich, nackte Drähte zu verdrehen, sogar mit einer isolierten Zange. Zu seiner Ausrüstung im Funkraum gehörten einige Schnellkontaktleisten; er würde sich ein paar davon einstecken und sie beim nächstenmal mitbringen, um den Vorgang zu beschleunigen.
    Tyrin war zufrieden mit der Leistung dieses Abends. Er hatte sich eingerichtet, die Verbindung hergestellt und war unentdeckt geblieben. Jetzt brauchte er sich zunächst nicht mehr von der Stelle zu rühren, und das gefiel ihm am besten.
    Er beschloß, eine weitere Pappschachtel hereinzuschleppen und sie vor den Sender zu stellen, damit er vor oberflächlichen Blicken geschützt war. Nachdem er die Tür geöffnet hatte, leuchtete er mit der Taschenlampe in den Hauptspeicher – und fuhr zusammen.
    Seine Ruhe war gestört.
    Das Oberlicht war angeknipst und warf mit seinem gelben Glühen unruhige Schatten. In der Mitte des Speichers saß ein junger Matrose mit ausgestreckten Beinenan ein Faß mit Schmierfett gelehnt. Er blickte auf, genauso verblüfft wie Tyrin und – wie seine Miene verriet – genauso schuldbewußt.
    Tyrin erkannte ihn. Sein Name war Ravlo. Er war vielleicht neunzehn Jahre alt, hatte hellblondes Haar und ein schmales, bleiches Gesicht. Zwar hatte er sich der Sauftour in Cardiff nicht angeschlossen, doch mit seinen dunklen Ringen unter den Augen und einem abwesenden Gesichtsausdruck wirkte er wie in Trance.
    »Was machst du hier?« fragte Tyrin. Dann sah er es.
    Ravlo hatte sich den linken Ärmel bis über den Ellbogen aufgerollt.
    Auf dem Deck zwischen seinen Beinen lagen ein Fläschchen, ein Uhrglas und ein kleiner wasserdichter Beutel. In der rechten Hand hielt er eine Injektionsspritze, die er gerade ansetzen wollte.
    Tyrin runzelte die Stirn. »Bist du Diabetiker?«
    Ravlos Gesicht verzog sich, und er lachte trocken und freudlos.
    »Du bist süchtig.« Tyrin hatte begriffen. Er verstand nicht viel von Drogen, aber er wußte, daß Ravlos Verhalten zu seiner Entlassung im nächsten Hafen führen könnte. Tyrin beruhigte sich ein

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