Dreifach
Spionagechef.
Jetzt war die Verbindung mit Tofik abgerissen, und das war das beunruhigendste Zeichen von allen.
Vielleicht hatte Kawash eine Erklärung.
Ein Zug donnerte herein. Borg wartete nicht auf einen Zug; er begann, die Namen der Mitwirkenden auf einem Kinoplakat zu lesen. Die Hälfte der Namen war jüdisch.
Vielleicht hätte ich Filmproduzent werden sollen, dachte er.
Der Zug setzte sich in Bewegung, und ein Schatten fiel auf Borg. Er blickte auf – und in das Gesicht von Kawash.
Der Araber sagte: »Vielen Dank, daß Sie gekommen sind.« Das tat er jedesmal.
Borg ignorierte seine Worte; er wußte nie, wie er auf Dankesbezeigungen reagieren sollte. »Was gibt’s Neues?«
»Ich mußte am Freitag einen Ihrer jungen Leute in Kairo aufgreifen.«
»Sie mußten es?«
»Der militärische Geheimdienst bewachte ein großes Tier. Sie merkten, daß der Junge sie beschattete. Das Militär hat kein Operationspersonal in der Stadt. Deshalb wurde meine Abteilung gebeten, ihn zu fassen. Es war ein offizielles Ersuchen.«
»Verflucht«, sagte Borg erbittert. »Was ist mit ihm geschehen?«
»Ich mußte mich an die Vorschriften halten«, antwortete Kawash. Er wirkte betrübt. »Der Junge wurde verhört und getötet. Sein Name war Avram Ambash, aber er arbeitete als Tofik el-Masiri.«
Borg runzelte die Stirn. »Er hat Ihnen seinen richtigen Namen verraten?«
»Er ist tot, Pierre.«
Borg schüttelte gereizt den Kopf. Kawash wollte sich immer an persönlichen Einzelheiten aufhalten. »Warum hat er seinen Namen preisgegeben?«
»Wir benutzen die russische Ausrüstung – Elektroschock, kombiniert mit Lügendetektor. Ihr trainiert sie nicht so, daß sie damit fertig werden können.«
Borg lachte kurz. »Wenn wir davon sprächen, würden wir keinen gottverdammten Rekruten kriegen. Was hat er noch verraten?«
»Nichts, was wir nicht wußten. Er hätte es getan, aber ich brachte ihn vorher um.«
» Sie brachten ihn um?«
»Ich führte das Verhör, um sicherzugehen, daß er nichts Wichtiges sagte. All diese Vernehmungen werden jetzt auf Band aufgenommen, und die Abschrift kommt zu den Akten. Wir lernen von den Russen.« Der Kummer in seinen braunen Augen vertiefte sich. »Wieso – würden Sie es vorziehen, wenn ich Ihre Jungs von jemand anderem töten ließe?«
Borg starrte ihn an und wandte schließlich den Blick ab. Wieder mußte er das Gespräch von Sentimentalitäten fortsteuern. »Was hatte der Junge über Schulz herausgefunden?«
»Daß ein Agent den Professor in die westliche Wüste brachte.«
»Sicher, aber wozu?«
»Das weiß ich nicht.«
»Sie müssen es wissen, Sie gehören zum ägyptischen Geheimdienst!« Borg unterdrückte seinen Ärger. Sollte der Mann sich doch Zeit lassen; letzten Endes würde er seine Informationen weitergeben.
»Ich weiß nicht, was sich dort draußen abspielt, weil sich eine Spezialtruppe damit befaßt«, erklärte Kawash. »Meine Abteilung wird nicht unterrichtet.«
»Irgendeine Ahnung, weshalb?«
Der Araber zuckte die Achseln. »Ich würde sagen, sie wollen nicht, daß die Russen davon Wind bekommen. Heutzutage erfährt Moskau alles, was über uns läuft.«
Borg verbarg seine Enttäuschung nicht. »Ist das alles, was Tofik geschafft hat?«
Plötzlich klang Zorn aus der sanften Stimme des Arabers. »Der Junge ist für Sie gestorben.«
»Ich werde ihm im Himmel danken. Ist er umsonst gestorben?«
»Er hat dies aus Schulz’ Apartment geholt.« Kawash zog eine Hand aus der Manteltasche und zeigte Borg ein kleines quadratisches Kästchen aus blauem Kunststoff.
Borg nahm das Kästchen. »Woher wissen Sie, wem es gehörte?«
»Es trägt Schulz’ Fingerabdrücke. Und wir nahmen Tofik fest, nachdem er gerade in das Apartment eingebrochen hatte.«
Borg öffnete das Kästchen und betastete den vor Licht schützenden Umschlag. Er war unversiegelt. Der Israeli zog das Negativ hervor.
»Wir haben den Umschlag geöffnet und den Film entwickelt. Er ist leer«, erläuterte der Araber.
Mit einem Gefühl tiefer Befriedigung setzte Borg das Kästchen wieder zusammen und steckte es in die Tasche. Nun ergab alles einen Sinn; nun wußte er, was zu tun war. Ein Zug fuhr ein. »Nehmen Sie diesen?« fragte er. Kawash runzelte leicht die Stirn, nickte bestätigend und trat an den Rand des Bahnsteiges, während der Zug anhieltund die Türen sich öffneten. Er stieg ein und blieb an der Tür stehen. »Ich weiß wirklich nicht, was mit dem Kästchen sein könnte.«
Du magst mich nicht,
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