Dreifach
durchtrainiert und kräftig aus. Dickstein trat dicht an ihn heran und lauschte seinen Atemzügen. Sarne atmete ein, dann tief aus – und gerade als er wieder einzuatmen begann, drehte Dickstein den Hahn auf und preßte die Maske auf Nase und Mund des schlafenden Mannes.
Sarne riß die Augen auf. Dickstein drückte die Maske noch fester auf sein Gesicht. Ein halber Atemzug, Verständnislosigkeit in Sarnes Augen. Das Atmen wurde zu einem Keuchen, er bewegte den Kopf, konnte Dicksteins Griff nicht lösen und fing an, um sich zu schlagen. Dicksteinlehnte sich mit dem Ellbogen auf die Brust des Seemannes und dachte: Um Gottes willen, es dauert zu lange!
Der Schiffsingenieur atmete aus. Die Verwirrung in seinen Augen hatte sich in Furcht und Panik verwandelt. Er keuchte noch einmal, bevor er seinen Widerstand verstärkte. Dickstein überlegte, ob er die Frau zu Hilfe rufen sollte. Aber Sarnes zweiter Atemzug brachte die erwünschte Reaktion.
Er zappelte merklich schwächer, seine Augenlider flatterten und schlossen sich, und bevor er wieder ausgeatmet hatte, war er eingeschlafen.
Das Ganze hatte ungefähr sechs Sekunden gedauert. Dicksteins Spannung ließ nach. Wahrscheinlich würde Sarne sich an nichts erinnern. Er ließ ihn noch ein wenig Gas einatmen, um sicherzugehen, dann stand er auf.
Er sah die Frau an. Sie trug Schuhe, Strümpfe und Strumpfhalter, sonst nichts. Sie fing seinen Blick auf, öffnete die Arme und bot sich ihm an: Zu ihren Diensten. Dickstein schüttelte den Kopf mit einem bedauernden Lächeln, das nur zum Teil unaufrichtig war.
Dann setzte er sich auf den Stuhl neben dem Bett und schaute zu, während sie sich anzog: einen hauchdünnen Slip, einen weichen Büstenhalter, Schmuck, Kleid, Mantel, Tasche. Die Frau kam auf ihn zu, und er gab ihr 8 000 Gulden. Sie küßte seine Wange und danach die Banknoten. Ohne ein einziges Wort ging sie hinaus.
Dickstein trat ans Fenster. Ein paar Minuten später erkannte er die Scheinwerfer ihres Sportwagens, der an der Hotelfront vorüberfuhr und wieder zurück nach Amsterdam steuerte.
Er setzte sich, um wieder zu warten. Nach einer Weile wurde er schläfrig. Er ging in den anderen Raum und bestellte Kaffee bei der Zimmerbedienung.
Am Morgen rief Cohen an und teilte mit, daß der Erste Offizier der Coparelli die Bars, Bordelle und Pennen von Antwerpen nach seinem Ingenieur durchsuche.
Um 12.30 Uhr meldete Cohen sich erneut. Der Kapitän hatte ihn angerufen, um ihm zu sagen, daß die Fracht verladen sei und er seinen Schiffsingenieur verloren habe. »Kapitän, heute ist Ihr Glückstag«, hatte der Geschäftsmann geantwortet.
Um 14.30 Uhr berichtete Cohen, daß er sich persönlich überzeugt habe, daß Dieter Koch mit seinem Seesack über der Schulter an Bord der Coparelli gegangen sei.
Dickstein verabreichte Sarne jedesmal, wenn er aufzuwachen drohte, etwas Gas. Die letzte Dosis gab er ihm am folgenden Morgen um 6.00 Uhr, dann beglich er die Rechnung für die beiden Zimmer und verschwand.
*
Als Sarne endlich aufwachte, merkte er, daß die Frau, mit der er geschlafen hatte, fortgegangen war, ohne sich zu verabschieden. Er spürte auch, daß er total ausgehungert war.
Im Laufe des Morgens entdeckte er, daß er nicht eine Nacht verschlafen hatte, sondern zwei und den Tag dazwischen.
Ihn plagte der hartnäckige Gedanke, irgend etwas Erstaunliches vergessen zu haben, aber er fand nie heraus, was in jenen verlorenen 24 Stunden mit ihm geschehen war.
*
Inzwischen, am Sonntag, dem 17. November 1968, war die Coparelli in See gestochen.
14
S UZA HÄTTE IRGENDEINE israelische
Botschaft anrufen und eine Nachricht für Nat Dickstein hinterlassen können.
Dieser Einfall kam ihr, eine Stunde nachdem sie ihrem Vater gesagt hatte, daß sie Hassan helfen wolle. Sie packte gerade einen Koffer und hob sofort den Hörer des Telefons in ihrem Schlafzimmer ab, um die Nummer bei der Auskunft zu erkunden. Doch ihr Vater kam herein und fragte, wen sie anriefe. Sie nannte den Flugplatz, und er sagte, daß er selbst sich darum kümmern werde. Danach hatte sie ständig nach einer Gelegenheit Ausschau gehalten, ein heimliches Telefonat zu führen, aber vergeblich. Hassan war jede Minute bei ihr. Sie fuhren zum Flugplatz, stiegen in die Maschine, nahmen am Kennedy Airport ein Flugzeug nach Buffalo und fuhren sofort zu Cortones Haus.
Während der Reise begann sie, Yasif Hassan zu verabscheuen. Er prahlte endlos, jedoch ohne ins Detail zu gehen, über seine Arbeit für die
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