Dreifach
mir, wenn Sie wissen, wo er ist.«
Sie war plötzlich den Tränen nahe, aber Cortone blieb ungerührt. »Ihnen zu helfen ist kein Problem, aber es fällt mir schwer, Ihnen zu trauen.« Er wickelte in aller Ruhe eine Zigarre aus und zündete sie an. Suza beobachtete ihn mit krampfhafter Ungeduld. Er sah sie nicht mehr an und sprach beinahe zu sich selbst. »Wissen Sie, es gab eine Zeit, in der ich alles an mich raffte, was ich haben wollte. So einfach ist es nicht mehr. Nun ist alles viel komplizierter geworden. Ich muß dauernd zwischen Dingen wählen, von denen mir eigentlich keins gefällt. Es könnte an mir liegen oder daran, daß sich die Verhältnisse geändert haben.«
Er sah sie wieder an. »Ich verdanke Dickstein mein Leben. Nun habe ich eine Chance, ihm das Leben zu retten, wenn Sie die Wahrheit sagen. Es ist eine Ehrenschuld, die ich persönlich zurückzahlen muß. Was soll ich also tun?« er machte eine Pause.
Suza hielt den Atem an.
»Dickstein ist in einem verkommenen Haus irgendwo am Mittelmeer. Es ist eine Ruine – seit Jahren hat niemand darin gewohnt –, deshalb gibt’s dort kein Telefon. Ich könnte ihm eine Nachricht schicken, aber ich wäre nicht sicher, daß sie ihn erreicht. Und, wie gesagt, er soll es von mir persönlich hören.« Er zog an seiner Zigarre. »Ich könnte Ihnen sagen, wo Sie ihn suchen sollen, aber vielleicht würden Sie diese Information an die falschen Leute weiterleiten. Das Risiko kann ich nicht eingehen.«
»Was dann?« fragte Suza mit schriller Stimme. »Wir müssen ihm helfen!«
»Das weiß ich«, gab Cortone unbeeindruckt zurück. »Deshalb reise ich selbst zu ihm.«
»Oh!« Suza war überrascht; mit dieser Möglichkeit hatte sie überhaupt nicht gerechnet.
»Und was wird aus Ihnen?« fuhr er fort. »Ich werde Ihnen nicht sagen, wohin ich reise, aber Sie könnten mich verfolgen lassen. Von nun an will ich, daß Sie ganz in meiner Nähe bleiben. Seien wir ehrlich, Sie könnten ein falsches Spiel treiben. Ich nehme Sie also mit mir.«
Suza starrte ihn an. Ihre Spannung löste sich schlagartig, und sie sackte in sich zusammen. »Oh, vielen Dank.« Dann endlich weinte sie.
*
Sie flogen erster Klasse – das tat Cortone immer. Nach dem Essen tat Suza so, als wolle sie zur Toilette gehen. Sie spähte durch den Vorhang in die zweite Klasse, gegen alle Vernunft hoffend, doch sie wurde enttäuscht: Hassans argwöhnisches braunes Gesicht war über die Reihen von Kopfstützen hinweg zu erkennen.
Suza betrat die Kombüse und sprach den Chefsteward mit vertraulicher Stimme an. Sie habe ein Problem: Es sei unbedingt notwendig für sie, mit ihrem Freund Verbindung aufzunehmen, aber ihr italienischer Vater lasse sie nicht aus den Augen – er wolle am liebsten, daß sie bis zu ihrem einundzwanzigsten Geburtstag einen Keuschheitsgürtel trage. Ob der Steward das israelische Konsulat in Rom anrufen und eine Nachricht für Nathaniel Dickstein hinterlassen könne? Er solle nur sagen, daß Hassan ihr alles erzählt habe und mit ihr auf der Reise zu ihm sei. Sie gab ihm Geld für den Anruf – viel zuviel, es war quasi ein Trinkgeld. Er schrieb sich die Botschaft auf und versprach, den Auftrag auszuführen.
Sie kehrte zu Cortone zurück. Schlechte Nachrichten. Einer der Araber sei hinten in der Zweiten Klasse. Er folge ihnen offenbar.
Cortone fluchte, riet ihr aber, sich keine Sorgen zu machen. Man werde sich später um den Mann kümmern.
Suza dachte: Oh Gott, was habe ich getan?
*
Von dem großen Haus auf der Klippe stieg Dickstein über eine lange serpentinenförmige Treppe, die in den Fels gehauen war, zum Strand hinunter. Er plätscherte durch das seichte Wasser zu einem wartenden Motorboot, sprang hinein und nickte dem Mann am Steuer zu. Der Motor heulte auf, und das Boot startete mit steil aufgerichtetem Bug aufs Meer hinaus. Die Sonne war gerade untergegangen. Im letzten schwachen Licht ballten sich Wolken zusammen und verdeckten die Sterne, sobald sie aufblinkten. Dickstein war in Gedanken versunken; er zermarterte sich das Hirn nach Versäumnissen, Vorsichtsmaßnahmen, die er noch treffen könnte, Lücken, die zu schließen waren.
Der hohe Schatten der Stromberg ragte vor ihnen auf, und der Bootsmann zog das kleine Gefährt in einem schäumenden Bogen herum, um längsseits anzuhalten, wo eine Strickleiter ins Wasser baumelte. Dickstein kletterte über die Leiter zum Deck empor.
Der Kapitän schüttelte ihm die Hand und stellte sich vor. Wie alle Offiziere an
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